Beseelt
dass du jemals etwas anderes denkst. Und das hier …“ Er machte eine Geste, die alles um ihn herum einschloss. „Das hier ist auch nicht deine Schuld. Weder du noch ich wollten die MacCallan-Burg verlassen, doch es war richtig, es zu tun. Wir hatten keine andere Wahl.“
Sie wäre fast damit herausgeplatzt, dass
sie
keine Wahl hatte, nicht er, aber wegen der trotzigen Haltung seines Kinns hielt sie lieber den Mund und trank einen Schluck.
„Erzähl mir, wie du als junges Mädchen warst.“ Er bedeutete ihr, ihm den Weinschlauch zu reichen. „Ich schätze, du warst El sehr ähnlich – du mochtest es auch, allein zu sein.“
Anstatt ihm zu antworten, legte sie ein paar Äste ins Feuer nach. Schweigend sahen sie beide zu, wie die Zweige knackten und zu brennen anfingen.
„Brighid.“
Er wartete, bis sie seinen Blick auf ihn richtete.
„Du hast dafür gesorgt, dass ich mit dir rede, als ich nur in ein dunkles Loch krabbeln und meine Wunden lecken wollte. Du hast nicht zugelassen, dass ich mein Leben aufgebe.“
„Und nun ist es an dir, das Gleiche für mich zu tun?“
„Ich weiß nicht. Vielleicht. Im Moment fände ich es schön, wenn meine Frau in der Lage wäre, mit mir über ihre Kindheit zu sprechen.“
Frau …
Das Wort hing bedeutungsschwer in der Nachtluft. Brighid trank noch etwas Wein, hieß seine Wärme willkommen und die Fähigkeit, die Bänder zu lockern, in die sie ihre Vergangenheit so fest eingeschnürt hatte.
„Es ist schwer“, sagte sie zögernd. „Ich bin es nicht gewohnt, darüber zu reden.“
„Lass dir Zeit. Wir haben die ganze Nacht.“
Er schob sich das letzte Stück Brot mit Fleisch in den Mund und drehte den Sattel dann so, dass er als Rückenstütze hinter ihm lag. Gleichzeitig nutzte er die Bewegung, um etwas näher an sie heranzurutschen. Er machte es sich gemütlich und lehnte sich so zurück, dass er sie jederzeit berühren könnte, wenn er wollte.
„Es sind nur wir beide. Nicht einmal Fand ist da, um zuzuhören.“
„Oder nervtötend zu fiepen“, sagte sie.
„Wölfe fiepen nicht. Sie knurren.“
„Wie auch immer du es nennst, die Wölfin ist anstrengend.“
„Was einer der Gründe ist, weshalb ich sie auf der Burg gelassen habe. Und weil die Kinder sie mögen. Sie werden sie ablenken.“
„Ja, weil sie genauso nervtötend sind.“
Cuchulainn lachte. „Ich fange gar nicht erst an, das abzustreiten.“
Brighid lächelte; sein Lachen war ansteckend. „Genau wie die Wölfin hören sie nie auf, Laute von sich zu geben.“
Cu grinste und streckte sich aus. „Es hat durchaus Vorzüge, alleine unterwegs zu sein. Einer ist, dass die Ohren nicht konstant von den Stimmen der Jungen gequält werden – seien sie geflügelt oder behaart.“
Brighid seufzte und setzte erneut den Weinschlauch an. „In diesem Punkt bin ich vollkommen einer Meinung mit dir.“
Der Wein und Cuchulainns gute Laune taten ihre Wirkung. Sie fühlte sich nicht mehr so unsicher und nervös; sie war eher entspannt und ein wenig schläfrig. Also fing sie an zu reden.
„Du hast recht. Ich war sehr viel allein, als ich klein war, aber das lag nicht daran, dass ich eine Einzelgängerin war. Es war, weil es mir vorkam, als wollte jeder ständig etwas von mir. Es war schlicht einfacher, allein zu sein.“
„Jeder?“, hakte Cuchulainn nach, als sie nicht weitersprach. „Sogar dein Bruder und deine Schwester?“
„Wie Elphame bin ich die Erstgeborene. Niam war einige Jahre jünger. Wir standen uns nie sehr nahe. Bei ihr drehte sich alles um Luxus und darum, sich selbst im Spiegel und in glänzenden Oberflächen anzuschauen. Ich hingegen hatte nur im Kopf, wie ich meiner Mutter aus dem Weg gehen konnte.“ Sie runzelte die Stirn. „Ich habe nicht verstanden, dass das einfach Niams Weg war, das Gleiche zu tun.“
„War es mit deiner Mutter immer so?“, fragte er.
Sie seufzte. „Als ich sehr klein war und mein Vater noch lebte, war sie weniger kontrollierend und mehr …“ Sie suchte nach dem passenden Wort. „Sie war damals normaler. Nachdem er starb, schien es, als hätte die Kälte, die sie schon immer überschattete, komplett die Kontrolle übernommen.“
„Was ist mit deinem Bruder?“
„Bregon und ich standen uns vom Alter her näher, so wie du und El. Als Kinder waren wir einander sehr nahe, auch wenn es ihn verwirrte, dass ich keine Zeit mit Mutter verbringen wollte. Er hat sie angebetet. Im Gegenzug hat sie ihn ignoriert. Ich habe immer erwartet, dass er sich von
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