Beruehrt
dem ersten Eindruck oder wilden Gerüchten beurteilst, sondern ihm eine zweite Chance gibst, auch wenn er sich bei der ersten Begegnung fürchterlich danebenbenommen hat?« Seine Augen schimmerten gerade sehr, sehr grün im Nachmittagslicht.
»Lass diesen Dackelblick«, bat Rachel unwirsch. »Außerdem warst du bei der ersten und bei der zweiten Begegnung ziemlich unverschämt.«
»Korrekt«, lenkte er ein. »Wie soll ich denn gucken, damit du mich ernst nimmst?« Rachel sah ihn so arrogantladylike von oben herab an, wie sie nur konnte, und wartete ab.
Er gab nicht auf, räusperte sich und verbeugte sich leicht. »Mein Name ist Grayson Wolf, ich wohne über dir, aber das weißt du ja schon. Ich hab mich neulich im Park total danebenbenommen. Das ist dir bestimmt auch nicht entgangen.« Rachel nickte zustimmend und setzte zu einem bissigen Kommentar an, aber Grayson ließ ihr keine Lücke, in die sie hätte schlagen können. »Was du nicht wissen kannst: Das ist sonst nicht meine Art, selbst wenn du vielleicht anderes über mich gehört haben solltest. Glaub mir, die Leute reden viel, besonders in diesem Haus. Na ja, und eigentlich bin ich hier, weil ich …« Er kratzte sich verlegen am Kopf. Rachel schnaubte immer noch verärgert und er sprach schnell weiter. »Na ja … also … ich würde mich wirklich freuen, wenn du heute Abend mit mir essen gehst, falls du noch nichts vorhast. Als Zeichen meiner Entschuldigung für den Krach und den Kuss – obwohl ich mich dafür eigentlich nicht entschuldigen möchte. Aber ich sitze hier in ehrlicher Absicht. Versprochen. Ich möchte dich einfach kennenlernen, du bist irgendwie … interessant. Was sagst du dazu?«
»Da gibt's bestimmt einen Haken«, rutschte Rachel prompt das Herz von der Zunge. Dabei hatte sie sich so schöne Beschimpfungen zurechtgelegt. Sie war ebenso verblüfft wie skeptisch über Graysons unerwarteten Redeschwall.
»Jaaah!«, freute sich Grayson und hob die Fäuste in Siegerpose Richtung Himmel. »Lieber Gott, sie hat nicht gleich Nein gesagt!«
»Noch nicht«, betonte Rachel, die Schwierigkeiten hatte, sich ein Lächeln zu verkneifen. Vielleicht war er doch nicht so verkehrt …
»Kein Haken, keine Spielchen«, versprach Grayson und strahlte.
»Wie war das grade?«, bohrte Rachel nach.
»Dass die Leute viel über mich reden?«, fragte er.
»Nein, darüber möchte ich beim Essen mehr erfahren.«
»Du kommst also mit?«
»Vielleicht. Das, was du danach gesagt hast, meinte ich.«
»Dass du einen scharfen Verstand besitzt?«
»Den hattest du noch gar nicht erwähnt, aber danke für das Kompliment.«
»Ach, dass ich dich interessant finde, wolltest du gern noch einmal hören?« Er feixte und Rachels Gesichtsfarbe wechselte schon wieder ins Rötliche. Wie schaffte dieser Kerl es nur, ihr jedes Mal mit elegantem Lächeln das Heft aus der Hand zu nehmen und den Spieß umzudrehen?
»Ja, dazu steh ich«, erklärte er offen, bot ihr helfend eine Hand und stand zeitgleich mit Rachel auf. Sie ignorierte seine Geste, hielt aber den Blickkontakt und bemühte sich, nicht zu zwinkern.
»Das können wir ja vielleicht auch beim Essen näher besprechen. Also, wann soll ich dich abholen? Um sieben?«
Rachels Blick wanderte zu seinen Lippen. Sie zögerte einen Moment. Sollte sie vorgeben, heute schon verabredet zu sein? Ihn auf den nächsten Tag vertrösten? Oder die nächste Woche? … Na gut, keine Spielchen. Sie wollte sich darauf einlassen – bis auf Widerruf. »Halb acht könnte ich einrichten, wenn's so dringend ist«, schlug sie vor.
»Ist es«, sagte Grayson, beugte sich vor, wie um ihr einen Abschiedskuss zu geben, überlegte es sich offenbar auf halbem Weg anders und eilte pfeifend davon. Rachel redete sich ein, dass sie ihm sowieso nur die Wange hingehalten hätte, und klopfte sich imaginären Staub vom Kleid. Sie stutzte. Wo er gesessen hatte, lagen drei dunkelrote Rosen. Er musste sie die ganze Zeit hinter seinem Rücken versteckt gehalten haben.
Rachels Knie zitterten schon wieder. Und die Pogo tanzenden Hummeln hatten beschwipst kichernden Schmetterlingen die Tanzfläche überlassen. Es kribbelte wie irre in ihrem Magen. Das machte es umso schwerer, die Bodenhaftung zu bewahren. Sie hatte ein waschechtes Date mit Grayson Wolf! Wie hallelujah war das denn?
Rachel schwankte zwischen dem Bedürfnis, sich mitzuteilen und sich den Abend nicht schon im Vorfeld von einer wohlmeinenden Freundin kaputt reden zu lassen. Nach einem kurzen Blick auf
Weitere Kostenlose Bücher