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Beruehrt

Beruehrt

Titel: Beruehrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Lyall
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Oberkörper, um sie von den verletzenden Kacheln wegzuschleifen.
    Endlich brach Helens Widerstand, sie fiel in sich zusammen, direkt in Rachels Arme. Auf einmal fiel ihr auf, dass ihre Freundin splitternackt war und sich mit den Fingernägeln und dem spitzen Drachenring, den Rachel nicht leiden konnte, in ihr eigenes Fleisch verkrallt hatte. Sie bemühte sich, Helens Finger zu öffnen, damit sie den klebrigen, scharfen Gegenstand losließ. Das spitze, metallische Pling, das der Ring auf dem gefliesten Boden machte, brannte sich grausam in ihr Gedächtnis ein. Rachel presste ihre Hand auf den klaffenden Spalt in Helens Unterarm, aus dem dunkles Blut hervorquoll.
    »Wir brauchen hier Hilfe!«, brüllte sie noch einmal, fiel in Helens wiegende Bewegung ein und flüsterte leise in ihr Ohr: »Was hat er dir angetan, dieses Schwein?«
    Endlich hörte sie die Schritte der anderen näher kommen. Alle riefen aufgeregt durcheinander. Jemand griff über ihr nach dem Hahn und stellte das Wasser ab, andere Hände breiteten über sie beide ein trockenes Handtuch. Rachel verlor jedes Zeitgefühl. Irgendwer rannte weg und holte Verbandszeug. Dann löste jemand Rachels widerstrebende Hand von Helens Arm, machte einen Druckverband und wickelte Wundauflagen und Mullbinden um ihren Kopf.
    In diesem emsigen Chaos hielt Rachel ihre Freundin intuitiv ganz fest an sich gepresst. Sie musste gehalten werden, Rachel spürte es, sie durfte nicht loslassen, damit das Leben in Helen blieb und ihre Seele nicht mit dem Blut und dem Wasser weggewaschen und fortgeschwemmt wurde.
    Helen klammerte sich schmerzhaft an sie und doch hätte sie beinahe das leise Flüstern überhört. »Was hast du gesagt?«, fragte Rachel leise und hielt ihr Ohr ganz dicht an Helens Mund. Ihre Haare klebten aneinander, Helens Haut war zart und kalt.
    »Er wollte gar nicht mit mir schlafen«, wisperte sie so leise, dass Rachel Mühe hatte, die Worte zu verstehen. »Er war der Einzige, der nicht mit mir ins Bett wollte. Und dabei war er der Erste, den ich rangelassen hätte.«
    Rachel hielt die Luft an, in ihrem Magen drehte es sich. Sie brauchte einen Moment, bis sie begriff, was sie da gerade gehört hatte. Helen war noch Jungfrau? Auf einmal bekamen sämtliche Jungsgeschichten, die Helen erzählt und die sie selber miterlebt hatte, einen fürchterlichen Beigeschmack.
    »Er ist wütend geworden, weil ich angeblich nicht ernst genommen habe, was er immer so erzählt hat, von wahrer Liebe, Enthaltsamkeit, Keuschheit und so. Ich dachte, das wäre seine Masche, mich richtig heiß zu machen und aus der Reserve zu locken … und da ist er weggelaufen«, flüsterte Helen unablässig weiter. Als hätte sie mit ihren Adern ein Ventil geöffnet, brach nun alles aus ihr heraus. »Die anderen sind immer abgehauen, wenn ich Nein gesagt habe. Die wollten immer nur Sex, Erfahrungen sammeln, grapschen, aber sie haben mich nicht gesehen, haben sich überhaupt nicht für mich interessiert, verstehst du? Ron war so anders … Ich wollte ihm einen blasen … und er hat mich einfach hier unter der Dusche sitzen lassen, als ich ihn angefasst habe. Bin ich so hässlich? Warum liebt mich denn keiner?« Ihre Stimme wurde noch leiser. »Ich kann nicht mehr. Ich bin so müde, Rachel.«
    »Helen, Süße …« Der Kloß in Rachels Kehle wurde immer dicker. »Sag so was nicht, das ist doch Blödsinn, wir lieben dich, hörst du?! Wir kriegen das wieder hin, wir kriegen das alles wieder hin! Bleib bei mir!« Helen weinte und Rachel wiegte ihre Freundin wie ein Baby sanft hin und her und machte leise »Schhh…«.
    »Hat er ihr was angetan?« Calebs Stimme klang wutverzerrt. »Den schnapp ich mir, diesen Bastard.«
    Rachel hob den Kopf und schüttelte ihn leicht. »Nein, nein, nicht! Es ist nicht …« Sie brach hilflos ab.
    Kathy kniete sich neben sie und legte ihr die Hand auf die Schulter. Rachel hatte keine Ahnung, wie viel von Helens leiser Lebensbeichte bis zu ihr gedrungen war, aber Kathy überblickte die Situation sofort. »Das war nicht Ron«, stellte sie sachlich fest und deutete auf Helens Arme.
    Rachel folgte ihrem Blick und fuhr zusammen. Erst jetzt entdeckte sie die Narben. Ziemlich viele Narben, die teilweise schon recht alt zu sein schienen. Deswegen also immer die langärmeligen Hemden …
    »Beruhigen wir uns mal wieder. Jungs, danke für eure Hilfe, aber jetzt raus hier. Seht nach, ob der Krankenwagen schon in Sichtweite ist, und sorgt dafür, dass uns die Sanis hier finden. Der Rest

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