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Beseelt

Beseelt

Titel: Beseelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Cast
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wuchsen uralte Bäume, deren dicke Blätter im schwindenden Licht einen rauchig blaugrauen Farbton annahmen. Wie Cus Augen, dachte sie und hoffte, dass das ein gutes Omen war.
    Verdammt, war sie müde! Sie fühlte sich zittrig, und ihr war leicht schwindelig. Mit einem Mal verstand sie, wie Niam sich zu Tode laufen konnte. Sie näherte sich selbst langsam dem Ende ihrer Kräfte. Vielleicht sollten sie einfach auf der nächsten Lichtung ihr Lager aufschlagen und am Morgen einen Platz für die Suche nach Eponas Kelch auswählen – nachdem sie sich ausgeruht hatten.
    Der türkisblaue Stein, der zwischen ihren Brüsten baumelte, war unangenehm warm geworden, und der Falke musste seinen Ruf dreimal wiederholen, bis ihr erschöpfter Geist ihn überhaupt wahrnahm. Als sie endlich aufschaute, sah sie den Vogel in engen Schleifen über sich fliegen, ein ausdrucksstarker gold- und silberfarbener Strich am sich verdunkelnden Himmel. In dem Moment, in dem ihr Blick auf den Falken traf, hörte der auf zu kreisen und flog langsam in Richtung Süden, wobei er sich dicht oberhalb der Baumwipfel hielt.
    Komm …
    Brighids Haut kribbelte, als der tonlose Ruf durch ihren Geist hallte.
    „Cuchulainn, wir müssen weiter“, sagte sie.
    „Was ist los?“ Er gab der Stute einen Klaps und schwang sich müde in den Sattel seines zuverlässigen Wallachs.
    „Ich denke, ich weiß, wie wir unsere Lagerstatt finden.“
    Er sah ihren Blick und schaute aus zusammengekniffenen Augen in den Himmel. „Das ist nicht der Rabe deiner Mutter, oder?“
    „Nein“, sagte sie leise. „Das ist mein Falke.“
    Sie folgte dem Vogel, und Cuchulainn blieb dicht bei ihr. Sie hörte sein gedämpftes „Hmpf“ und musste gar nicht erst sein Gesicht sehen, um zu wissen, dass er die Stirn runzelte und in den Himmel schaute. Vermutlich sollte sie ihn daran erinnern, dass er sich besser an die Gegenwart der Spiritualität in ihrem Leben gewöhnte, aber sie war zu müde – außerdem empfand sie die meiste Zeit das gleiche Misstrauen wie er.
    Der Falke rief erneut und Brighid zügelte ihre abschweifenden Gedanken. Sie zwang sich, einen leichten Trab anzuschlagen, und hörte, wie der Wallach neben ihr schwer durch die Nüstern blies, als er versuchte, mit ihr Schritt zu halten. Sie musste sich vollkommen darauf konzentrieren, einen Huf vor den anderen zu setzen und dem silbernen Vogel zu folgen, der sie immer tiefer in die Blau Tors hineinführte. Sie folgten einem gewundenen Pfad, der sich über die dicht bewaldeten, sanft geschwungenen Hügel schlängelte. Der Falke flog weiter und weiter. Es schien ihm gleichgültig zu sein, dass er sie auf einer Route abseits der wenigen ausgetretenen Handelswege führte und dass es bald zu dunkel sein würde, um noch etwas zu sehen – selbst einen silbergoldenen Vogel.
    Brighid erklomm den nächsten Hügel und musste darum kämpfen, nicht das Gleichgewicht zu verlieren, als sie auf der anderen Seite einen erstaunlich steilen Abhang hinunterrutschte. Sobald sie die Talsohle erreichte, stand sie schwer atmend still, dankbar, dass sie trotz ihrer Erschöpfung nicht gestolpert war. In diesem Zustand wäre es leicht, sich ein Bein zu brechen – ein simpler Vorgang mit katastrophalen Konsequenzen.
    „Geht es dir gut?“ Cuchulainns Wallach tauchte stolpernd neben ihr auf. Sofort sprang der Krieger ab und prüfte die Beingelenke seines Pferdes.
    „Mir ist nichts passiert“, versicherte sie ihm und strich sich mit zittriger Hand übers Gesicht. Sie versuchte zu lachen. „Normalerweise würde ich sagen, der heutige Tag war wie ein Traum, aber in letzter Zeit bin ich wesentlich bessere Träume gewohnt.“
    Der Falke schrie nach ihr und sie schaute aus zusammengekniffenen Augen zu ihm hinauf. Überrascht sah sie, dass der Vogel nicht weit entfernt auf dem obersten Ast eines Baumes saß.
    Bald, Jägerin … werden wir uns erneut treffen
.
    Er stieß einen Schrei aus, erhob sich mit kräftigen Flügelschlägen in die warme Abendluft und schien mit dem Himmel zu verschmelzen.
    „Ist der Vogel gerade tatsächlich einfach verschwunden?“, fragte Cuchulainn.
    Brighid schaute nicht dem Falken hinterher, ihr Blick glitt über den Platz, an den er sie geführt hatte. Sie standen am Rande einer Lichtung, die hufeisenförmig an drei Seiten von einem Ring aus Hügeln umgeben war. Auf zittrigen Beinen ging sie auf den Bereich der Grasfläche, die nicht von den grünen, laubbedeckten Erhebungen umschlossen wurde. Sogar im dämmrigen,

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