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Bertrams Hotel

Bertrams Hotel

Titel: Bertrams Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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auf. Wirklich, ein sehr seltsamer Zufall, höchst merkwürdig in der Tat! Erst im Army & Navy und jetzt hier. Sehr ungewöhnliche Plätze suchten sich diese beiden Menschen aus! Aber nein! Es war ein Irrtum. Miss Marple holte ihre stärkere Brille aus der Handtasche. Ja, sie hatte sich geirrt. Es war natürlich eine gewisse Ähnlichkeit vorhanden. Das lange, glatte blonde Haar zum Beispiel. Aber es war diesmal nicht Bess Sedgwick, sondern ein bedeutend jüngeres Wesen. Natürlich! Es musste die Tochter sein! Das junge Mädchen, das mit Lady Selina Hazys Freund, Colonel Luscombe, in Bertrams Hotel erschienen war. Doch der Mann, mit dem sie am Tisch saß, war derselbe, der mit Lady Sedgwick im Army & Navy zu Mittag gegessen hatte. Darüber bestand gar kein Zweifel: dasselbe gute Aussehen, derselbe habichtartige Blick, dieselbe Hagerkeit, dieselben raubtierähnlichen Bewegungen und – ja, dieselbe starke männliche Anziehungskraft.
    »Schlecht«, sagte Miss Marple. »Durch und durch schlecht! Grausam! Gewissenlos! Das gefällt mir gar nicht. Erst die Mutter, jetzt die Tochter! Was bedeutet das nur?«
    Es bedeutete nichts Gutes, davon war Miss Marple überzeugt. Beide Zusammenkünfte waren heimlicher Natur, dessen war sie sicher. Sie beobachtete genau, wie die beiden sich über den Tisch beugten, bis ihre Köpfe fast zusammenstießen, und wie ernst sie miteinander redeten. Das Gesicht des Mädchens… Miss Marple nahm ihre Brille ab, putzte die Gläser sorgfältig und setzte sie wieder auf. Ja, dieses Mädchen war verliebt. Rasend verliebt, wie man es nur in der Jugend sein kann.
    Als Miss Marple aufbrach, ging sie dicht an dem Tisch vorbei, an dem die beiden saßen, und zwar so langsam, wie es eben ging, ohne aufzufallen. Unglücklicherweise sprachen sie so leise, dass sie nicht verstehen konnte, was sie sagten. Der Mann sprach, und das Mädchen hörte zu, halb erfreut, halb ängstlich. »Planen vielleicht, miteinander davonzulaufen«, dachte Miss Marple. »Sie ist noch nicht volljährig.«
    Miss Marple schritt durch das kleine Tor im Zaun, das auf den Parkweg führte. Sie blieb neben einem der Wagen stehen. Miss Marple verstand nicht gerade viel von Autos, aber ein solches Modell sah man nicht allzu häufig. Deshalb war es ihr aufgefallen, und sie erinnerte sich nun daran. Von einem autobegeisterten Großneffen hatte sie ein bisschen etwas über diesen Wagentyp erfahren. Es war ein Rennwagen. Irgendein ausländisches Fabrikat – an den Namen konnte sie sich nicht erinnern. Außerdem hatte sie dieses Auto oder eines derselben Marke erst gestern in einer Seitenstraße dicht bei Bertrams Hotel gesehen. Es war ihr aufgefallen, nicht nur wegen seiner Größe und seines ungewöhnlichen Aussehens, sondern auch, weil die Nummer irgendeine Gedankenverbindung in ihr geweckt hatte. FAN 2266. Natürlich – sie hatte dabei an ihre Kusine Fanny Godfrey gedacht. Sie ging ein paar Schritte weiter und warf einen Blick auf das Nummernschild dieses Wagens. Ja, sie hatte wieder einmal Recht. FAN 2266. Es war derselbe Wagen. Miss Marple, deren Beine immer müder wurden, erreichte, tief in Gedanken versunken, die andere Seite der Chelsea Bridge. Sie war jetzt so erschöpft, dass sie kurz entschlossen das erstbeste Taxi herbeiwinkte. Sie hatte das quälende Gefühl, in dieser Sache eigentlich etwas unternehmen zu müssen. Aber was und in welcher Sache überhaupt? Es war alles so unbestimmt. Sie starrte geistesabwesend auf einen Zeitungsaushang.
    »Sensationelle Entwicklung beim Zugüberfall«, hieß es da.
    »Schilderung des Lokführers«, verkündete ein anderes Blatt.
    Scheußlich!, dachte Miss Marple bei sich. Jeden Tag schien aber auch ein Raubüberfall auf Banken oder Eisenbahnen zu passieren.
    Die Verbrechen schienen einander zu übertrumpfen.

13
     
    C hefinspektor Fred Davy erinnerte an einen großen Brummer, als er so vor sich hinsummend durch die Räume der Kriminalpolizei wanderte. Es war eine wohl bekannte Marotte, die keinem besonders auffiel und höchstens zu der Bemerkung führte: »Vater ist wieder auf Beute aus.«
    Sein Rundgang führte ihn schließlich in das Zimmer, wo Inspektor Campbell mit gelangweilter Miene hinter seinem Schreibtisch saß. Inspektor Campbell war ein ehrgeiziger junger Mann, und so fand er einen großen Teil seiner Beschäftigung äußerst langweilig. Dennoch erledigte er die ihm zugewiesenen Aufgaben gut.
    »Guten Morgen«, sagte Inspektor Campbell respektvoll, als Vater sein Reich betrat. Wie alle

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