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Bertrams Hotel

Bertrams Hotel

Titel: Bertrams Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Vielleicht konnte der Flug umgebucht werden? Aber das hätte ja keinen Sinn – nein, in der Tat – wie spät war es jetzt? Beinahe neun Uhr? Die Konferenz hatte heute Morgen um zehn Uhr angefangen – sie musste tatsächlich schon vorbei sein. Das war’s natürlich, was Whittaker im Athenaeum gemeint hatte. Er hatte angenommen, Kanonikus Pennyfather sei schon auf dem Kongress gewesen.
    »Oje, oje«, murmelte Kanonikus Pennyfather vor sich hin. »Was für ein Kuddelmuddel habe ich da wieder angerichtet!« Er wanderte verzagt und schweigsam in die Cromwell Road, die nicht einmal bei Sonnenschein heiter wirkt.
    Mit seiner Reisetasche in der Hand ging er langsam die Straße entlang und erwog die verschiedenen Möglichkeiten. Als er schließlich zu einer befriedigenden Erklärung gelangte, warum er sich im Tag geirrt hatte, schüttelte er betrübt den Kopf.
    Als er unglücklich durch die Cromwell Road ging, entschied er sich schließlich für ein kleines Restaurant, in dem indische Curry-Gerichte serviert wurden. Obwohl er nicht gerade hungrig war, hielt er es doch für richtiger, sich durch ein gutes Mahl wieder in bessere Stimmung zu bringen. Und danach musste er sich ein Zimmer suchen und – aber nein, das war ja gar nicht nötig. Er hatte ja eine Unterkunft. Natürlich. Er wohnte doch in Bertrams Hotel und hatte sich sein Zimmer für vier Tage reservieren lassen. Was für ein Glück! Was für ein großes Glück! Er hatte also ein Zimmer, das auf ihn wartete. Er brauchte beim Empfang nur um seinen Schlüssel zu bitten und – hier überkam ihn eine neue Erinnerung. War da nicht etwas Schweres in seiner Tasche?
    Er fuhr mit der Hand hinein und holte einen jener großen Schlüssel mit massivem Anhänger hervor, mit denen die Hotels ihre zerstreuten Gäste davon abhalten wollen, sie in ihren Taschen mitzuschleppen. Beim Kanonikus hatte es jedoch nichts genützt!
    »Nr. 19«, konstatierte der Kanonikus erleichtert. »Das stimmt. Wie gut, dass ich mir nicht erst noch ein Zimmer suchen muss. Die Hotels sollen im Augenblick sehr überlaufen sein. Ja, das hat Edmunds vorhin im Athenaeum auch erwähnt. Er hatte schrecklich viel Mühe gehabt, ein Zimmer zu finden.«
    Ziemlich zufrieden mit sich und der weisen Voraussicht bei seinen Reisevorbereitungen, ließ der Kanonikus seinen Curry im Stich, dachte sogar daran, ihn zu bezahlen, und trat wieder auf die Cromwell Road hinaus.
    Es kam ihm etwas langweilig vor, jetzt schon ins Hotel zu gehen, wo er doch eigentlich um diese Zeit in Luzern hätte: dinieren und sich über alle möglichen interessanten und faszinierenden Probleme unterhalten sollen. Sein Blick fiel auf ein Kinoplakat. Die Mauern von J e richo. Das schien ja ein außerordentlich passender Titel. Es wäre ganz aufschlussreich, festzustellen, ob die biblische Genauigkeit gewahrt worden war.
    Er kaufte sich eine Eintrittskarte und stolperte in die Dunkelheit hinein. Der Film gefiel ihm, obwohl er keine ersichtliche Beziehung zur biblischen Geschichte hatte. Selbst Josua war offensichtlich ausgelassen worden. Die Mauern von Jericho waren wohl symbolisch gemeint für das Ehegelübde einer gewissen Dame. Es war eine Art von Film, wie er sie nicht oft zu sehen bekam, und er hatte das Gefühl, um eine Lebenserfahrung bereichert worden zu sein. Die Vorstellung ging zu Ende, die Lichter flammten auf, die Nationalhymne erklang, und Kanonikus Pennyfather schlurfte wieder auf die Straße hinaus, ein wenig getröstet nach den traurigen Ereignissen des frühen Abends.
    Es war eine schöne Nacht, und er ging zu Fuß zu Bertrams Hotel, nachdem er zuvor einen Bus erwischt hatte, der in die entgegengesetzte Richtung fuhr. Es war Mitternacht, als er sein Ziel erreichte, und um diese späte Stunde erweckte Bertrams Hotel gewöhnlich den sittsamen Anschein, als schliefen alle den Schlaf des Gerechten. Der Lift war in einem oberen Stockwerk, also stieg der Kanonikus zu Fuß die Treppe hinauf. Er kam zu seinem Zimmer, steckte den Schlüssel ins Schloss, stieß die Tür auf und trat über die Schwelle.
    Du meine Güte, sah er etwa Gespenster? Aber wer – wie – den erhobenen Arm bemerkte er zu spät…
    Er sah Sterne, und in seinem Kopf schienen Raketen zu explodieren wie bei einem grandiosen Feuerwerk…

8
     
    D er Irish Mail raste durch die Nacht oder, genauer gesagt, durch die Dunkelheit der frühen Morgenstunden.
    Von Zeit zu Zeit stieß die Diesellokomotive ihr unheimliches, klagendes Warnsignal aus. Der Zug fuhr mit einer

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