Bernsteinsommer (German Edition)
aus, würde ich meinen.“ Lukas’ dunkle Augen blitzten kurz auf. „Sie ist toll.“
Finn lächelte. „Ja, das ist sie. Ich halte euch die Daumen, Kleiner.“
Lukas Andersen war ziemlich froh über die Tatsache, dass er Anna und Olaf alleine antraf, als er einige Minuten nach dem Gespräch mit Finn den ansonsten vollkommen leeren Gasthof der Brockmanns betrat. Die Geschwister saßen sich an einem der Tische gegenüber, doch als Anna Lukas reinkommen sah, erhob sie sich sofort und ging ihm entgegen. Auf ihrem hübschen Gesicht zeigte sich ein unsicheres Lächeln. Lukas folgte allein seinem Gefühl und zog sie kurzerhand an sich. Anna schmiegte sich in seinen Arm und sah dann betreten zu ihm auf. „Hallo“, sagte sie leise.
„Hallo“, erwiderte Lukas und setzte ein aufmunterndes Lächeln auf, wie er hoffte. Olaf Brockmann hatte sich ebenfalls erhoben, blieb aber an Ort und Stelle stehen und beobachtete die kleine Szene. Als sich die Blicke der beiden Männer trafen, nickten sie sich zur Begrüßung kurz zu. Anna löste sich ein wenig von Lukas, griff aber nach seiner Hand und zog ihn zum Tisch.
„Kaffee?“, fragte Anna, nachdem ihr Bruder und Lukas sichgesetzt hatten.
„Nein, danke.“ Lukas zog sie neben sich auf die Holzbank. „Ich wollte mich nur kurz von euch verabschieden. Finn und ich nehmen die Mittagsfähre.“
Olaf Brockmann nickte nachdenklich. „Das habe ich mir schon gedacht. Mir … tut es sehr leid, was passiert ist, Lukas. Würdest du das Finn bitte ausrichten?“
„Niemand gibt dir und Anna irgendeine Schuld am Verhalten eures Bruders, Olaf, macht euch darüber bitte keine Gedanken, okay? Aber natürlich werde ich Finn deine Worte gerne ausrichten.“ Lukas sah sich noch einmal in der Gaststube um. „Wo ist Torben überhaupt?“
Olaf schnaubte. „Mein durchgeknallter Bruder ist oben und kühlt sein rechtes Auge mit einem Beutel Gefriererbsen.“
Lukas musste unwillkürlich grinsen. „Tut mir leid.“
„Mir nicht“, entgegnete Olaf Brockmann. „Ich bin sicherlich kein Schläger, aber er ist plötzlich auf mich losgegangen wie ein Wahnsinniger, und da musste ich mich verteidigen, nun ja … Ich frage mich die ganze Zeit, was da bloß in ihm vorgegangen ist. Wie kann er Kira nur so bedrängen! Ich … Mann, ich bin stinksauer auf ihn, das kannst du mir glauben. Kira ist eine wirklich gute Freundin. Es tut mir so unendlich leid, dass ich nichts von all dem mitbekommen habe.“
„Na ja, Olaf, ganz so ist es ja nicht. Wir haben schon gewusst, dass Torben noch immer in Kira verliebt ist“, warf Anna ein. „Das war ja nicht zu übersehen.“
„Das ist richtig, Anna, aber wir konnten doch nicht damit rechnen, dass er so was macht … Ich meine, es war doch eindeutig, dass sie in dieser Hinsicht kein Interesse an ihm hat. Das kann auch ihm nicht entgangen sein. Torben ist doch sonst kein Idiot, verdammt!“ Olaf ließ seine Faust auf die Tischplatte sausen und machte seinem Unmut so noch einmal deutlich Luft. Dann blieben sie alle drei eine Weile still sitzen und hingen – jeder für sich – ihren Gedanken nach.
„Nimmst du heute Abend die letzte Fähre, Anna, oder fährst du morgen in der Frühe?“, wechselte Lukas schließlich dasThema. Ihm war es sichtlich unangenehm, dass Olaf und seine Schwester sich regelrecht für ihren Bruder schämten.
Über ihr Gesicht huschte noch einmal ein kurzes Lächeln. „Ich fahre heute Abend. Wir können dann morgen telefonieren, wenn du möchtest.“
Olaf blickte von seiner Schwester zu Lukas, erhob sich und reichte Lukas die Hand. „Tja, dann verabschiede ich mich schon mal von dir, Lukas. Ich denke …“, er sah noch einmal zu Anna und lächelte leicht, „… wir werden uns schon bald wiedersehen, hab ich recht?“
Lukas ergriff Olafs Hand und erwiderte den festen Händedruck. „Ja, das werden wir. Bis bald, Olaf.“
Nachdem Olaf in seiner Küche verschwunden war, schob Lukas seine Hand über die von Anna. „Bringst du mich noch vor die Tür?“
Sie nickte, und ihr Lächeln erreichte schon fast wieder das gewohnt sonnige Ausmaß. „Klar!“
Hand in Hand marschierten sie ein Stück die Straße entlang, bis sie die Abzweigung erreichten, die in den Norden der Insel führte. Dort an der Weggabelung blieben sie stehen und sahen sich an. „Deine Telefonnummer in Hamburg habe ich ja, Anna. Ich melde mich spätestens morgen Abend bei dir, okay?“
„Ich werde darauf warten“, sagte sie leise. „Lukas, ich …“
Weiter kam
Weitere Kostenlose Bücher