Beruehre meine Seele
sie noch eine errötende Jungfrau wäre … eine Seele, die nur dann überlebt, wenn sie sich von anderen ernährt, hat keinen Nutzen.“
Und doch konnte ich jetzt nur noch daran denken, um wie viele Häuser Sabine und Nash gezogen waren … „Jungfräulichkeit? Damit ist eine Seele rein?“
Beck zuckte mit den Achseln. „Es gehört mit zu den Auswahlkriterien, so wie auch der Wunsch, das Richtige zu tun, ohne sich um die eigenen Konsequenzen zu kümmern. Schon amüsant, nicht wahr? Wenn man bedenkt, dass deine Seele schon bald einem kleinen Jäger gehören wird …“
„Ein Jungfrauenopfer? Ernsthaft? Ich soll also Ihr jungfräuliches Opfer sein?“ Aus dieser Position konnte ich meine Hand nicht in die Messerschublade stecken, zumindest nicht, ohne dass er es mitbekommen würde.
„Aber ja doch, ich meine das durchaus ernst. Und ich bin sehr dankbar, dass du dich so an die alten Werte geklammert hast. Leicht kann es nicht gewesen sein in der heutigen Zeit.“
„Bleiben Sie mir vom Leib!“ Ich machte einen Schritt zur Seite und griff nach dem Schlachterbeil aus der jetzt offenen Schublade. Ich überraschte mich selbst damit, wie ruhig meine Hände waren, mit denen ich den Griff hielt. Ich hatte immer gesagt, dass ich aus Notwehr töten könnte, aber wirklich geglaubt hatte ich es nie – bis zu diesem Moment. Bis zu dem Moment, da die Angst, meine Seele zu verlieren, größer war als die Angst zu sterben.
„Da die meisten Spender nicht ihre eigene Opferwaffe liefern, habe ich meine mitgebracht. Ich hoffe, du hast nichts dagegen …“ Beck griff hinter sich und zog einen kleinen Dolch mit doppelter Klinge aus einer Scheide an seinem Rücken.
Mein Herz hämmerte so hart, dass es mir eigentlich aus der Brust springen müsste. Ich bekam keine Luft mehr.
Denk nach, Kaylee! Mein Dad war nicht zu Hause, Todd war weg, Nash unbrauchbar, Sabine kümmerte sich um Nash, und Emma und Sophie waren bewusstlos, wurden ausgesaugt, während wir hier standen. Ich war wirklich absolut allein, zum ersten Mal überhaupt.
Beck kam näher. Ich konnte den Blick nicht von dem Dolch in seiner Hand wenden. Das Licht der Küche blitzte in altem Metall auf, das noch immer scharf war. Worte waren eingraviert, die ich nicht entziffern konnte, in einer Sprache, die ich nicht kannte. Hätte mir nicht schon allein die Form gesagt, dass es sich hier nicht um ein normales Messer handelte, so hätte ich es an den Schriftzeichen gemerkt. Diese Worte besagten etwas.
Sie besagten, dass ich sterben und meiner Seele beraubt werden würde.
„Sollte das mit der Seelenernte nicht besser warten, bis es tatsächlich ein Baby gibt, dem Sie sie dann einflößen können?“ Noch immer hielt ich das Schlachterbeil mit beiden Händen fest umklammert.
Beck zuckte mit den Schultern. Es war eine übertrieben lässige Geste in Anbetracht dessen, was er vorhatte. „Ich kann noch acht oder neun Monate warten. Die Marshall-Mädchen sind eine ziemlich fruchtbare Brut.“
Nein! „Traci?“ In mir stieg die Übelkeit bei dem Gedanken auf. „Wie soll das möglich sein?“ Er hatte sie doch erst vor ein paar Stunden – maximal! – getroffen.
„Etwas Glück, gutes Timing und quicklebendige Schwimmer.“
Nein, nein, nein!
„Natürlich lässt sich das Geschlecht noch nicht bestimmen, das wird noch ein paar Wochen dauern, aber mit dem Planen kann man nie früh genug anfangen.“
„Aber es ist doch viel zu früh. Wird meine Seele nicht vertrocknen oder so, bis es so weit ist?“
„Sicher, frisch sind sie am besten, aber das ist ja leider nicht immer möglich. Deshalb habe ich vorgesorgt.“ Er drehte den Dolch um, das Licht brach sich blitzend in der Klinge und warf leuchtende Kreise auf die Wände. „Habe ich von einem Hellion. Wirklich äußerst praktisch. Dafür hat es mich auch einiges an Naturalien gekostet – natürlich nicht meine eigenen –, aber das ist es wert. Wenn ich etwas aus der Sache mit Lydia gelernt habe, dann, dass ein Vater nie früh genug vorbauen kann.“
„Was ist das?“, flüsterte ich, verzweifelt bemüht, das Zittern in meiner Stimme zu unterdrücken.
„Hellion-geschmiedeter Stahl. Solange es in deinem Fleisch steckt, wenn dein Herz aufhört zu schlagen, wird es deine Seele absorbieren und bis zu einem Jahr frisch halten. Also so was Ähnliches wie eine übernatürliche Tupperbox.“
Ich kämpfte gegen die Panik an, die mich verschlingen wollte, und rutschte an der Anrichte entlang nach rechts. Wie ich mir
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