Besser schreiben für Dummies (German Edition)
Landtag hatten mehrere Jugendliche auf der Besuchertribüne lautstark für bessere Bildung demonstriert. Darauf fragte ein Abgeordneter per Pressemitteilung, wie die Störer in den Plenarsaal gekommen seien. Er verlangte Aufklärung, eine Stellungnahme und notfalls eine Sitzung des Ältestenrates. Die Aufklärung kam prompt und in einer bemerkenswert kurzen Pressemitteilung: »Ganz sicher durch die Tür, begleitet vom Besucherdienst.«
Lange Ausführungen verlaufen und verlieren sich; kurz Gesagtes trifft, sitzt und wirkt.
Relation
Für die Kategorie der Relation gibt es nur eine Anforderung: Ein Beitrag soll relevant sein. Doch das ist leichter gesagt als getan. Wie oft hören oder lesen Sie Beiträge, von denen Sie denken: »Das gehört doch überhaupt nicht hierhin.« Solche Beiträge tun nichts zur Sache, und sie sind dem Zweck nicht dienlich. Der Zweck ist die Richtschnur, mit der man die Relevanz ermittelt.
Den Zweck im Auge halten
Relevant ist, was dem Zweck dient. Doch leider ist der Zweck eine schlüpfrige Angelegenheit, die einem auch mal entgleitet. Das passiert in langen Texten, wenn man vom Hölzchen aufs Stöckchen kommt oder sich in einem Exkurs verirrt; es kommt aber auch in kurzen Texten vor. Lesen Sie als Beispiel Genesungswünsche an eine Kollegin:
Liebe Silvia,
Gott sei Dank hast du die Operation gut überstanden! Das ist schon mal der erste große Schritt. Wir hatten dir fest die Daumen gedrückt. Jetzt wünschen wir dir, dass du schnell wieder auf die Beine kommst. Lass dich ein bisschen verwöhnen, dann erholst du dich umso besser.
Um die Arbeit brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Es ist zwar viel Post liegen geblieben, doch so nach und nach arbeiten wir das ab. Nur bei einem Vorgang kommen wir absolut nicht weiter, da werden wir aus deinen Unterlagen nicht schlau. Na ja, das kriegen wir auch noch hin.
Deine Pflanzen geht es prächtig, aber sie vermissen dich. Genau wie wir. Wir wünschen dir eine rasche Genesung und alles Gute.
Deine Kollegen
Zweck der Genesungswünsche ist es, die Kollegin wissen lassen, dass man in der Krankheit an sie denkt. Sie ist einem eben nicht nur als Arbeitskraft wichtig, sondern als Mensch. Das geht aus dem ersten Abschnitt hervor. Dann kommt der zweite Abschnitt und redet von der nicht getanen Arbeit. Für die kranke Kollegin ist das ohne Nutzen, denn sie kann ja zurzeit ohnehin nichts tun. Mehr noch: Es ist von Schaden, denn sie kriegt die Sorgen schier ans Bett getragen. So wirkt Irrelevanz.
Aussagen, die den Zweck nicht unterstützen, sind im besten Fall ärgerlich, im schlimmsten Fall schädlich.
Ein Text, ein Zweck
Multitasking, das gleichzeitige Ausführen vieler Aufgaben, gilt als erstrebenswerte Kompetenz, und die wird zuweilen auch Texten abverlangt. Die sollen dann mehrere Zwecke auf einmal erfüllen. Das Problem ist: In der Regel funktioniert das nicht. Sehen Sie sich in einem Beispiel an, warum. Der Text ist ein Weihnachtsgruß:
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
auch wenn es in diesen Tagen noch einmal etwas hektischer wird, so steht doch deutlich spürbar Weihnachten vor der Tür. Wir alle werden uns ein paar Tage der Ruhe und Erholung gönnen, und dazu wünschen wir Ihnen den weihnachtlichen Frieden, der den Herzen so gut tut.
Das neue Jahr mit allen anstehenden Ereignissen wird sehr turbulent werden. Deshalb möchten wir Sie bereits jetzt auf den Termin unserer Jahrespressekonferenz hinweisen. Wir haben Montag, den 4. Mai 20xx, ins Auge gefasst und bitten Sie herzlich, den Termin schon jetzt zu notieren und den Abend nach Möglichkeit freizuhalten.
Wir wünschen Ihnen besinnliche Feiertage, einen guten Rutsch und für das neue Jahr beruflichen Erfolg und persönliches Wohlergehen.
Ihre Pressestelle
Man könnte denken, die Pressestelle verfüge hier über die letzte Briefmarke der Welt, dass sie es nötig hat, ihren Weihnachtsgruß mit einem Terminhinweis für den folgenden Mai zu verbinden. Die Verbindung ist erstens überflüssig, denn es muss sowieso noch einmal eingeladen werden. Der bloße Hinweis wird mit der Weihnachtspost untergehen. Die Verbindung ist zweitens kleinlich, denn sie gönnt dem Empfänger nicht die reine Weihnachtsfreude. Sie ist drittens unhöflich, denn sie mutet dem Empfänger eine Terminplanung zu, die kaum überschaubar ist. Besser wären zwei Schreiben, zu jedem Anlass eins. Dann würde jeder Anlass für sich registriert und gewürdigt.
Vorsicht, wenn Sie
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