Beseelt
normales Stück Wald – nur ein schmaler Pfad, der durch die dicht stehenden Bäume und Wildblumen führte, aber sie erkannte ihn. Hier hatte Brenna auf ihn gewartet und war von der verrückten Hybridin Fallon getötet worden. Vor zwei Monden hatte sie selbst den Suchtrupp von genau dieser Stelle aus angeführt. Sie war Fallon tief in den Wald gefolgt, bis die Spuren der Kreatur verschwunden waren, weil sie ihre Flügel benutzt hatte, um auf den Windströmungen zu gleiten. Wie sie dem verstörten Cuchulainn an dem Tag erklärt hatte, konnte eine Jägerin nichts verfolgen, das flog …
„Mein Freund, wir …“
„Nein!“ Er schnitt ihr das Wort ab. Er machte einen Satz zurück, sein entsetzter Gesichtsausdruck veränderte sich. Er zwang sich zu einem Lachen, das wegen seiner blutleeren Lippen eher wie eine Grimasse wirkte. „Das hier ist ein Fehler … Ich habe dich nicht in deinem Traum besucht … Ich bin in deinem Albtraum gefangen …“
„Cuchulainn!“ Brighid streckte eine Hand nach ihm aus, um ihn aufzuhalten, doch er zuckte zusammen und wich in den Wald zurück.
„Nein. Ich kann nicht. Es ist an der Zeit, aufzuwachen, Jägerin …“
Die Gestalt des Kriegers verschwamm mit den Schatten der Bäume.
„Jägerin …“
Brighid riss die Augen auf.
„Cuchulainn, warte!“ Sie streckte wieder die Hand nach ihm aus, und dieses Mal erwischte sie ihn.
Aus einem Instinkt heraus wirbelte er herum, zog den Wurfdolch aus seinem Gürtel und nahm mit einer fließenden Bewegung eine Verteidigungshaltung ein. Als er erkannte, was ihn angegriffen hatte, senkte er die Klinge.
„Bei der Göttin, Brighid! Fast hätte ich dich erstochen.“
„Tut mir leid.“ Sie war völlig orientierungslos. Was war passiert? Wo waren sie jetzt?
„Willst du mich nicht wieder loslassen?“
Sie schaute auf ihre Hand, die sich immer noch in das weiche Leder eines seiner Stiefel krallte.
„Brighid?“
Er hockte sich hin und linste zwischen den Zeltbahnen hindurch zu ihr. Sie machte große Augen, denn sie war vollkommen überrascht.
„Geht es dir nicht gut?“
„Wir sind bei den Hybriden, nicht weit von der Wachtburg entfernt?“ Sie sprach unnatürlich atemlos, als wäre sie gerade eine lange Strecke gelaufen. „Und wir sind wach?“
„Ja, natürlich. Was ist nur los mit dir?“
Sie ließ ihn los, rieb sich die Augen und strich sich die silberweiße Mähne zurück. „Ein Albtraum. Nur ein Albtraum. Du hast mich daraus geweckt, als du vorbeigegangen bist.“
Wie betäubt befreite sie sich von den dicken Pelzen und kroch aus dem kleinen Zelt. Sie schüttelte sich, als hätte sie nasses Fell, und schaute in den Himmel. „Du hättest mich eher wecken sollen. Der Mond ist schon über seinen Höhepunkt hinausgewandert.“
Cuchulainn warf ihr einen eindringlichen Blick zu, dann zuckte er mit den Schultern. „Ich war gerade auf dem Weg zu dir.“ Er schob sich an ihr vorbei und setzte sich ins Zelt, wo er seine schmutzigen Stiefel auszog. „Beim Feuer muss nachgelegt werden. Ansonsten ist alles ruhig und sicher.“
„Hast du mit Ciara gesprochen? Sind die Erwachsenen auf morgen vorbereitet?“
„Ciara und ich haben kurz geredet. Alles ist gut.“
Brighid versuchte, in der Dunkelheit im Zelt Cuchulainns Gesichtsausdruck zu erkennen. Seine Stimme verriet nichts von seinen Gefühlen. Er klang ziemlich müde, aber nicht interessierter an der Schamanin als an der Bedienung des Feuers.
Ein Teil seiner Seele hatte ihr jedoch klar gesagt, dass für ihn die Liebe zu Frauen und die Liebe zum Leben zusammenhingen. Mit diesem Wissen brauchte es keine schamanischen Fähigkeiten, um zu bemerken, dass es ein großer Schritt in Richtung Heilung wäre, wenn er Interesse an einer Frau zeigte – ob sie nun geflügelt war oder nicht.
„Also hast du mit Ciara gesprochen?“
Er grunzte zustimmend und war dann still.
Brighid verdrehte die Augen. „Und sie glaubt, ihr Volk ist bereit, nach Partholon einzureisen?“
Ein weiteres zustimmendes Knurren.
Die Jägerin stand vor dem Zelt und lauschte den Geräuschen, die Cuchulainn verursachte, der es sich unter den Fellen gemütlich machte. Sie sollte irgendetwas zu ihm sagen. Ihn ermutigen, öfter mit Ciara zu sprechen. Ihn wissen lassen …
„Brighid, was lungerst du da draußen herum?“
Sein barscher Ton ließ sie schuldbewusst zusammenzucken.
„Ich lungere nicht.“
„Was tust du dann?“ Er betonte jedes Wort so deutlich, als wäre sie eines der geflügelten
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