Besser schreiben für Dummies (German Edition)
beim Schreiben.
Der Autor, der seinen Leser aufmerksam studiert, braucht nicht bei Null anzufangen; er kann auf Vorgaben aufbauen: auf den Kenntnissen und Haltungen, den Wünschen und Erwartungen des Lesers. Mit diesen Angaben kann er seinen Text auf den Leser ausrichten. Das ist beim Schreiben die halbe Miete, und die sollten Sie nicht verschenken.
Profi-Tipp
Der Schriftsteller Ernest Hemingway rät einem jungen Mann, der gerne schreiben möchte:
»Wenn Leute reden, dann hören Sie ganz hin, und denken Sie sich nicht aus, was sie [muss heißen: Sie] jetzt sagen würden. Die meisten Leute hören nicht zu. Sie passen auch nicht auf. Wenn Sie in ein Zimmer kommen und es nach einer Weile wieder verlassen, dann sollten Sie alles wissen, was Sie darin gesehen haben, und nicht nur das. Wenn Sie irgendein Gefühl hatten, als Sie in dem Zimmer waren, dann sollten Sie genau sagen können, was Ihnen dieses Gefühl eingab. Versuchen Sie das zu trainieren..« ( 49 Depeschen , Seite 134)
Wie es geht
Zuhören ist Geisteshaltung und sichtbares Verhalten zugleich. Die Geisteshaltung verlangt vor allem zwei Tugenden: Bescheidenheit und Geduld. Die Bescheidenheit sorgt dafür, dass man nicht alles im Voraus und besser weiß. Nur wer bei sich selbst Lücken sieht, hat den Drang, diese zu schließen. Wer alles zu wissen glaubt, hat keine Neugier mehr und verschließt sich der Welt.
Wenn man nun von anderen etwas wissen will, dann muss man ihnen auch die Zeit geben zu erzählen. Dazu gehört Geduld. Mit Geduld kann man zusehen, wie ein anderer ein Thema auf seine Weise entfaltet. Selbst wenn die eigene Weise zehnmal schneller wäre, so lässt doch die Geduld den anderen am Zug. Und nicht umsonst: Denn die Darstellung des anderen enthüllt wiederum Gedanken, auf die man von alleine gar nicht käme.
Zum sichtbaren Verhalten: Das Gegenüber möchte wissen, dass man ihm zuhört, also zeigt man es ihm. Man wendet sich dem anderen zu. Man sieht ihn an. Man signalisiert Verstehen, etwa durch Kopfnicken oder kurze Äußerungen. Man drängelt nicht, sondern lässt den anderen ausreden. Bei Unklarheiten fragt man nach. Man konzentriert sich ganz auf den anderen; er steht im Mittelpunkt.
»Ja, das ist bei mir genauso. Ich ... Ich ... Ich ....« Kennen Sie solche Verknüpfungen? Jemand hört gerade so lange zu, bis er die Gelegenheit für seinen eigenen Einsatz sieht. Und dann kommt seine Geschichte. Das ist kein Zuhören. Zuhören bedeutet, dass man dem anderen seine Geschichte lässt.
Bescheidenheit beschleunigt Aufstieg
Eine Studie der Universität Bonn belegt: Berufseinsteiger, die bescheiden und offen ans Werk gehen, steigen schneller auf als allzu selbstgefällige Kollegen. Die Bescheidenen haben es nämlich leichter, einen Mentor zu finden. Dieser Mentor unterstützt und fördert sie (natürlich nur bei erkennbar guter Leistung). Die Unterstützung zahlt sich in harten Fakten aus: im Einkommen und der hierarchischen Position; und sie bewirkt Zufriedenheit.
Fazit: Wer über die Bescheidenheit verfügt, sich etwas sagen zu lassen, steht besser da als jeder laute Selbstdarsteller.
Das haben Sie davon
Wenn Sie zuhören, erkennen Sie sehr viel – auch Unterschwelliges. Sie erfahren, worum es Ihrem Partner eigentlich geht, und können beim Schreiben darauf eingehen. Das gibt die besseren Texte. Die sind allerdings nur ein Vorteil; es gibt noch weitere.
Als guter Zuhörer erleben Sie die Welt intensiver. Denn Ihre Sinne stehen auf Empfang und Ihr Geist auf Neugier. Sie kriegen Feinheiten und Zwischentöne mit und genießen viel reichere Kompositionen als jemand, der immer nur seine eigene Stimme hört. Die ist – nichts für ungut – doch ziemlich eintönig; mit einem offenen Ohr für andere dagegen nehmen Sie Vielfalt wahr. Und die macht das Leben bunt und interessant.
Zuhören macht attraktiv. Das können Sie gut im Selbstversuch testen. Sie können auch die folgenden Situationen miteinander vergleichen: Sie kommen nach vierzehn Tagen Urlaub in die Firma zurück, und der Chef steht gleich mit dem nächsten Vorgang an Ihrem Schreibtisch. Er hat gar nicht mitbekommen, dass Sie Urlaub hatten, denn er sieht nicht zu und er hört nicht hin. Hauptsache, seine Vorgänge werden bearbeitet. Wie fühlen Sie sich? Und nun zum Vergleich ein anderer Chef: Der kommt nach dem Urlaub auf Sie zu und fragt, ob das Laminat liegt, passt und schwimmt. Sie hatten nämlich vor dem Urlaub erzählt, dass Sie den Fußboden erneuern wollen.
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