Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)
fertiggestellt. Der anthrazitfarbene Betonmonolith ist allerdings produziert worden und lagert im Bielefelder Betonwerk. Der Edelstahl wurde für ein anderes Projekt verwendet. So wurde eine Skulptur, die für Gemeinschaft stehen sollte, zum Symbol eines gescheiterten Versuchs der Stadt Stiftung, der Gemeinschaft zu sagen, was sie unter Gemeinschaft zu verstehen hat.
Heino Nollmann, dessen Idee die Bank gewesen war, trat erbost im Streit aus dem Beirat der Stiftung aus. Seine Karriere hatte als Lokalchef des Westfalenblatts in Gütersloh begonnen, dann war er in die Pressestelle von Bertelsmann gewechselt, hatte sich anschließend selbstständig gemacht und eine Firma namens Medienfabrik aufbaut. Als sie erfolgreich lief, hat er sie an die Bertelsmann-Drucksparte Arvato verkauft. Eine beispielhafte Karriere in Gütersloh. Der ehemalige Mitarbeiter von Bertelsmann, der seine Firma gewinnbringend an Bertelsmann verkauft, brachte also Pukies ins Gespräch.
Wer will es den Bürgern in Gütersloh verdenken, wenn sie eine Aktion von Bertelsmann hinter der Bürgerbank sehen? Zumal die Stadt Stiftung im Vorhinein mit niemandem, außer mit Ute Luther, über das Überaschungsprojekt gesprochen hat. Ute Luther saß im Leitungsgremium der Kirchengemeinde und ist die Frau des damals stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden von Bertelsmann, Siegfried Luther, der für Mohn die Formalitäten der Stiftungsgründung erledigt hatte. Der Eindruck, dass Idee, Genehmigung und der erste Schritt zur Verwirklichung der Bürgerbank bei Bertelsmann entstanden sind, ist also nicht weit hergeholt.
Die Stadt Stiftung als verlängerter Arm der Bertelsmann Stiftung?
Es musste dem leitenden Gremium der Stadt Stiftung sehr wohl bewusst gewesen sein, dass die Bürger sie als Teil der Bertelsmann Stiftung und Teil der Elite der Stadt wahrnahmen, denn im Jahr 2000 beauftragte die Bertelsmann Stiftung das Maecenata Institut mit einer unabhängigen Studie über die Stadt Stiftung. Ein Ergebnis der Studie war die notwendige Abnabelung von der Bertelsmann Stiftung, wie Frank Adloff und Elke Becker schrieben. Die Verbindung sei nicht nur eine räumliche, sondern auch eine geistige und ideologische. Das Denken der Bertelsmann Stiftung finde sich auch in der Stadt Stiftung.
Es gäbe Anklänge, die nicht auf Gleichberechtigung hindeuten. »Welche Kompetenz und Berechtigung hat die Stadt Stiftung Gütersloh, die Leistungsfähigkeit der Stadt Gütersloh zu verbessern? Dieser Themenkomplex erinnert an die Arbeit der Bertelsmann Stiftung. Die Redeweise von ›Erziehung zur Gemeinschaftsfähigkeit‹ deutet auf ein asymmetrisches Verständnis des Verhältnisses von Stiftung und Bürger hin: Die Stiftung leitet die Bürger an, sich gemeinschaftsfähig zu verhalten. An dieser Stelle schimmert ein Widerspruch in dem Selbstverständnis und der Zielsetzung der Stadt Stiftung Gütersloh auf.« 5
Die Bertelsmann Stiftung trug die Kosten für eine hauptamtliche Kraft in Höhe von mehr als 100 000 Mark jährlich. Pressearbeit und Controlling wurden von der Bertelsmann Stiftung geleistet. Die administrative und finanzielle Unterstützung durch die Bertelsmann Stiftung wurde in den Jahresberichten jedoch nicht ausgewiesen. In der Studie heißt es: »Auffällig ist, dass insbesondere Leute, die beruflich schon mit der Bertelsmann AG oder der Stiftung zu tun haben, den Kontakt zur Stadt Stiftung finden … Die besondere Situation der Stadt Stiftung Gütersloh liegt darin, dass sie umfangreiche Unterstützung durch die Bertelsmann Stiftung bekommt, welche eine hohe Präsenz in der Stadt Gütersloh zeigt. Damit ist in der Öffentlichkeit die Befürchtung einer zu hohen Dominanz in der Kommune verbunden.« Die Autoren des Gutachtens betonen: »Es ist begrenzt gelungen, die Stadt Stiftung Gütersloh als ein Modell für Bürgerstiftungen in Deutschland zu etablieren. In den letzten Jahren fand zwar eine Gründungsbewegung statt, doch hat dabei auch die Struktur der Bürgerstiftung Hannover eine Rolle gespielt.«
Die Stadt Stiftung ergänzte ihren Namen um den Zusatz Bürgerstiftung. Als die Stadt Stiftung 2006 ihr 10-jähriges Bestehen feierte, musste Reinhard Mohn die Teilnahme wegen einer Operation absagen. Sein Sohn Christoph überbrachte den 600 Gästen, die sich in der Stadthalle versammelt hatten, ein Grußwort, in dem der Vater betonte: »Die Erwartungen, die ich an die Stadt Stiftung hatte, sind in Erfüllung gegangen.« Reinhard Mohn ließ zudem ausrichten, die
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