Bernsteinsommer (German Edition)
gefährlich enden kann. Du lässt ihn gewähren, nur um ihn noch ein bisschen länger behalten zu können, das hat noch niemals jemandem geholfen. Es ist falsch, Kira, ganz falsch! Und das solltest du wirklich wissen. Gib ihm lieber so früh wie möglich die Chance, dir zu sagen, was mit ihm los ist. Wenn dein Prachtkerl nicht von Anfang an mit offenen Karten spielen will, läuft in meinen Augen ohnehin etwas verkehrt. Und du steuerst damit wieder schnurstracks auf die nächste Liebeskatastrophe zu. Dann wird er dir früher oder später nämlich wehtun, glaub mir. So sind die Kerle nun mal. Wenn sie dich belügen wollen, werden sie es tun, ob du nun versuchst, sie auszutricksen oder nicht. Ach herrje, ich höre mich schrecklich schulmeisternd an, aber ich bin halt besorgt um dich, meine Kleine. Tut mir leid, wenn ich so schwarzmale, aber ich will dich nur vor weiterem Kummer bewahren. Ich hoffe, du weißt das?“
„Natürlich weiß ich, dass du im Grunde recht hast und um mich besorgt bist, Tina. Und ich kenne deine Einstellung zum männlichen Teil der Bevölkerung zur Genüge. Normalerweise halte ich ja auch selber nichts von irgendwelchem Taktieren, das weißt du auch, aber in diesem besonderen Fall liegen die Dinge nun mal anders. Auch wenn er noch etwas vor mir zurückhält, an ihm ist nichts Hinterhältiges oder gar Gemeines. Ganz im Gegenteil. Ich habe viel eher das Gefühl, dass Finnbei all seiner maskulinen Ausstrahlung in Wahrheit ein sehr sensibler Mann ist“
„Wenn du damit richtigliegst, muss ich dich erst recht warnen, auf dich und dein kleines Herz aufzupassen, Schatz.“
„Zu spät, Tina! Längst zu spät!“
5. KAPITEL
F inn lag ausgestreckt auf seinem Bett und versuchte den drängenden Wunsch zu unterdrücken, auf der Stelle wieder zu Kira zu fahren. Er hasste sich selbst für diese Empfindungen, und er durfte sie gar nicht erst zulassen. Er hatte Kira gehabt – und das war bereits schlimm genug. Oh ja, er wusste schon in dieser Minute, dass er wieder mit ihr schlafen würde – wieder und immer wieder, wenn es nach ihm ging –, aber das änderte letztlich nichts daran, dass es falsch gewesen war und falsch bleiben würde. Es war – zugegeben – auf eine undefinierbare Weise unvermeidbar gewesen, aber trotzdem grundlegend falsch. Er würde schon dafür sorgen, dass auch Kira Lengrien ihre Affäre letztendlich nur als das betrachten würde, was sie schließlich und endlich auch war: eine vorübergehende, rein körperliche Angelegenheit; hervorgerufen durch diese – wieder zugegeben – unwiderstehliche Anziehungskraft.
Magnetismus!
Es hatte sich nichts verändert, seit er seinem Verlangen nachgegeben hatte. Er wollte sie noch immer. Es reichte schon aus, nur an sie zu denken, und das Begehren stieg in ihm auf wie ein Fieber, das sich einfach nicht mehr unterdrücken ließ, bis er sie endlich wieder in seinen Armen halten durfte. Dieses Fieber schien sogar sein Denken zu beherrschen; das Gefühl war neu für ihn, und er hasste es, denn es war unbedingt notwendig, dass er einen klaren Kopf behielt.
Seufzend setzte er sich auf und starrte auf den Überwachungsbildschirm. Kira war im Haus. Der kleine Lichtpunkt sagte ihm, dass sie sich in ihrem Wohnzimmer aufhielt. Wahrscheinlich wartet sie schon sehnsüchtig darauf, dass ich wieder zu ihr komme, dachte Finn.
Natürlich würde sie das tun!
Gestern am frühen Abend hatte er sie verlassen – ungern verlassen, aber es war einfach zu wichtig gewesen, nicht noch mehr Nähe und Vertrautheit zwischen ihnen aufkommen zu lassen. Nur deshalb war er gegangen. Nur um ihr von vornherein klarzumachen,dass er nicht der Mann war, in den eine vernunftbegabte Frau bestimmte Hoffnungen setzen sollte. Eines Tages, wenn sie herausfinden würde, wer Finn Andersen wirklich war, würde sie ihm dafür dankbar sein, dessen war er sich sicher.
Finn warf einen schnellen Blick auf seine Armbanduhr. Es war schon Mittag, und er konnte fast spüren, was in Kira vorgehen musste. Natürlich würde sie sich fragen, warum er sich noch nicht wieder bei ihr gemeldet hatte. Und sie würde mit sich ringen, ob sie ihn selbst anrufen sollte oder besser nicht. Sie würde auch ein wenig Angst davor haben, sie könnte ihn damit drängen und sofort wieder vertreiben, nachdem er ja nun sein Ziel bei ihr erreicht hatte.
Oh ja, Finn kannte die Frauen – und er wusste um ihre Denkweisen und Ängste. Er konnte sich nur zu genau vorstellen, dass Kira sich im Augenblick fragte, ob es
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