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Beseelt

Beseelt

Titel: Beseelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Cast
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jetzt herunterkommen und …“, fing sie an, schloss dann jedoch den Mund. Das war gar nicht so dumm. Er war da oben. Die Ziegen waren da oben. Sie würde garantiert nicht dort hinaufsteigen – selbst wenn sie durch die schmalen Spalten passen würden, könnte sie auf keinen Fall die glatten, steilen Wände erklimmen.
    „Ja! Ja!“ Der Junge hüpfte aufgeregt auf und ab. „Ich jage die Ziegen zu dir.“
    Brighid legte den Kopf auf die Seite und überlegte. „Meinst du, du findest sie?“
    „Ja! Ja!“ Er schaute zu ihr herunter und sagte in übertriebenem Flüsterton: „Wenn der Wind aus der richtigen Richtung kommt, höre ich sie. Ich habe ein wirklich, wirklich gutes Gehör. Ich kann sie auch riechen – sie riechen ziegig.“ Er fing wieder an, auf und ab zu hüpfen. Dann riss er sich mit sichtbarer Anstrengung zusammen. „Sie sind da hinten.“ Er zeigte nach vorn.
    Es wirkte vielleicht ein wenig verrückt, und es war definitiv eine unorthodoxe Weise, wilde Bergziegen zu jagen, aber es könnte funktionieren.
    „Na gut. Aber nur, wenn du mir versprichst, genau das zu tun, was ich dir sage.“
    „Ich versprech’s! Ich versprech’s!“ Seine Flügel breiteten sich aus, und er flatterte hüpfend und tanzend auf der Felskante herum.
    „Liam!“, sagte Brighid mit scharfer Stimme, und der Junge erstarrte. „Eine Jägerin lernt schnell, ihre Gefühle unter Kontrolle zu behalten. Vor allem mitten bei der Jagd.“ Natürlich war er weder eine Sie noch ein Zentaur oder eine Jägerin … Sie schüttelte den Kopf, mehr über sich als über den Jungen, der sie so eindringlich musterte. „Ich möchte, dass du Folgendes tust: Geh langsam und vorsichtig den Pfad entlang, den du gefunden hast. Lausche auf die Geräusche der Ziegen, und halte nach Anzeichen dafür Ausschau, dass sie den gleichen Weg gegangen sind.“
    „Ich werde vorsichtig und leise sein. Ich tue so, als wäre ich eine Jägerin.“ Seine Augen weiteten sich, er hob einen krallenbewehrten Fuß und schaute ihn nachdenklich an. „Und ich tue so, als hätte ich magische Hufe, die keinen Laut von sich geben, wenn ich gehe.“
    Brighid konnte sich ein Augenrollen gerade noch verkneifen. Der Junge dachte, er wäre ein Zentaur. Er hatte Flügel und Krallen, tat aber so, als hätte er Hufe. Noch dazu magische Hufe. Er litt eindeutig unter Wahnvorstellungen, das verhieß für seine zukünftige Entwicklung nichts Gutes. Oder? Je mehr Zeit sie mit den Kindern verbrachte, desto weniger verstand sie sie. Sie ergaben einfach keinen Sinn.
    „Tu einfach nur so, als wärst du leise. Du musst nur die Ziegen finden. Wenn du das getan hast, komm zu mir zurück – leise! Erst wenn ich dir sage, dass ich bereit bin, hörst du auf, so zu tun, als hättest du magische Hufe. Spring auf und ab, und rufe ganz laut. Aber bleib vom Abgrund weg, sonst sorgst du nur dafür, dass sie noch weiter die Berge hinaufsteigen.“
    Sie könnte es nicht mit ansehen, wenn der kleine Junge am Rand des Felsens herumkletterte, während um ihn herum Ziegen wild durcheinanderliefen. „Du musst von hinten an sie heranschleichen und dann schreien.“
    „Verstanden.“ Er nickte mehrmals. „Du willst, dass ich sie auf dich zutreibe.“
    „Ganz genau. Ich werde dir hier unten auf dem Pass langsam folgen. Wenn wir Glück haben, laufen die Ziegen vor dir davon und direkt auf mich zu.“ In der Theorie klang das wie ein guter Plan. Die Tiere würden definitiv vor dem schreienden, hüpfenden, mit den Flügeln flatternden Jungen weglaufen.
    „Und dann erlegst du uns eine fürs Abendessen!“, sagte er triumphierend.
    „Das hoffe ich.“
    „Wenn das passiert, bin ich dann dein offizieller Lehrling?“
    „Wir werden sehen“, wich Brighid einer Antwort aus. „Der Lehrling einer Jägerin zu werden ist eine umfangreiche Prozedur.“
    Liam kaute auf seiner Unterlippe. „Ich verstehe.“ Dann strahlte er. „Ich werde trotzdem mein Bestes geben. Du wirst schon sehen. Ich bin die perfekte Jägerin!“
    „Sein Bestes zu geben ist immer eine gute Entscheidung.“ Brighid fragte sich, woher sie diese ganzen belanglosen Sätze nahm.
    Seine Flügel flatterten unzentaurisch, als er davonlief, die Nase in den Wind gereckt.
    „Sei vorsichtig, und halt dich vom Abgrund fern!“, rief sie ihm hinterher.

17. KAPITEL
    W enigstens war der Junge ruhig, wenn man vom Geklimper der Steine absah, die seine eingebildeten magischen Hufe ab und zu lostraten. Brighid musste zugeben, dass Liam sich sehr leise auf dem

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