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Bertrams Hotel

Bertrams Hotel

Titel: Bertrams Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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verhaften, Miss Marple.« Vater lächelte. »Sie haben ein Alibi.«
    Miss Marple verdaute dies schweigend. Auf der ganzen Fahrt zum Bertrams sprachen sie beide nicht mehr. Als sie eintraten, blickte Miss Gorringe von ihrem Tisch auf, doch Chefinspektor Davy führte Miss Marple direkt zum Lift.
    »Zum zweiten Stock.«
    Der Lift fuhr nach oben, hielt, und sie gingen ein Stückchen den Korridor entlang.
    Als Vater die Tür von Nummer 18 öffnete, sagte Miss Marple: »Dies ist ja dasselbe Zimmer, das ich bei meinem letzten Aufenthalt hatte.«
    »Stimmt«, sagte Vater.
    Miss Marple setzte sich in einen Sessel.
    »Ein sehr behaglicher Raum«, bemerkte sie und sah sich mit einem leichten Seufzer um.
    »Auf Komfort verstehen sie sich hier, das muss man ihnen lassen«, pflichtete ihr Vater bei.
    »Sie sehen müde aus, Chefinspektor«, sagte Miss Marple unerwartet.
    »Ich war etwas viel unterwegs. Bin gerade erst von Irland zurückgekommen.«
    »Was Sie nicht sagen. Von Ballygowlan?«
    »Zum Teufel! Woher ist denn Ihnen dieser Name geläufig? Verzeihen Sie bitte den harten Ausdruck.«
    Miss Marple lächelte.
    »Michael Gorman hat Ihnen wohl mal erzählt, dass er aus Ballygowlan stammt?«
    »Nein, das nicht gerade«, sagte Miss Marple.
    »Entschuldigen Sie meine Neugierde, aber woher kennen Sie den Ort dann?«
    »Oje«, sagte Miss Marple, »die Sache ist mir eigentlich etwas peinlich. Er fiel in einem Gespräch, das ich zufällig mit anhörte.«
    »Ach so.«
    »Ich habe jedoch nicht gelauscht. Es war in einem allen Gästen zugänglichen Raum. Ganz offen gestanden, macht es mir Spaß, Menschen miteinander reden zu hören – besonders seit ich alt bin und nicht mehr so viel herumkomme. Ich will damit sagen: Wenn Menschen in der Nähe reden, hört man zu.«
    »Nun, das erscheint mir ganz natürlich«, sagte Vater. Dann blickte er auf seine Uhr.
    »Hören Sie«, sagte er, »ich möchte Näheres darüber erfahren, aber der Augenblick ist nicht günstig. Ich habe Kanonikus Pennyfather hergebeten, und er kann jeden Augenblick eintreffen. Ich muss ihn unbedingt in Empfang nehmen. Sie verübeln es mir doch nicht?«
    Miss Marple bestätigte ihm das, und Chefinspektor Davy verließ das Zimmer.
     
    Kanonikus Pennyfather trat durch die Schwingtüren in die Halle von Bertrams Hotel. Er runzelte ein wenig die Stirn und fragte sich, was ihm heute in diesem Hotel so fremd vorkam. Vielleicht war es frisch gestrichen oder sonst wie renoviert worden? Er schüttelte den Kopf. Nein, das war es nicht, aber irgendetwas hatte sich verändert. Er kam nicht auf den Gedanken, dass es der Unterschied war zwischen einem auffallend großen Portier mit blauen Augen und dunklem Haar und einem ziemlich winzigen Portier mit abfallenden Schultern, Sommersprossen und einem rötlichgelben Haarschopf, der unter seiner Mütze hervorquoll. Er trat zum Empfang und wurde von Miss Gorringe begrüßt.
    »Kanonikus Pennyfather – wie schön, Sie wieder zu sehen. Sind Sie gekommen, um Ihr Gepäck abzuholen? Es steht alles für Sie bereit. Wenn Sie uns nur benachrichtigt hätten, dann hätten wir es Ihnen geschickt.«
    »Danke«, sagte Kanonikus Pennyfather, »vielen Dank. Sie sind sehr freundlich, Miss Gorringe. Aber da ich heute sowieso nach London fahren musste, dachte ich, ich könnte es gleich persönlich abholen.«
    »Wir haben uns solche Sorgen um Sie gemacht«, meinte Miss Gorringe. »Weil Sie doch verschollen waren, wissen Sie. Niemand konnte Sie finden. Sie hatten einen Autounfall, wie ich hörte?«
    »Ja«, erwiderte Kanonikus Pennyfather. »Ja. Die Menschen fahren heutzutage viel zu schnell. Höchst gefährlich. Zwar kann ich mich nicht genau daran erinnern. Mein Kopf bekam dabei etwas ab. Gehirnerschütterung, sagte der Arzt. Nun ja, wenn man älter wird, ist das Gedächtnis nicht mehr das Beste.« Er schüttelte traurig den Kopf. »Und wie geht es Ihnen, Miss Gorringe?«
    »Oh, danke, sehr gut«, erwiderte Miss Gorringe.
    In diesem Augenblick fiel Kanonikus Pennyfather auf, dass sich Miss Gorringe ebenfalls verändert hatte. Er betrachtete sie genauer und versuchte festzustellen, worin die Veränderung bestand. Ihr Haar? Das war genauso wie immer, vielleicht sogar noch etwas krauser als sonst. Schwarzes Kleid, großes Medaillon, Kameenbrosche. Alles vorhanden, wie üblich. Und doch war etwas anders. War sie vielleicht etwas dünner? Oder war es – ja, natürlich, sie sah bekümmert aus. Es kam nicht oft vor, dass Kanonikus Pennyfather merkte, wenn andere

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