Besser schreiben für Dummies (German Edition)
hören sich ja so einiges an. Wenn selbst die von einem Thema verschont bleiben sollen, dann ist wahrlich nichts dran. Es ist schlicht nicht schreibwürdig. Die Redensart bezieht sich also auf eine Schmerzgrenze, die man nicht überschreitet. Sobald Sie merken, dass Sie ihr nahe kommen, bleiben Sie besser stehen und fragen: »Was genau habe ich eigentlich zu melden?«
Gehalts-Check
Was immer man einem anderen Menschen mitteilt, muss von irgendeinem Wert für ihn sein. Es muss etwas an sich haben, was groß genug ist, um einen Unterschied auszumachen. Vor dem Lesen muss anders sein als nach dem Lesen. Die Veränderung kann durchaus unterschiedlich ausfallen: Sie kann dem Leser einen konkreten Nutzen bringen, oder sie bereichert ihn um Wissen, das für ihn von Bedeutung ist, oder sie bewegt seine Gefühle. Die Mitteilung muss also einen Nutzwert haben, einen Wissenswert oder einen Gefühlswert.
Immer gut zu fragen:
Ist das, was ich sagen will, für den Leser nützlich?
Ist es für ihn wichtig?
Bewegt es seine Gefühle?
Der Nutzwert ist eindeutig und leicht zu erkennen. Der Wissenswert ist schon schwieriger zu erfassen. Es reicht nämlich nicht, lediglich etwas Neues zu verkünden; das Neue muss auch für den Leser von Belang sein. Diese Bedeutung, die Wichtigkeit gilt es einzuschätzen. Der Gefühlswert wiederum ist leicht zu erkennen, aber nicht immer leicht auszuspielen. Denn was den einen zum Lachen bringt, ist für den anderen geschmacklos. Was den einen vor Spannung fesselt, lässt den anderen weglaufen. Man muss die Sensibilitäten seines Gegenübers schon sehr genau kennen, um die richtigen Register zu ziehen.
Der Gefühlswert richtet sich zwar nicht an den Verstand; das heißt aber nicht, dass man ihn ohne Verstand einsetzen kann. Denn dann besteht die Gefahr, dass man Gefühle verletzt. Und verletzte Gefühle wirken bitter und nachhaltig.
Wenn Sie nun im Vorfeld oder auch beim Schreiben merken, dass der Gegenstand weder nützlich noch wichtig noch bewegend ist, dass er schlicht nichts hergibt, dann sollten Sie ihn aufgeben. Dann gibt es nichts zu schreiben.
Zum guten Schreiben gehört auch die Entscheidung, über Nichtigkeiten nicht zu schreiben.
Wahr
Die Wahrheit steht von zwei Seiten unter Beschuss. Mal wird sie mit Absicht verletzt, ein andermal mit Unwissen. Wenn solche Verletzungen sich in Texten niederschlagen, treffen die Folgen nicht nur den Leser, sondern immer auch den Autor. Er verliert seine Glaubwürdigkeit. Das sind zwei gute Gründe, die Wahrheit hochzuhalten — auch unter widrigen Umständen.
Nicht lügen
Ob man lügt oder nicht, ist eine moralische und damit eine persönliche Entscheidung. Anders ist das in dem Moment, in dem man gehalten ist, die Dinge anders darzustellen, als sie sind. Das kommt bei der Arbeit gar nicht so selten vor.
Nehmen Sie ein Beispiel: Der Chef lässt aus Lust und Laune ein teures Seminar sausen. Es werden Stornogebühren fällig, die Rechnungsprüfung meldet sich, die Assistentin soll die Sache erledigen. Sie hat drei Möglichkeiten:
Sie schreibt (wenn auch zurückhaltend), wie es war:
Herr Hedon hat aus persönlichen Gründen kurzfristig entschieden, nicht an dem Seminar teilzunehmen.
Sie lügt für ihren Chef:
Herr Hedon musste seine Teilnahme an dem Seminar kurzfristig absagen, da sich für den nächsten Tag ein wichtiger Kundentermin ergeben hatte. Den musste Herr Hedon persönlich wahrnehmen.
Sie lässt ihren Chef für sich sprechen:
Wegen der kurzfristigen Absage des Seminars habe ich mit Herrn Hedon gesprochen. Er sagte, im Laufe des Nachmittags habe sich ein wichtiger Kundentermin ergeben. Den habe er weder verschieben noch delegieren können. Also habe er im Sinne der Kundenpflege entschieden, den Termin wahrzunehmen und auf das Seminar zu verzichten. Eine gebührenfreie Stornierung war zu dem Zeitpunkt nicht mehr möglich.
Die erste Version, die Wahrheit, könnte den Chef gegenüber dem Controlling in Schwierigkeiten bringen und die Mitarbeiterin gegenüber dem Chef. Denn der erwartet Loyalität. Die zweite Version, die Lüge, schont den Chef, aber belastet die Mitarbeiterin. Die möchte nämlich weder das launenhafte Verhalten ihres Chefs unterstützen noch wegen Lügen in Verruf geraten. Die dritte Version, die Wiedergabe der Begründung des Chefs, ist in Anbetracht der Umstände die beste Lösung. Sie bringt zwar nicht die Wahrheit hervor, aber sie distanziert sich immerhin von der Unwahrheit. Für so etwas ist übrigens der
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