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Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
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gerettet. Das schreibt Wilhelm Dornstrauch, ein schwer traumatisierter Mann, dessen Familie in Drohobycz Hildebrands Wüten zum Opfer gefallen ist und der Beitz seine Zeugenaussage zutiefst verübelt: »Er verdient seiner gemachten Aussage wegen die höchste Verdammung.« Ein Notar namens Wilhelm Freund gibt an, Beitz habe damals Geld für seine Rettungsaktionen erhalten. Als aber der Überlebende Edmund Novak aus Tel Aviv, der mit seiner Familie in einem Versteck auf dem Firmengelände der Karpathen-Öl überlebt hat und ein vehementer Befürworter der Ehrung für Beitz ist, um Belege für diesen Vorwurf bittet, will der Notar keine Angaben machen. Novak schreibt daraufhin erbost über »tendenziöse Aussagen«, für die es »keinerlei konkrete Beweise« gebe. Er bescheinigt Beitz eine »sehr positive Persönlichkeit«, die sich »besonders durch den uneigennützigen Schutz, die Vorwarnung und schließlich die Rettung von Juden auszeichnete«. Novak begibt sich selbst nach Jerusalem, wo er im Archiv von Yad Vashem eine Liste der Juden aus dem Arbeitslager von Boryslaw findet, aus der hervorgeht, wie viele Menschen Beitz als angeblich unabkömmliche Rüstungsarbeiter beschäftigt hat: »Es existieren genauso Fälle der Rettung von Juden, die überhaupt nicht bei Beitz gearbeitet haben, von denen Beitz aber gegenüber der Gestapo behauptete, dass diese seine Arbeiter seien, angestellt bei der Karpathen-Öl AG .«
    Novak, der in der Zentralwerkstatt der Betriebsinspektion Boryslaw gearbeitet hatte, ist beileibe nicht der einzige Fürsprecher von Beitz. Viele Überlebende wenden sich nun mit Briefen an die Gedenkstätte oder an Beitz selbst, um diesem zu bescheinigen, »daß er allein aus humanitären Motiven heraus handelte«, so Maurycy Schluesselberg, ebenfalls aus der Betriebsinspektion Boryslaw, der die Rettung eines jüdischen Mädchens am Bahnsteig im August 1942 schildert, »das Beitz überhaupt nicht kannte«.
    Im Juni 1973 schließlich unterzeichnen 17 weitere jüdische Überlebende aus Israel und Wien eine Erklärung gegen die »tendenziöse Boshaftigkeit« und »die Behauptung einer verschwindend kleinen Handvoll Juden, daß sich Herr Beitz für die Rettung von Juden habe entlohnen lassen. Dies entspricht nicht der Wahrheit. Wie sich herausstellte, waren einige von ihnen in dieser Zeit gar nicht in Boryslaw und kannten Herrn Beitz gar nicht. Es ist charakteristisch, daß diese Personen nicht einen Beweis für den Wahrheitsgehalt ihrer Behauptungen erbringen konnten.«
    Die Unterzeichner fügen ausführliche, bis dahin unbekannte Schilderungen bei, wie Beitz sie oder ihre Familienangehörigen vor dem Tod bewahrt hatte. Die anschließende Erklärung ist für Beitz wohl eine der schönsten Ehrungen in seinem an Auszeichnungen nicht armen Leben:
    Wir, die Unterzeichner, die durch ein Wunder gerettet wurden und … unser Leben oder das unserer Angehörigen Herrn Berthold Beitz verdanken … wenden uns an das Komitee mit der großen und eindringlichen Bitte um eine Prüfung der Aufnahme von Herrn Beitz in die Reihe der Gerechten unter den Völkern. Es ist die Unwahrheit, daß Herr Beitz Juden aus Eigennutz gerettet hätte. Die Wahrheit ist, daß er dies aus humanitärem Antrieb tat und ständig sich und seine Familie einem Risiko aussetzte.
    Wir bestätigen, daß Herr Beitz sehr oft Juden vor der geplanten Verschleppung im Voraus gewarnt hat. Es ist uns bekannt, daß Beitz sogar in seiner Wohnung Juden Unterschlupf gewährt hat. Er nahm sogar Einfluß auf seine Arbeiter, jüdische Kinder zu verstecken … Wir möchten unterstreichen, daß wir dieses Gesuch einreichen, da wir von einem ungestillten Gefühl der Dankbarkeit gegenüber einem Deutschen bewegt sind, der sich in dieser schrecklichen Zeit als Mensch von hohem humanitären Grad gezeigt hat. Indem er seinerzeit Juden rettete, rettete dieser Deutsche vielleicht unbewußt gleichzeitig die Ehre vieler anderer Völker der Welt, die damals für unsere blutigen Hilferufe taub waren.
    Yad Vashem bestimmt danach einen eigenen Rechercheur, der über Monate das Material sichtet und Überlebende interviewt. Es ist einer der ersten Fälle, in denen jemand als Gerechter unter den Völkern vorgeschlagen wurde, der zumindest formal zum Besatzungsapparat gehörte. Das Ergebnis ist für den Prüfer jedoch eindeutig: Beitz habe »sein Leben riskiert, um Juden zu retten«, und es »gab keinerlei Anzeichen, dass er andere als humanitäre Motive hatte«. Am 3. Oktober 1973

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