Bertrams Hotel
haben?«
»Im Alter von einundzwanzig Jahren oder bei Ihrer Heirat wird Ihnen eine Summe zur Verfügung stehen, die nach grober Schätzung etwa sechs- oder siebenhunderttausend Pfund betragen dürfte.«
»Das ist allerdings sehr viel«, sagte Elvira beeindruckt.
»Ja, das kann man wohl behaupten. Eben weil es so viel ist, hat wahrscheinlich niemand groß mit Ihnen darüber geredet.«
Er beobachtete sie, während sie sich dies durch den Kopf gehen ließ. Ein ganz interessanter Typ, dachte er. Sah aus, als könnte sie kein Wässerchen trüben, aber es steckte mehr dahinter. Sehr viel mehr. Mit leicht ironischem Lächeln sagte er:
»War die Auskunft zufrieden stellend?«
Sie lächelte ihn plötzlich an.
»Das sollte man annehmen, nicht wahr?«
»Bedeutend besser als ein Totogewinn«, bemerkte er.
Sie nickte, aber ihre Gedanken waren woanders. Dann stellte sie eine überraschende Frage.
»Wer bekommt das Geld, wenn ich sterbe?«
»Wie die Dinge jetzt liegen, würde es Ihrem nächsten Verwandten zufallen.«
»Jemand hat mir gesagt, ich könne jetzt kein Testament machen. Erst mit einundzwanzig Jahren. Das stimmt also?«
»Der Betreffende hatte durchaus Recht.«
»Das ist eigentlich ziemlich ärgerlich. Wenn ich verheiratet wäre, würde bei meinem Tod mein Mann wohl das Geld erben, nicht wahr?«
»Ja.«
»Und wenn ich unverheiratet wäre, bekäme es meine Mutter als nächste Verwandte. Ich scheine tatsächlich sehr wenige Verwandte zu haben. Ich kenne nicht einmal meine Mutter. Wie ist sie eigentlich?«
»Sie ist eine sehr bemerkenswerte Frau«, entgegnete Egerton schroff. »Das ist wohl das Urteil aller.«
»Hat sie je den Wunsch gehabt, mich zu sehen?«
»Vielleicht… ich halte es für durchaus möglich. Da sie jedoch – in gewisser Beziehung wenigstens – ihr eigenes Leben ziemlich vermasselt hat, hielt sie es wohl für richtiger, dass Sie fern von ihr aufwuchsen.«
»Wissen Sie bestimmt, dass sie so denkt?«
»Nein. Ich weiß in Wirklichkeit nichts darüber.«
Elvira erhob sich.
»Ich danke Ihnen vielmals«, sagte sie. »Es war sehr freundlich von Ihnen, mir dies alles mitzuteilen.« Sie reichte ihm ihre Hand und sagte sehr charmant: »Ich bin Ihnen sehr dankbar. Hoffentlich habe ich Sie nicht bei einer wichtigen Arbeit gestört.« Damit ging sie hinaus.
Egerton stand eine Weile da und blickte auf die Tür, die sich hinter ihr geschlossen hatte. Er spitzte die Lippen, pfiff leise vor sich hin, setzte sich dann kopfschüttelnd an den Schreibtisch und nahm den Hörer von der Gabel.
»Miss Cordell, verbinden Sie mich bitte mit Colonel Luscombe. Versuchen Sie es erst in seinem Klub.«
Er legte den Hörer wieder auf. Alsbald ertönte der Summer.
»Colonel Luscombe ist jetzt am Apparat, Mr Egerton.«
»Gut. Stellen Sie durch. Hallo, Derek. Hier ist Richard Egerton. Wie geht es dir? Ich habe soeben Besuch gehabt von jemandem, den du auch kennst. Von deinem Mündel.«
»Von Elvira?« Derek Luscombe schien erstaunt zu sein.
»Ja.«
»Aber warum denn nur – warum um Himmels willen hat sie dich aufgesucht? Hat doch keine Dummheiten gemacht, wie?«
»Nein, im Gegenteil, sie schien ziemlich – zufrieden mit sich zu sein. Sie wollte sich über ihre finanziellen Verhältnisse orientieren.«
»Du hast sie doch hoffentlich nicht aufgeklärt«, sagte Colonel Luscombe voller Besorgnis.
»Warum nicht? Was hat diese Geheimniskrämerei für einen Sinn?«
»Nun, ich habe das Gefühl, es ist unklug, ein Mädchen wissenzulassen, dass es eine so große Summe zu erwarten hat.«
»Wenn wir es nicht tun, wird sie es von anderer Seite erfahren. Sie muss darauf vorbereitet werden, weißt du. Geld bedeutet eine große Verantwortung.«
»Ja, aber sie ist noch so kindlich.«
»Bist du dessen so sicher?«
»Was soll das heißen? Natürlich ist sie noch ein Kind.«
»Ich würde sie nicht als Kind bezeichnen. Wer ist der Verehrer?«
»Wie bitte?«
»Wer der Verehrer ist, habe ich gefragt. Es ist doch ein Mann im Spiel, nicht wahr?«
»Nein, wirklich nicht. Wie kommst du darauf?«
»Sie hat es zwar nicht deutlich ausgesprochen. Aber ich besitze so meine Erfahrungen, weißt du. Ich glaube, dass sie einen Freund hat.«
»Ich kann dir versichern, dass du dich irrst. Ich meine, sie ist höchst sorgfältig erzogen worden. Sie hat sehr strenge Schulen besucht und war in einem der vornehmsten Pensionate in Italien. Ich wüsste es bestimmt, wenn sie irgendein Techtelmechtel hätte. Sicherlich hat sie ein paar
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