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Beruehre meine Seele

Beruehre meine Seele

Titel: Beruehre meine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Vincent
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auf Beweise warten, die vielleicht nicht auftauchen. Der kranke Mistkerl sollte nicht in deine Nähe kommen, und er sollte verdammt noch mal nicht das Letzte sein, was du siehst.“ Er sah auf die Handschuhe, die zwischen uns auf dem Boden lagen. Als er den Kopf wieder hob, schwoll der Schmerz derartig in meinem Herzen an, dass ich meinte, es müsse explodieren. Ich hatte wieder das Gefühl zu fallen, so als würde ich mein Gleichgewicht nie wiederfinden. Und deshalb tat ich das Einzige, was mir einfiel, um meine Welt wieder in Balance zu bekommen und dem fürchterlichen Durcheinander, das von allen Seiten auf mich einstürzte, irgendeinen Sinn zu geben.
    Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, schlang die Arme um Todds Nacken und küsste ihn.

15. KAPITEL
    Todd legte die Arme um mich, und es fühlte sich an, als gehörten sie genau dorthin. Dieses Gefühl war so stark, dass ich ein paar Sekunden brauchte, bevor mir klar wurde, was ich hier tat. Und mich daran erinnerte, dass ich das eigentlich nicht tun sollte.
    Ich wandte mich von ihm ab und starrte ihn an, eine Hand hielt ich vor den Mund, so als würde ich ausradieren können, was ich da soeben getan hatte.
    „Entschuldige …“ Ich trat noch einen Schritt zurück, ertrank schier in Betroffenheit und Schuldgefühl – und in der schwindelerregenden Freude, die beides überrollen wollte, obwohl ich mich nach Kräften dagegen wehrte. „Das hätte ich nicht tun sollen.“
    Was zum Teufel machte ich hier eigentlich? Und wieso fühlte es sich überhaupt nicht falsch an? Vage wurde mir bewusst, dass wir mitten in der Schule standen und für jeden sichtbar waren. Und das waren nur zwei der Probleme.
    „Hast du das ernst gemeint?“ Seine Augen glühten jetzt, eine Mischung aus Sehnsucht und Unsicherheit. „War das echt, oder wolltest du mir nur meinen letzten Wunsch erfüllen?“
    „Das ist dein letzter Wunsch? Ein Kuss?“ Die meisten Typen hätten sich wesentlich mehr gewünscht.
    „Ich hätte dich schon vor Monaten küssen können, aber das hätte nichts bedeutet. Ich wollte, dass du mich siehst . Und mich willst. Also … hast du das nun ernst gemeint?“ Hinter der lässigen Selbstsicherheit konnte ich geradezu schüchterne Hoffnung erkennen, und mir wurde klar, dass sein ganzes überhebliches Getue nur eine Maske war. Eine Rüstung, als Schutz vor einer Welt, in die er nicht mehr gehörte und die ihn nicht mehr verstand. Plötzlich erkannte ich auch, dass er mit angehaltenem Atem wartete. Auf mich.
    „Ja“, antwortete ich, und in mir löste sich eine unerträgliche Spannung. „Wir sehen uns dann, Todd.“
    In diesem Moment sah ich nichts und niemanden sonst auf der Welt.
    Todd hatte mich geküsst, und ich war in diesen Kuss gefallen wie Alice ins Wunderland, kopfüber, mit wedelnden Armen und hämmerndem Herzen. Die ganze Welt drehte sich, und noch immer fiel ich – um unsanft auf dem Boden aufzuschlagen, als jemand meinen Namen rief.
    „Kaylee?“
    Nash! Ich sprang so hastig von Todd zurück, dass ich fast über die Gummihandschuhe gestolpert wäre.
    Nash stand am Ende des Flurs mit Sabine zusammen, hielt sein Handy in der Hand, als hätte er gerade gewählt oder wählen wollen, und bevor ich den Gedanken zu Ende denken konnte, meldete sich mein Handy mit dem Eingang einer Textnachricht. Wahrscheinlich von Nash, der nachfragte, wie es mit Emma und Beck aussah.
    Mist! Emma …!
    Nash starrte mich an, unendliche Qual und Wut huschten so schnell über sein Gesicht, dass ich die Gewitterwolken in seinen Augen von hier aus quer über den ganzen Flur hinweg sehen konnte. „Du hast gesagt, dass nichts … Du hast gesagt, dass du nicht …“ Er brach ab, so als hätten die Worte sich in seinem Mund verheddert und er würde sie nicht freibekommen.
    „Da war auch nichts.“ Ich holte tief Luft, um die Enge in meiner Brust zu vertreiben. „Es ist einfach passiert. Es tut mir leid.“ Todd hatte sein Leben nach dem Tod riskiert, um mir Ruhe zu verschaffen, und jetzt erst erkannte ich das, was schon die ganze Zeit über da gewesen war. Nur hätte das Timing nicht schlechter sein können.
    „Ich wusste doch, dass er es tun würde.“ Nash ließ seine Wut an Todd aus. „Wie konntest du nur?“, schrie er ihn schon von Weitem an, während er auf uns zustürmte, ohne auf eine Antwort zu warten. Irgendwo auf dem Gang ging quietschend eine Tür auf. Wohl ein Studienkreis, der sich nach der Schule noch traf und der jetzt Zeuge einer Krise meines keineswegs mehr so

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