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Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Titel: Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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den ich mich wenden könnte.»
    Ich verfluchte mich abermals und steckte dann den Kopf in Belinskys Auto. «Die Dame braucht unsere Hilfe », knurrte ich mißmutig.

    «Das ist nicht alles, was sie braucht.» Aber er ließ den Mo tor an und setzte hinzu: «Los, steigt ein, ihr beiden. »
    Er fuhr in die Rotenturmstraße und parkte vor dem ausge bombten Gebäude, wo Veronika ihr Zimmer hatte. Als wir ausgestiegen waren, deutete ich über die dunklen Pflaster steine des Stephansplatzes auf den zum Teil wiederaufgebau ten Dom.
    «Sehen Sie nach, ob Sie in dem Gebäude eine Plane finden können», sagte ich zu Belinsky. «Ich werde raufgehen und mir die Leiche mal ansehen. Wenn Sie was Passendes finden, bringen Sie's rauf in den zweiten Stock.»
    Er war zu betrunken, um zu widersprechen. Statt dessen nickte er stumm und ging zum Baugerüst des Doms, wäh rend ich mich umdrehte und Veronika in ihr Zimmer folgte.
    Ein großgewachsener Mann um die Fünfzig mit der Ge sichtsfarbe eines Hummers lag tot in ihrem großen Eichen bett. Erbrechen ist in Fällen von Herzversagen normal. Das Erbrochene bedeckte seine Nase und seinen Mund. Ich preßte meine Finger an den feuchtkalten Hals des Mannes.
    «Wie lange liegt er schon hier? » « Drei oder vier Stunden.»
    «Zum Glück hast du ihn zugedeckt gelassen», sagte ich. «Schließ das Fenster.» Ich zog das Bettlaken vom Körper des Toten und begann, seinen Oberkörper anzuheben. «Hilf mir », befahl ich.
    «Was machst du da?» Sie half mir, den Oberkörper über die Beine zu biegen, als versuchte ich einen übervollen Koffer zu schließen.
    «Ich bring den Burschen in Form», sagte ich. «Ein biß chen Chiropraktik sollte das Steifwerden verlangsamen und es uns leichtermachen, ihn ins Auto zu kriegen und wieder raus.» Ich drückte mit aller Kraft gegen den Nacken, und dann, vor Anstrengung keuchend, preßte ich den Mann wie der in die vollgekotzten Kissen. «Der Onkel hier muß zusätz liche Lebensmittelkarten gehabt haben », keuchte ich. «Er muß mehr als hundert Kilo wiegen. Wir haben Glück, daß Belinsky da ist, um uns zu helfen.»
    «Ist Belinsky ein Polizist?» fragte sie.
    «So 'ne Art », sagte ich, «aber mach dir keine Sorgen, er ist keiner von denen, die sich um die Verbrechensstatistik küm mern. Er ist hinter anderen Fischen her. Er jagt Nazi-Kriegs verbrecher.» Ich begann, Arme und Beine des Toten zu bie gen.
    « Was wirst du mit ihm machen?» fragte sie angeekelt.
    « Ihn auf die Eisenbahnschienen legen. Da er nackt ist, wird es so aussehen, als hätten ihn die Iwans ein bißchen auf gemischt und anschließend aus dem Zug geworfen. Mit et was Glück wird der Schnellzug ihn überfahren, und niemand wird ihn wiedererkennen.»
    «Bitte, nicht», sagte sie schwach, « ... er war sehr nett zu mir.» Als ich mit der Leiche fertig war, stand ich auf und zog mir den Schlips gerade. «Harte Arbeit, wenn man nichts als Wodka im Leib hat. Wo zur Hölle steckt Belinsky?» Als ich die Kleider des Mannes, ordentlich über die Lehne eines Kü chenstuhls neben dem schmierigen Netzvorhang gehängt, entdeckte, sagte ich: « Hast du schon seine Taschen durch sucht? »
    «Nein, natürlich nicht.»
    «Bist du neu in diesem Gewerbe? »
    «Offensichtlich », sagte Belinsky, der gerade eintrat. Er hielt eine weiße Stoffbahn in den Händen. «Das war leider alles, was ich finden konnte.»
    «Was ist das? »
    « Eine Altardecke, glaube ich. Ich fand sie in einem Schrank im Inneren des Doms. Sieht nicht so aus, als sei sie benutzt worden.»
    Ich sagte Veronika, sie solle Belinsky helfen, ihren toten Freund in die Decke zu wickeln, während ich die Taschen durchsuchte.
    «Davon versteht er was», sagte Belinsky zu ihr. «Er hat

    mal meine Taschen durchwühlt, als ich noch atmete. Sag mir, Süße, wart ihr, du und der fette Junge, gerade beim Vögeln, als ihm die Puste ausging?»
    «Lassen Sie sie zufrieden, Belinsky.»
    «Selig sind die Toten, die im Herrn verschieden sind», grinste er. «Aber ich? Ich möchte in einer prima Frau ster ben.»
    Ich öffnete die Brieftasche des Mannes und legte ein Bün del Dollarnoten und Schillinge auf den Frisiertisch. «Wonach suchst du?» fragte Veronika.
    «Wenn ich die Leiche eines Mannes beseitige, möchte ich zumindest ein bißchen mehr über ihn in Erfahrung bringen als bloß die Farbe seiner Unterwäsche.»
    «Sein Name war Kar! Heim», sagte sie ruhig.
    Ich fand eine Visitenkarte. «Dr. Kar! Heim», sagte ich. «Ein Zahnarzt, wie? Ist das

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