Bernsteinsommer (German Edition)
einen Pinselstrich Farbe, mehr nicht. Wirklich nichts Besonderes.“
„Du kennst dich also mit Holz aus?“, wollte Torben wissen. Finn nickte. „Eine meiner stillen Leidenschaften. Ich tischlere bisweilen ganz gerne.“
„Und die Ergebnisse können sich durchaus sehen lassen“, setzte Lukas nicht ohne einen gewissen brüderlichen Stolz in der Stimme nach. „Finn hat schon früher alle möglichen Reparaturen bei uns zu Hause erledigt. Was das angeht, habe ich selber leider zwei linke Hände.“ Er lachte und nahm einen Schluck von seinem Bier.
„Wenn du so gut bist, dann kümmere dich doch mal um die alten Küchenschränke in Kiras Haus, Finn. Die werden ja neuerdings über die Maßen beansprucht.“ Torben Brockmannhatte das Kinn ein wenig in die Luft gereckt und warf Finn einen Blick zu, den dieser sofort als erstaunlich provozierend einstufte. Der unterschwellig aggressive und leicht anzügliche Unterton in Torbens Stimme unterstrich diesen Eindruck nur noch mehr. Finn zeigte äußerlich keine Regung, erwiderte aber den herausfordernden Blick betont anhaltend und wartete ab, bis Torben Brockmann sich erneut dem Zapfhahn zuwandte, so als wäre nichts gewesen.
Olaf und Lukas unterhielten sich inzwischen angeregt über Olafs Zeit als Koch in einem bekannten Luxushotel in Hamburg und schienen Torbens Bemerkung wohl noch nicht einmal mitbekommen zu haben. In Finns Kopf hingegen setzte sich ein Prozess fort, der anscheinend nur auf neue Impulse gewartet hatte. Als Finn einen langen und aussagekräftigen Blick von Magda Quint auffing, war ihm sofort klar, dass er sich nicht täuschte. Mit Torben Brockmann stimmte etwas nicht, daran gab es für Finn keinen Zweifel mehr – und Magda wusste das auch.
Finn schob sein Bierglas zur Seite, orderte bei Torben einen Becher Kaffee und bemühte sich, seine Überlegungen vorerst zurückzustellen, indem er sich auf die Unterhaltung von Olaf und Lukas konzentrierte. Als einige Minuten später Anna Brockmann durch eine Hintertür in die Gaststube kam, schien sich die Stimmung sofort zu heben.
„Oh, lauter bildschöne Männer in Sichtweite! Na, wenn das nicht mein Glückstag ist!“ Annas strahlender Blick galt allerdings allein Lukas Andersen. Finn bemühte sich vergebens, ein spöttisches Schmunzeln zu unterdrücken, als sein jüngerer Bruder ihn daraufhin fast Hilfe suchend ansah.
„Entschuldigt mich bitte für einen Moment“, brachte Lukas hervor und verschwand augenblicklich durch die Tür, die zu den Toiletten führte.
Anna lachte und zwinkerte Finn verschwörerisch zu. „Dein Bruder ist echt süß, Finn“, sagte sie. „Ein bisschen nervös vielleicht, aber süß. Schade, dass diese Modeltypen immer so … oh, entschuldige, er ist dein kleiner Bruder, ich …“
„Was wolltest du grade anmerken, Goldlöckchen? Komm schon, du bist doch sonst auch kein Feigling, hab ich recht?“
„Und du bist mir wirklich nicht böse, versprichst du mir das?“
„Wenn du nicht bald mit der Sprache rausrückst, kommt mein Bruder da wieder raus, und die Chance ist vertan, Kleine.“
Anna schluckte hörbar. „Was ich meinte, ist … na ja, Männer, die so toll aussehen wie Lukas, haben doch sonst nicht viel … äh …“
„Anna!“ Finn verdrehte die Augen.
„Nein, ich sag es besser nicht.“
Finn lachte laut auf. „Glaub mir, ihr zwei wärt wirklich das perfekte Paar! Im Ernst.“ Als er aus dem Augenwinkel sah, dass Lukas gerade zurück in den Gastraum kam, beugte er sich vor und flüsterte Anna zu: „Mein kleiner Bruder hat einen hervorragenden Abschluss in Geschichte und Klassischer Literatur, reicht dir das fürs Erste?“
Anna Brockmann blieb im wahrsten Sinne des Wortes der Mund offen stehen, und damit brachte sie Finn erneut zum Lachen. „Worauf wartest du noch, Anna Brockmann, hol ihn dir! Er kann es gebrauchen, glaub mir!“
„Wer kann was gebrauchen?“, fragte Lukas, der jetzt wieder neben ihnen stand.
„Ähm … wir haben uns gerade darüber unterhalten, dass du wirklich mal ein bisschen Abwechslung gebrauchen könntest, Lukas Andersen.“ Anna hatte sich offensichtlich sehr schnell wieder gefangen und richtete nun erneut ihre himmelblauen Strahler direkt auf das Objekt ihrer Begierde. Man konnte ihr deutlich ansehen, dass sie Finns jüngeren Bruder nun mit ganz anderen Augen betrachtete. „Hier drinnen ist es ziemlich stickig. Hol deine Jacke, mein Hübscher, ich zeige dir ein bisschen unsere schöne Insel, okay? Ich habe noch ein wenig Zeit,
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