Beschuetze mich - liebe mich
weiterlesen musste. Er griff nach dem Lesegerät. Für einen Teenager hatte Lacey eine unglaubliche Fantasie gehabt. Wenn Percy ein neues Universum erreichte, setzte der Meteorit ihn immer auf einer Wasserfläche ab. Auf dem Planeten Erde war es die Hudson Bay in der Nähe der Docks von New York City. Zum Glück konnte Percy schwimmen und tauchen.
Obwohl Chaz sich fragte, ob er an Percy mehr von sich entdecken würde, zwang er sich, das Lesegerät auszuschalten. Der Roman sollte ihm helfen, einen Stalker zu überführen. Um ihn selbst ging es nicht.
Was war los mit ihm? Wenn seine Kollegen in der Detektei, vor allem seine Kumpel Mitch und Travis, erfuhren, dass er sich für den Science-Fiction-Roman eines Teenagers interessierte, würden sie sich kranklachen.
Absolut nicht lachhaft war, dass irgendjemand in Salt Lake City es auf diese Frau abgesehen hatte. Selbst wenn es sich bei den beiden Anrufen um makabre Scherze ohne kriminelle Absichten gehandelt hatte, bedeutete es, dass der Täter Laceys Geheimnummer herausgefunden und sich in ihr Privatleben gedrängt hatte. Der Schuldige musste festgenommen werde, damit ein Richter ihm außer einer satten Geldstrafe auch eine Therapie verpassen konnte. Und wenn es sich um einen Geistesgestörten handelte, der seine Drohung in die Tat umsetzen wollte, durfte Chaz keine Zeit verlieren.
Sowohl die Anrufe als auch die Nachricht an der Windschutzscheibe schienen mit ihrem Fachgebiet zu tun zu haben. Oder war das nur ein Täuschungsmanöver, um die Polizei von sich abzulenken? Chaz wusste es noch nicht.
Bisher hatte er nur eines erfahren: Laceys Erfolg konnte bei jemandem Neid geweckt haben, der selbst davon geträumt hatte, einen Bestseller zu schreiben. Vielleicht hatte der Stalker einen Roman verfasst, jedoch keinen Verleger gefunden. Oder er war für die Literaturpreise nominiert worden und hatte bei der Abstimmung der Jury gegen Lacey verloren.
In der Arbeitswelt herrschte eine gewaltige Konkurrenz, die nicht selten sogar zu Morden führte. Chaz erinnerte sich an den Fall einer Eiskunstläuferin, die jemanden beauftragt hatte, eine attraktivere und begabtere Mitbewerberin schwer zu verletzen.
Aber dieser Fall war sogar noch hässlicher. Oder er würde es sein, wenn der Stalker seine Drohung wahr machte.
Die Hausaufgaben, die er heute erledigt hatte, waren schon mal ein Anfang. Aber wie der Ansager vor Laceys Sendung verkündet hatte, boten die unzähligen Universen noch unendlich viele andere Möglichkeiten.
2. KAPITEL
Am Freitagabend brachte Lacey ihre geliebte Abby zu Bett, bedankte sich bei ihrer Schwester und machte sich in ihrem blauen Passat auf dem Weg zur nicht weit entfernten Radiostation.
Um halb neun war es noch nicht dunkel, und sie wusste, dass sie vermutlich nicht nur von ihrem Stalker, sondern auch gleich von mehreren Mitarbeitern der Detektei beobachtet wurde. Es war ein eigenartiges Gefühl. Irgendwie erschien ihr das Leben plötzlich unwirklich.
Barry hatte den angeblichen Satellitentechnikern den Zugang zum Studio erlaubt, damit Stewart nicht auf die Idee kam, sie abzuweisen.
Lacey konnte sich nicht vorstellen, das Ben, der Wachmann, ein ehemaliger Polizist und Großvater, oder Stewart, der Praktikant, der verlobt war und im letzten Jahr auf dem College studierte, etwas mit den Drohungen zu tun hatten. Aber sie hatte genug Krimis gelesen und gesehen, um zu wissen, dass nichts unmöglich war.
Hatte sie das nicht selbst in ihrer Talksendung behauptet? Alles war möglich, davon war sie überzeugt.
Normalerweise trug sie bequeme Tops und Jeans, doch zur Arbeit zog sie immer etwas Eleganteres an, um unter ihren Kollegen und auf die Gäste nicht zu unprofessionell zu wirken. An diesen Abend trug sie ein sommerlich geblümtes Oberteil mit Fledermausärmeln.
Sie war richtig nervös und gespannt, was sie heute erwarten würde.
Stewart würde wie immer auf der anderen Seite der Glaswand sitzen, damit sie Augenkontakt halten und sich jederzeit mit Handzeichen verständigen konnten. Es gab Anrufer, die nicht zu reden aufhörten, und diejenigen, die kein Wort mehr herausbrachten, sobald sie auf Sendung waren. Es gab Zyniker, Schwärmer und Leute, die für ihre Webseiten über die Area 51 oder das Bermuda-dreieck werben wollten.
Manchmal riefen Hellseher an, um für sie in die Zukunft zu schauen. Oder eine Gruppe von Geisterjägern meldete sich von einem Friedhof, um das Weinen eines Kindes einspielen zu lassen. Eine gewisse Wicca wollte immer wieder
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