Bernie und Chet
fiel in einen schnellen Trab, tat geschäftig. Bernie ging zum Auto, holte das Fernglas aus dem Handschuhfach, richtete es auf eine Hügelkette in der Ferne, die in dem schwächer werdenden Licht rosa – schätzungsweise – aussah. Ich konnte das Fernglas nicht leiden, insbesondere, wenn Bernie es an seine Augen hob und sie wie zwei Stecker hineinsteckte. Für meinen Geschmack waren die Menschen Maschinen ohnehin schon zu ähnlich.
»C het. Beruhige dich.«
War ich das etwa gewesen? Hatte ich diesen Laut von mir gegeben, der sich ein bisschen zu sehr nach Jaulen anhörte? Ich beruhigte mich. Bernie suchte eine Zeit lang mit dem Fernglas den Horizont ab, dann ließ er es sinken. Er setzte sich auf einen Felsen, faltete eine Landkarte auseinander, breitete sie auf seinem Schoß aus. Ich setzte mich neben ihn. Er klopfte wie früher seine Taschen nach Zigaretten ab, wo er doch, weil er aufhören wollte, nie welche dabeihatte. »D u bist hierhergelaufen, Chet, nur aus welcher Richtung? Wo kamst du her?«
Ich setzte mich neben Bernie und wartete darauf, dass er es herausfand. Mittlerweile hatte ich Hunger bekommen. Vielleicht lagen ja irgendwo noch ein paar verbrannte Burgerreste herum? Ich schnüffelte in der Luft: Bussarde, Bernies Aftershave, Benzin, verbrannte Mesquiteäste und, ja tatsächlich, Wasser, echtes, fließendes Wasser außerhalb von Flaschen, auch wenn man es nicht sehen konnte, aber keine Burger. Und immer noch dieser scharfe, fischige Geruch. Ich rückte ein bisschen näher an Bernie heran.
Er faltete die Karte wieder zusammen, steckte sie in seine hintere Hosentasche, drehte sich zu mir. »E rinnerst du dich vielleicht, alter Junge«, fragte er, »w ie du hierhergekommen bist?« Er kraulte mich zwischen den Ohren und entdeckte eine Stelle, die dringend gekrault werden musste, was ich bislang gar nicht bemerkt hatte. »E s bleibt uns sonst nicht viel, Chet.«
Was wollte er wissen? Wie wir hierhergekommen waren? Natürlich erinnerte ich mich daran, natürlich konnte ich uns führen!
»R uhig, Chet, ruhig.«
Huch. Was machte ich da mit meinen Vorderpfoten auf seinen Schultern? Ich ließ mich wieder auf alle viere nieder. Bernie ging zum Auto, kehrte mit einer Taschenlampe und unserer . 38 er Special zurück, die er in seinen Gürtel schob. Ich fand die . 38 er Special toll. Bernie war ein Meisterschütze. Ich hatte ihn auf dem Schießplatz gesehen – den Schießplatz fand ich auch toll, aber er hatte mich nur einmal mitgenommen, weil der Besuch ein bisschen zu aufregend gewesen war. Damals war ich natürlich noch jünger gewesen; jetzt würde ich viel gelassener damit umgehen. Ich betrachtete die . 38 er Special. Mach einen Übungsschuss auf irgendwas, Bernie. Egal was! Eine Colaflasche auf einem Zaunpfosten zum Beispiel. Peng! Aber die . 38 er Special blieb, wo sie war.
»H ast du Durst?«, fragte er.
Gute Idee. Ich hatte Durst, hatte es aber noch nicht einmal gemerkt. Bernie füllte meine Schüssel. Ich trank.
»B ist du bereit?«, fragte er. »D ann lauf los, zeig mir den Weg.«
Ich lief zum Lagerfeuer, scharrte in der Asche, dann drehte ich mich mehrmals um die eigene Achse und rannte los, die Sonne im Rücken, meinen Schatten vor mir, ein langer, langer Chet, der immer länger wurde. Nach einer Weile schnüffelte ich am Boden und änderte leicht die Richtung. Wir liefen auf diese rosafarbenen Hügel zu, Bernie ein paar Schritte hinter mir, ich die Nase hoch in der Luft, aber öfter noch auf dem Boden. Ich suchte nach dem vertrautesten Geruch auf der ganzen Welt, nämlich meinem eigenen. Nimm deine eigene Witterung auf, folge ihr zurück zu Mr Gulagows Ranch mit dieser schrecklichen alten Mine, vergrab deine Zähne in ein oder zwei Hosenbeinen, und schon ist der Fall abgeschlossen.
Aber meine Witterung, wo war sie? Ich wechselte noch einmal die Richtung, rannte auf ein flaches, nacktes Stück Land und eine verdorrte, graue Pflanze zu, das einzige Lebewesen weit und breit. Ich schnüffelte am Fuß der Pflanze, steckte meine Schnauze zwischen die Blätter, falls das Blätter waren: lange, wachsartige Dinger mit – owei – Stacheln. Zu spät.
Wir machten eine kurze Pause, während Bernie die Stacheln entfernte. Dann kehrte ich sofort zu der Pflanze zurück.
»C het, um Himmels willen.«
Ich schnüffelte und schnüffelte, und vielleicht weil ich sie aufgestört hatte, gab die Pflanze ihr Geheimnis preis: einen schwachen, fast nicht wahrnehmbaren Geruch nach altem Leder, Salz und
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