Beruehrt
vorhin gearbeitet?«
Rachel wollte das Bild nicht zeigen. Überrascht stellte sie fest, dass ihr sogar das Gespräch darüber unangenehm war. »Es ist noch nicht fertig«, log sie und wollte die Tür zuziehen. Aber Helen ließ sich nicht abwimmeln und huschte in den kleinen Raum. Gedankenverloren betrachtete sie die feuchte Leinwand. »Unheimlich, oder? So plastisch. Und irgendwie … sexuell …« Sie zwinkerte Rachel verschwörerisch zu, wurde aber gleich wieder ernst. »Davon krieg ich Gänsehaut. Das sollte auf jeden Fall mit in deine Mappe. Es ist gut, echt jetzt!«
»Meinst du?«, fragte Rachel unsicher.
»Wenn ich’s dir sage«, bestätigte Helen überzeugt und sah auf ihre Uhr. »Ups, ich muss los. Tim wollte anrufen und ich hab mein Handy unten vergessen. Mach's gut, Schätzchen. Wir sehn uns.« Sie drückte Rachel einen Kuss auf die Wange und verschwand genauso schnell, wie sie hereingeplatzt war.
Unschlüssig betrachtete Rachel ihr Werk. »Sexuell«, wiederholte sie. »Pff.« Dann zog sie entschieden die Tür hinter sich zu.
Endlich war der Abend gekommen, dem Helen so lange entgegengefiebert hatte. Den halben Tag hatten quasi alle anwesenden Bewohner des Schlosses damit verbracht, Vorbereitungen für die Party zu treffen. So wurden nach und nach die Eingangshalle und das Treppenhaus geschmückt, die Auffahrt mit bunten Luftballons und Fackeln versehen, Tische und Bänke auf der Terrasse und im Garten aufgestellt, die Musikanlage aufgebaut und schließlich Getränke, Gläser und Kühlanlage herangeschafft und angeschlossen. Als endlich auch die Bowle, diverse Salate und der Grill einsatzbereit waren, blieb gerade noch eine Stunde, bis die ersten Gäste kamen.
»Was für ein Aufwand«, staunte Rachel und drapierte schnell noch ein paar der unzähligen Rhododendronblüten aus dem Schlosspark in einer Vase.
»Mittsommer halt«, meinte Josh knapp und verfolgte mit dem Schraubenzieher bewaffnet irgendein Kabel zu einem der Verstärker. »Hauptsache, der Hausmeister drückt ein Auge zu«, sagte Helen, die nervös auf ihren Fingernägeln herumbiss.
»Dafür ist Caleb zuständig«, meinte Kathy und zog ihrer Freundin die Finger aus dem Mundwinkel, damit sie sich vor lauter Aufregung nicht noch selbst verstümmelte. »Wo steckt der eigentlich?«
»Muss noch arbeiten, kommt später«, rief Bruce.
»Und was sagen die Nachbarn?«, fragte Rachel skeptisch.
»Sind eingeladen«, antwortete Josh knapp, während er ein Bierfässchen scheppernd an ihnen vorbeirollte.
Irgendwie waren die Jungs heute extrem wortkarg, stellte Rachel stirnrunzelnd fest.
»Los jetzt, höchste Eisenbahn, ab unter die Dusche!«, drängelte sich Helen in ihre Gedanken und zog Kathy und Rachel mit sich ins Gebäude.
Erst in der angenehmen Kühle der alten Steinmauern bemerkte Rachel, wie sehr sie draußen geschwitzt hatte. Die Mädchen hielten einen Augenblick inne und genossen schweigend den Temperaturunterschied. Seit dem Vortag war es fast unerträglich schwül und drückend, und sosehr sie davor den Sommer und die Wärme herbeigesehnt hatte, so sehr wünschte Rachel sich jetzt ein abkühlendes Gewitter. Doch noch sah nichts danach aus. Kein Lüftchen regte sich – »Und das am Meer«, seufzte Rachel leise.
»Hast du was gesagt?«, fragte Kathy, die ihre Stirn an der Steinwand kühlte.
»Los, kommt schon!« Helen war bereits auf dem ersten Treppenabsatz angelangt. »Wie wollt ihr das nur schaffen mit Duschen und Schminken und Umziehen?«
Rachel betrachtete ihre Klamotten. Sie trug ein verschwitztes T-Shirt und Jeans, die nach diesem Tag den Begriff Used Look mehr als verdienten. »Wieso? Ich dachte, ich geh so?«, neckte sie die Freundin.
»Das meinst du nicht im Ernst, oder?«, sprang Helen prompt darauf an.
»Doch, klar, warum nicht?«, fiel nun auch Kathy todernst mit ein. »Letzte Woche hast du noch gesagt, das T-Shirt würde Rachel supergut stehen!«
Als sie Helens entgeisterten Gesichtsausdruck sahen, konnten sich die beiden nicht länger halten.
»Na los, wer als Erste mit Duschen fertig ist! Gestylt wird bei mir«, schlug Rachel vor, überholte Helen mit einem freundschaftlichen Klaps auf den Po und rannte die Treppe hinauf.
»Bist du verrückt?«, rief ihr Helen hinterher. »Bis ich bei dir bin, bin ich ja schon wieder durchgeschwitzt. Komm du mal hübsch runter, liegt eh auf dem Weg!«
Als die drei Freundinnen in ihren leichten Sommerkleidern und Pumps die Freitreppe herunterstöckelten, wummerten ihnen von
Weitere Kostenlose Bücher