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Beruehre meine Seele

Beruehre meine Seele

Titel: Beruehre meine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Vincent
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war sie ihm deutlich im Gesicht anzusehen. „Es ist nur … ich habe mit niemandem mehr darüber gesprochen, seit ich es damals meiner Mutter erzählt habe.“
    Das Flattern begann in meinem Magen und arbeitete sich langsam weiter meinen Rücken hinauf, brachte eine Wärme, wie ich sie nie erfahren hatte. Todd ließ mich bei etwas sehr Wichtigem die Erste sein, er vertraute mir ein Geheimnis an, das er außer mit seiner Mutter mit niemandem sonst geteilt hatte. Da hatte ich mein Schicksal schon vor Tagen akzeptiert, doch plötzlich schien mir die Ungerechtigkeit meines Todes unerträglich, wenn auch aus ganz anderen Gründen.
    Ich wollte mehr erste Male mit Todd.
    Stattdessen blieb mir nur noch eine Handvoll letzte Male. Mein letzter Tag. Meine letzte Stunde. Meine letzte Minute. Meine letzten Worte. Und mein letzter Atemzug.
    „Bist du sicher, dass du das hören willst?“, fragte Todd zweifelnd. Ich war sicher, dass meine Augen jeden einzelnen meiner Gedanken verrieten. „Weißt du, niemand verbietet uns, über etwas anderes als den Tod zu reden.“
    „Ich möchte es wissen. Du bist der Einzige, den ich kenne, der den Tod überlebt hat.“ Außer Emma und Sophie, die sich aber an nichts erinnerten. „Ich will wissen, was mir bevorsteht.“
    „Dein Tod wird nicht wie meiner sein.“ Er runzelte die Stirn. „Sie gleichen sich nie, aber meiner war noch etwas ganz anderes. Mich hatte man schon als Reaper rekrutiert, noch bevor ich starb.“
    „Wie ist das möglich?“
    „Nach dem Zufallsprinzip. Um überhaupt zur Wahl zu stehen, muss man bereit sein, ein Opfer für jemanden zu bringen. Natürlich weiß man vorher nicht, dass es als Belohnung ein Leben nach dem Tod dafür gibt.“
    „Ich verstehe nicht …“ Um ehrlich zu sein, jetzt noch weniger.
    „Also, pass auf, hier ist das typische Rekrutierungsszenario …“ Er ließ meine Hand los und begann zu gestikulieren. „Wenn Personal gesucht wird, geht der zuständige Gebietsleiter erst einmal alle potenziellen Rekruten in seiner Gegend durch. Er ist jedoch nicht auf der Suche nach jemandem, der für den Tod eingeteilt ist, sondern nach jemandem, der bereit ist, für einen anderen zu sterben. So schließt man die machthungrigen Psychos von vornherein aus. Obwohl Thane da wohl eine Ausnahme ist, die beweist, dass das System nicht hundertprozentig funktioniert.“
    „Allerdings.“ Wer immer ihn rekrutiert hatte, sollte an einen Unterwelt-Kindergarten blutrünstiger Kannibalenkinder verfüttert werden. „Moment mal …“ Das Prickeln auf meiner Haut wandelte sich in einen eiskalten Schauer. „… heißt das, dein Tod war gar nicht eingeplant?“
    „Jeder muss sterben. Aber nein, ich hätte nicht zu dem Zeitpunkt sterben sollen.“
    „Was ist passiert?“ Ich kam mir vor wie ein Kind bei der Lesestunde, das dem Geschichtenerzähler bei jedem Wort an den Lippen hing.
    „Es geschah in einer Freitagnacht. Ich war mit dem Wagen unterwegs, und irgendein Betrunkener fuhr frontal auf mich zu. Ich konnte nicht einmal ausweichen, da ich ihn erst zu spät gesehen hab, weil er kein Licht eingeschaltet hatte.“
    Kein Wunder, dass Dad nicht wollte, dass ich am Wochenende noch spätabends mit dem Wagen unterwegs war. Obwohl … jetzt machte es wohl auch keinen Unterschied mehr.
    „Ich hab mir nur den Kopf am Lenkrad aufgeschlagen, auch wenn es mir fast die Brust zerquetscht hätte. Aber ich hätte überlebt. Doch mein Beifahrer war nicht angeschnallt gewesen. Er flog kopfüber durch die Windschutzscheibe und war sofort tot. Es hatte keinen Zweck mehr, noch den Notarzt zu rufen, also tat ich das Einzige, was mir einfiel. Ich flehte den Reaper an, ihm mehr Zeit zu geben.“ Todd schluckte schwer, und mir wurde klar, dass er sich jetzt wieder bildhaft erinnerte … vielleicht die dunkle Straße aus der Vergangenheit von vor zwei Jahren vor sich sah. „Stattdessen machte er mir ein anderes Angebot und ließ mir die Wahl. Entweder der Junge starb – oder ich nahm seinen Platz ein.“
    Was er natürlich getan hatte. Dieser Teil der Geschichte war so weit klar. Aber … „Warum solltest du so etwas tun? Warum solltest du für einen anderen sterben?“ Sicher, meine Mom hatte es für mich getan, aber ich war ihre Tochter, ihr eigen Fleisch und Blut.
    Und in dem Moment verstand ich, was Todd bei seiner Erzählung ausgelassen hatte. „Es war Nash, nicht wahr?“, flüsterte ich. Er antwortete nicht, aber ich konnte die Wahrheit aus seinen Augen ablesen. „Nash starb,

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