Bertrams Hotel
Jahren.« Sanft lächelnd fügte sie hinzu: »Er ist total verrückt, wissen Sie. Fährt sicher, aber wie ein Narr – er wird sich eines Tages noch das Genick brechen. Vor achtzehn Monaten hatte er einen ernsten Unfall.«
»Ja, ich entsinne mich, davon gelesen zu haben«, sagte Vater.
»Er beteiligt sich wohl noch nicht wieder an Rennen, wie?«
»Nein, noch nicht. Vielleicht überhaupt nie mehr.«
»Könnte ich wohl jetzt zu Bett gehen?«, fragte Elvira in kläglichem Ton. »Ich bin – wirklich furchtbar müde.«
»Das kann man auch verstehen«, sagte Vater. »Haben Sie uns nun alles erzählt, woran Sie sich erinnern können?«
»O ja.«
»Ich werde mit dir nach oben gehen«, erklärte Bess.
Mutter und Tochter verließen das Zimmer.
»Sie kennt ihn ganz gut«, sagte Vater.
»Glauben Sie das tatsächlich?«, fragte Sergeant Wadell.
»Ich weiß es. Erst vor ein paar Tagen noch hat sie im Battersea Park Tee mit ihm getrunken.«
»Wie haben Sie das nur herausbekommen?«
»Eine alte Dame erzählte es mir. Ich möchte dringend mit ihm sprechen. Sein Wagen ist hier – gerade um die Ecke.«
»Glauben Sie, dass er tatsächlich in diesem Hotel wohnt?«
»Nein, das nehme ich nicht an. Er würde nicht hierher passen. Wenn er herkam, dann nur, um das Mädchen zu treffen. Sie kam ganz entschieden zu diesem Zweck her. Das möchte ich wohl behaupten.«
Die Tür öffnete sich, und Bess Sedgwick erschien noch einmal. »Ich bin zurückgekommen«, sagte sie, »weil ich mit Ihnen sprechen wollte.«
Ihr Blick streifte die beiden anderen Männer.
»Könnte ich mit Ihnen allein reden?«
»Aber gern«, sagte Chefinspektor Davy. Er machte eine Handbewegung, und der junge Polizist verschwand mitsamt seinem Notizbuch. Wadell schloss sich ihm an.
»Nun?«, sagte der Chefinspektor.
Lady Sedgwick nahm wieder ihm gegenüber Platz.
»Diese lächerliche Geschichte mit den vergifteten Pralinen«, begann sie, »ist natürlich Unsinn. Absolut lachhaft. Ich glaube nicht, dass ein wahres Wort an der Geschichte ist.«
»Nein?«
»Sie etwa?«
Vater schüttelte zweifelnd den Kopf. »Sie meinen also, Ihre Tochter habe die ganze Sache erfunden?«
»Ja. Aber warum?«
»Na, wenn Sie’s nicht wissen«, meinte Davy, »wie können Sie die Antwort von mir erwarten. Es ist schließlich Ihre Tochter. Vermutlich kennen Sie sie besser als ich.«
»Ich kenne sie überhaupt nicht«, erwiderte Bess Sedgwick mit einem bitteren Unterton. »Ich habe sie weder gesehen noch etwas mit ihr zu tun gehabt, seit sie zwei Jahre alt war.«
»Das alles ist mir bekannt. Ich finde es seltsam. Gewöhnlich, Lady Sedgwick, geben die Richter nämlich ein kleines Kind in die Obhut der Mutter, selbst wenn sie schuldig geschieden ist. Das heißt, wenn sie darum ersucht. Wahrscheinlich haben Sie nicht darum gebeten. Sie wollten das Kind einfach nicht haben.«
»Ich hielt es für richtiger, es nicht zu mir zu nehmen.«
»Warum?«
»Ich glaubte nicht, dass es – bei mir sicher aufgehoben sei.«
»Aus moralischen Gründen?«
»Nein, nicht deshalb. Ehebruch ist heutzutage nichts Ungewöhnliches. Kinder dürfen nicht mit Scheuklappen aufwachsen. Nein, das ist es nicht. Ich bin eben keine Frau, bei der ein Kind Geborgenheit findet. Ich bin nun einmal so und kann nichts dafür. Ich bin geboren, um ein riskantes Leben zu führen. Ich mache mir nichts aus kleinlichen Gesetzen und Konventionen. Ich dachte, es sei besser für Elvira – und sie würde glücklicher sein –, wenn sie eine richtige englische Erziehung im alten Stil bekäme, behütet und umsorgt.«
»Aber ohne die Liebe einer Mutter?«
»Anhänglichkeit an mich, dachte ich, würde ihr vielleicht nur Leid bringen. Oh, Sie glauben mir wohl nicht. Aber das waren wirklich meine Beweggründe.«
»Ach so. Aber glauben Sie immer noch, Sie hätten richtig gehandelt?«
»Nein«, gestand Bess. »Nicht mehr. Jetzt bin ich der Ansicht, dass mein Entschluss vielleicht falsch war.«
»Kennt nun Ihre Tochter Ladislaus Malinowski?«
»Nein, bestimmt nicht. Das hat sie auch gesagt. Sie haben es doch selbst gehört.«
»Ja, ich habe es gehört.«
»Na, und?«
»Sie war sehr verängstigt, als sie hier saß. Wir in unserem Beruf haben ein ausgeprägtes Gespür für Angst. Sie fürchtete sich – warum? Ob die Pralinen existierten oder nicht, schließlich ist ein Mordanschlag auf sie verübt worden. Die Geschichte mit der Untergrundbahn entsprach vielleicht den Tatsachen…«
»Sie war lächerlich. Wie ein
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