Beruehmt und beruechtigt
zu machen. Alan, sein Mitbewohner, war ausgegangen. Er aß mit seinen Eltern im Petit Coq zu Abend und betrank sich wahrscheinlich mit ihnen am roten Tafelwein. Easy drehte die Lautstärke seines iPods hoch und die White Stripes dröhnten ihm in die Ohren. Wegen Credo musste er nicht am Pflichtsport teilnehmen, und er wäre heute Nachmittag auch mit ihm ausgeritten, aber er hatte Callie aus dem Weg gehen wollen. Er konnte nicht recht sagen, was genau zwischen ihnen plötzlich anders war. Noch vor einem Jahr war er nicht in der Lage gewesen, die Finger von ihr zu lassen. Er hätte sich um das Angebot gerissen, vor dem Abendessen mit ihr in der Abgeschiedenheit der Stallungen zu kuscheln; jetzt brachte er es nicht mal über sich, ihre E-Mails oder SMS zu beantworten. Was zum Teufel war mit ihm los? Warum benahm er sich so beschissen?
Weil er Jenny kennengelernt hatte. Beim Gedanken an sie lächelte Easy. Es war nicht zu umgehen, dass er mit Callie darüber sprach, aber konnte er es nicht noch ein bisschen aufschieben?
Der Klang von Stöckelschuhen, die die Marmorstufen des Schlaftrakts heraufklapperten, bohrte sich durch das aufputschende Gitarrenspiel von Jack White. »Verdammt«, murmelte Easy. Der Moment war gekommen. Er stellte die Musik ab.
Die Tür flog auf und da stand Callie. In ihrem Zorn sah sie schön und leicht derangiert aus, wie eine verschmähte Debütantin. »Was machst du hier? Hast du meine Nachrichten nicht gekriegt?« Ihr linkes Lid zuckte ein wenig, wie immer wenn Easy sie geärgert hatte. Er versuchte, nicht zu lächeln. Er liebte sie immer noch. Würde sie immer lieben. Vor allem wenn sie so wütend war. »Ich bin extra früh beim Hockey abgehauen, um dich treffen zu können, und du machst dir nicht mal die Mühe, aufzukreuzen?« Callie hatte sich das Haar mit einer Spange zurückgesteckt und eindeutig Zeit darauf verwendet, sich nach dem Training für ihn hübsch zu machen. In ihrem kurzen grauen Wollrock, der schwarzen Strumpfhose und den schwarzen Lederstiefeln mit Kitten-Heels im Reitstiefel-Look sah sie ein bisschen zu adrett und herausgeputzt aus. Soweit Easy wusste, hatte sie das Reiten an den Nagel gehängt, als sie sieben war, obwohl er so oft versucht hatte, sie für Credo zu erwärmen. Der Duft ihres Shampoos erinnerte Easy an die Salons, in denen seine Mutter und ihre gesamten Freundinnen ganze Nachmittage zubrachten, um sich ihre Gesichter und Frisuren bis zur kompletten Unkenntlichkeit verändern zu lassen.
»Es tut mir leid. Entschuldige«, sagte er lahm. Er setzte sich auf und stellte fest, wie unpassend Callie in seinem Müllplatz von einem Zimmer aussah. Zerknüllte BoxerShorts und Jeans bedeckten den Boden und eine Bananenschale lag auf der hohen Kommode mit den acht Schubfächern, auf gleicher Höhe mit Callies Gesicht.
Callie sah sie, schenkte ihr aber weiter keine Beachtung. »Mehr hast du nicht zu sagen? Nur: Es tut dir leid ?« Callie löste die Haarspange und schüttelte den Kopf, dass ihre rötlichblonden Haare in dichten Wellen um ihre Schultern fielen, etwas, was Easy normalerweise richtig wild nach ihr machte. Sie starrte in seine vertrauten blauen Augen und versuchte festzustellen, was anders war. Vielleicht die Art, wie er sie auf einmal ansah?
»Moment mal. Was tut dir leid, dass du mich versetzt hast oder...« Callies Herz pochte so heftig, dass sie das Gefühl hatte, es könnte ihr aus der Brust springen. Als sie von den Stallungen in seine Wohngruppe gerannt war, hatte sie vor Wut gekocht. Sie hätte ihm eine in sein hübsches Gesicht scheuern können, aber sie wäre auch bereit gewesen, seine Erklärungen und Entschuldigungen anzunehmen, sofern sie wirklich nett daherkamen und von Küssen begleitet wurden. Nach Letzterem schien Easy allerdings nicht der Sinn zu stehen.
»Ich kann das nicht mehr, Callie«, murmelte er leise in Richtung Wand.
» Was kannst du nicht mehr? Mit mir zusammen sein?« Sie verschluckte einen Schluchzer. Sie würde nicht weinen. Die Sache war noch nicht vorüber. »Wovon redest du?« Wenn sie nur die richtigen Worte fand, konnte sie die Sache retten. In ein paar Minuten würden sie sich küssen und versöhnen.
»Du weißt, dass es zwischen uns nicht mehr stimmt«, sagte er zögernd. Scheiße, in was hatte er sich da hineinmanövriert?
»Das stimmt doch nicht. Wir passen toll zueinander.« Sie warf das Haar über die Schulter und behielt einen leichten Tonfall bei. »Das ist nur – das neue Schuljahr. Da gibt’s immer Stress.
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