Beseelt
Verbeugung, mit der Zentauren ihren Respekt vor dem Hohen Schamanen zeigten.
„Ich habe mich darauf gefreut, dich kennenzulernen, Brighid Dhianna.“
Midhirs Stimme war tief und kräftig und erinnerte sie sehr an Cuchulainn, genau wie seine starken, hübschen Gesichtszüge und die breiten Schultern.
„Der Tod deiner Mutter war ein Schock und der Verlust deiner Schwester eine Tragödie.“ Er wandte sich an Cu und zog ihn in die Arme. „Es ist zu lange her, dass ich dich gesehen habe, mein Sohn.“ Er lächelte Cuchulainn traurig an. „Du hast ebenfalls einen großen Verlust erlitten. Dein Schmerz und die Zersplitterung deiner Seele haben mir im Herzen wehgetan, doch jetzt freue ich mich umso mehr, dass du genesen bist.“
„Dafür musst du Brighid danken“, sagte Cuchulainn, nachdem er die warmherzige Umarmung seines Vaters erwidert hatte.
„Ich denke, wenn das hier vorüber ist, werden wir alle tief in der Schuld der jungen Jägerin stehen“, sagte Midhir.
Brighid fand, das klang unheilvoll.
„Welche Neuigkeiten hast du von der Dhianna-Herde?“, wollte Cuchulainn von seinem Vater wissen.
„Gar keine. Das ist kein gutes Zeichen.
Elphame holte scharf Luft. „Gar nichts, Dad?“
Der Hohe Schamane schüttelte den Kopf. Sein Gesichtsausdruck war so ernst, wie seine Stimme klang. „Die Dhiannas haben ihre Handelsbeziehungen zu Partholon eingestellt, genau wie die Ulstan- und die Medbhia-Herde. Ich weiß, dass sie sich tief im südwestlichen Teil der Ebene zusammengezogen haben.“
„Die Wintergründe der Dhiannas“, sagte Brighid.
„Ja. Und ich erfahre von dort nichts über ihre Aktivitäten. Die Hohen Schamanen der Herden haben sich offenbar zusammengeschlossen und wenden große Mühe auf, um ihr Vorhaben geheim zu halten. Man muss allerdings kein Genie sein, um zu erkennen, dass sie sich bewaffnen werden, um sich gegen Eindringlinge zu schützen. Aus der Anderswelt empfange ich nur unzusammenhängende Bilder von Wut, Tod, Paranoia – alles seltsam in Rauch gehüllt und in undeutliche, flammende Farbtöne.“
Der große Schamane schüttelte nachdenklich den Kopf und wirkte sichtbar verstört.
„Rauch und Schatten … ich bekomme nicht mehr als das, und ab und zu das Bild eines einsamen Zentauren.“ Midhir hielt inne, als hätte er es plötzlich verstanden. „Er ist ein junger, goldener Krieger, der mich sehr an dich erinnert, Brighid.“
„Das ist mein Bruder Bregon.“
„Ja, das sehe ich jetzt auch. Er steckt hinter ihren Aktivitäten.“ Sein sanfter Blick traf ihren. „Er wird versuchen zu beenden, was deine Mutter begann.“
„Kannst du erkennen, ob er ein Hoher Schamane geworden ist?“
„Nein, diese Macht spüre ich in ihm nicht. Noch nicht. Aber das schamanische Blut fließt in seinen Adern.“
„Dad, was sagen die zentaurischen Botschafter über die Aktivitäten der Herden?“, wollte Elphame wissen.
„Das verstört mich am meisten.“ Etain hakte sich bei ihrem Mann unter. „Von denen hören wir überhaupt nichts. Keiner ist von der Ebene der Zentauren zurückgekehrt.“
„Mehrere Jägerinnen haben ihre Posten verlassen. Auch sie sind mir und meinen Kriegern aus dem Weg gegangen“, sagte Midhir grimmig.
Seine Worte hingen schwer in der Luft. Ein Zentaur konnte den Hohen Schamanen Partholons niemals belügen. Egal welche Allianzen sie eingingen, der Respekt vor Midhir gestattete es ihnen nicht. Offensichtlich waren die Zentauren, die sich Bregons Herde anschlossen, darauf bedacht, Partholon zu verlassen, um nicht dem Hohen Schamanen aller Zentauren gegenübertreten zu müssen. Und die Tatsache, dass keiner von Midhirs loyalen Boten von der Zentaurenebene zurückgekehrt war, bedeutete entweder, dass sie dort gegen ihren Willen festgehalten wurden oder dass man sie getötet hatte.
Zentauren gegen Zentauren … Zentauren gegen Menschen … Es waren albtraumhafte Bilder, die Brighid durch den Kopf wirbelten. Sie war dafür verantwortlich. Sie war ein Zentaur der Dhianna-Herde. Mit dem Tod ihrer Mutter ging die Führung der Herde an sie über, und diese Bürde lastete ihr schwer auf der Seele. Es war nicht mehr wichtig, dass sie sich nach etwas anderem gesehnt und schließlich auch einen anderen Weg eingeschlagen hatte. Brighid schluckte den bitteren Geschmack hinunter, den ihr der Gedanke an ihr Schicksal verursachte.
„Midhir, wirst du mir helfen, in die Anderswelt zu reisen, damit ich von Eponas Kelch trinken und eine Hohe Schamanin werden kann?“, fragte sie
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