Beruehrt
schelmisch. »Na, dass ich meinen Konkurrenten so ins Abseits katapultiert habe.«
»Siehst du dich wirklich auf einem Level mit 'nem Typen mit Pickeln und Mundgeruch?«
Caleb verzog säuerlich das Gesicht. Rachel feixte.
»Okay. Eins zu null. Freundschaft?«, fragte Caleb schließlich.
»Freundschaft«, bestätigte Rachel und stieß mit ihm an. Dann sah sie wieder zur Tanzfläche.
»Und wie gefällt dir die Party bisher?«, fragte er nach einer Weile.
»Ist cool«, erwiderte sie, ohne ihn anzusehen. Was machte Helen da bloß? Rachel hatte starke Bedenken, ob sich ihre Freundin wirklich an die Abmachung halten würde. Und Kathy und Josh waren auch aus ihrem Blickfeld verschwunden.
»Du hast nach Grayson gefragt«, begann Caleb.
Seine Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. Schwungvoll wandte sie sich wieder zu Caleb um. »Der Typ ist einfach kein guter Umgang. Er wird mit dem Tod eines Mädchens in Verbindung gebracht. Und ich möchte dich lieber sehr lebendig sehen, okay?«
Was sollte das denn bedeuten? Leider hatte sie keine Chance, genauer nachzufragen. Denn ehe sie begriff, was als Nächstes geschah, berührten seine leicht geöffneten Lippen die ihren. Ganz sanft nur und kurz, nicht einmal zwei Sekunden lang. Rachel fuhr zurück. Eine Schweißperle löste sich zwischen ihren Brüsten und glitt kribbelnd zu ihrem Bauchnabel hinab. Sie brauchte Luft.
Plötzlich war die Musik zu laut, der Wein zu süß, die Bank zu hart. Sie sprang auf und rannte stolpernd davon.
3
R achel war verwirrt. Calebs Lippen hatten einen Abdruck auf ihrem Mund hinterlassen, den sie nicht wegwischen konnte. Es brannte nicht, es vibrierte nicht und fühlte sich weder warm noch kalt an. Dafür war dieser Kuss viel zu leicht gewesen. Ein Hauch von Atem, der immer noch in ihr nachebbte.
Sie rannte am Schloss entlang, immer weiter weg, nur weg von dem fröhlichen Feiern auf der Terrasse mit ihren bunten Lichterketten, dem Lachen und der lauten Musik. Das Kopfsteinpflaster und ihre schmerzenden Zehen zwangen sie schließlich, das Tempo zu verlangsamen. Selbst hier, im Halbdunkel des betörend duftenden, blauregenverwucherten Bogenganges hallten die Bässe der Musikanlage in ihrem Bauch nach. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Sie stakste in Richtung des Gewölbekellers und blieb mit einem Absatz zwischen den Steinen stecken. Warum zum Kuckuck hatte sie immer noch diese blöden Pumps an? Rachel schlüpfte aus den Schuhen und stützte sich leise fluchend an der Mauer ab, die immer noch die Wärme des drückend heißen Sommertages abstrahlte. Das Moos fühlte sich wohltuend klamm unter ihren Fußsohlen und zwischen den Zehen an. Sie lehnte sich mit dem Rücken an die Wand und blieb einen Augenblick stehen. Durchatmen … Caleb … Sie fuhr mit Zeige- und Mittelfinger die Kontur ihrer Lippen nach. Warum hatte er das getan? Er konnte jede haben. Alle Mädchen waren verrückt nach ihm. Was wollte er ausgerechnet von ihr? Er kannte sie doch noch gar nicht richtig? Lag das wirklich nur an dem Rum in der Bowle?
Ein leises Geräusch ließ Rachel innehalten. Ein Seufzen, gefolgt von einem Scharren. Rachel hielt den Atem an. Da war es wieder, ganz kurz nur. Dann schweres Atmen. Und wieder Stille. Was war das? Ein Tier? Das Rascheln kam aus einer Nische im Bogengang. Neugierig tastete sie sich näher heran, die Pumps, in jeder Hand einen, mit den Absätzen voraus wie eine Waffe umklammert. Vielleicht irgendein Betrunkener, dem es nicht gut ging?
Vorsichtig näherte sich Rachel dem Geräusch. Die intensiv duftenden Rhododendren und der Blauregen boten ihr weitgehend Deckung. Sie schlich weiter, bis sie etwa auf Höhe einer kleinen Nische war, und stieß sich prompt ihren nackten Fuß an einer der Steinbänke, auf denen man die Aussicht auf den Park genießen konnte. Genau so eine wie die, auf der Caleb sie eben geküsst hatte. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, als sie wieder daran dachte. Von wegen Freundschaft!
Plötzlich hörte sie ein neues sonderbares Geräusch, als ob Stoff zerriss. Und dann eindeutig menschliche Stimmen, mindestens zwei. Rachel konnte kein einziges Wort verstehen. Ein leises Kichern drang zu ihr – die Stimme einer jungen Frau –, abrupt unterbrochen durch ein weiteres Stöhnen. Auf einmal hörte sie einen anderen Laut, ein lang gezogenes Seufzen, über das sich ein keuchendes, rhythmisches Atmen legte.
Rachel hielt in der Bewegung inne. Sie spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. Wie peinlich und blöd! Hier war
Weitere Kostenlose Bücher