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Besessen

Besessen

Titel: Besessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Armintrout
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an uns vorbei und ging ans Ende der Couch, wo seine geöffnete Sporttasche lag. Er zog ein Paar Jeans und ein T-Shirt heraus und warf sie Cyrus zu. Mit einem verärgerten Blick in meine Richtung fügte er hinzu: „Ich gebe Nathan etwas zu essen.“
    „Lass bloß mein Mädchen in Ruhe“, murmelte Cyrus mit übertriebenem amerikanischen Akzent, als Max aus der Küche kam und den Gang hinuntermarschierte.
    „Lass du ihn in Ruhe. Ihm geht es gerade nicht besonders gut.“ Ich drehte mich weg, weil Cyrus das Handtuch fallen ließ. Er war zwar auch in der Wüste nackt gewesen, aber das fiel unter mildernde Umstände. Nicht bei jeder Gelegenheit, die sich bot, musste ich ihn so sehen.
    „Es geht ihm nicht besonders gut? Ist das so eine Art verdrehtes Motto, das bei euch allen auf dem Familienwappen steht?“ Seine Worte waren gedämpft, offenbar streifte er sich gerade das T-Shirt über den Kopf.
    Ich drehte mich um, als er sich gerade die Jeans über die Hüften zog. Die Hose war ihm am Bund mindestens zwei Zentimeter zu weit.
    „So selten wie ich von euch etwas zu essen bekomme, werde ich wohl nicht besonders viel zunehmen“, witzelte er.
    „Entschuldige. Du kannst dir alles nehmen, was du in der Küche findest.“ Falls es in der Küche noch etwas Essbares gab. Ich hatte noch nicht einmal nachgeschaut, seit ich wieder zu Hause war. Schon komisch, wie sehr jeder Aspekt meines Lebens von Essen dominiert war, als ich noch eine menschliche Frau gewesen war. Aß ich zu viel? Wie viele Kalorien hatte dieses Stück Pizza? Waren Eier diese Woche gut oder schlecht? Seit ich eine Vampirin war, hatte ich vollkommen vergessen, dass Menschen essen mussten.
    Wie gut manche Dinge schmeckten, hatte ich allerdings nicht vergessen. Nathan hatte immer einen großen Vorrat an Junkfood im Haus. Ich freute mich immer auf die Nächte, wenn das Zeug auszugehen drohte, weil wir dann oft zu dem Supermarkt fuhren, der Tag und Nacht geöffnet war, und Nachschub holten. Wir luden alles, was für die Menschenschlecht war, in den Einkaufswagen, von M&Ms bis zu Geburtstagstorten, schauten Videos und stopften dabei den Süßkram in uns rein, bis wir in ein Zuckerkoma fielen und einschliefen. Nathan stand auf Kriegsfilme und düstere Psychodramen, ich wählte immer romantische Komödien oder historische Filme mit aufwendigen Kostümen. Unweigerlich einigten wir uns nach langem Hin und Her immer auf eine Screwball-Comedy wie „Young Frankenstein“ oder „Half Baked“.
    „Er wird wieder in Ordnung kommen, mach dir keine Sorgen“, sagte Cyrus, und ich schreckte aus meinen Gedanken. Er verzog das Gesicht, als er sich einige Pommes frites in den Mund schob, um sich schließlich reichlich Salz über den Rest des Essens zu streuen. Mit einem entschuldigenden Lächeln fügte er hinzu: „Du hast diesen Blick.“
    „Was für einen Blick?“ Es war zu persönlich, zu früh, als dass er meine Gedanken an meinen Gesichtszügen ablesen konnte. Ich wollte nicht, dass er diese Macht hatte. Wenn Cyrus wusste, wie wichtig Nathan mir war, dann gab ihm das Munition, mit der er mich verletzen konnte. Theoretisch erkannte ich, dass er sich verändert hatte, aber in meiner Gefühlswelt war ich immer noch da, wo Cyrus, mein Schöpfer, mich nach seinem Willen manipuliert hatte.
    „Du hast so einen Blick, wenn du an ihn denkst. Früher hat es mich verrückt gemacht.“ Am Anfang hatte er noch gelächelt, doch dann erschien ein bedauernder Ausdruck in seinen ernsten Zügen. Als ob er immer noch meine Gedanken lesen könnte – vielleicht konnte er das ja –, fragte Cyrus leise: „Was wäre deine ‚Dunkle Nacht‘? Wenn du an Nathans Stelle wärst? Als mir klar wurde, was geschehen war, konnte ich nur noch daran denken. Was, wenn mein Vater diesen Zauberfluch mir auferlegt hätte?“
    „Meine Eltern?“ Ich lachte, weil ihr Tod so absurd menschlich war, verglichen mit der Hölle, durch die ich seither gegangen war. „Oder du. Ich weiß es nicht.“
    „Ich?“ Er klang nicht überrascht. „Wahrscheinlich, als ich dich verwandelt habe. Die Umstände waren nicht gerade ideal.“
    „Nein. Als ich dich getötet habe.“ Zu meiner Überraschung spürte ich, wie mir eine Träne über die Wange glitt, und ich wischte sie weg. Doch Cyrus hatte sie schon gesehen und kam zu mir.
    In seinem Gesicht zeigte sich eine Gefühlsregung, die Trauer hätte sein können, wenn in ihr nicht so viel Erleichterung gelegen hätte. „Ich habe gehört, was du heute Abend zu deinem

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