Besser so als anders
Lippen. In seinem Hochzeitssmoking sah er wie ein etwas gelangweilter James Bond aus.
Hannah rutschte auf ihrem Stuhl hin und her und sah zu Vicki hinüber, die ihr einen wissenden Blick zuwarf und grinste. Vickis Lächeln wärmte Hannah das Herz. Dann bemerkte sie, dass Joes Blick verwirrt zwischen ihnen hin und her wanderte. Offensichtlich hätte er zu gern gewusst, was die beiden Freundinnen gerade so lustig fanden. Armer Kerl, dachte Hannah.
Jimmy, der das Mikrofon so tief hielt, dass es sich fast in Hüfthöhe befand, hatte bereits seine Fliege gelockert und den obersten Knopf seines Smokinghemdes aufgeknöpft. Er lächelte mit geschlossenen Augen und schwankte leicht beschwipst. Bevor er den Mund aufmachen konnte, was unweigerlich tosenden Beifall hervorgerufen hätte, ganz egal, was er auch sagen wollte, wurde er von seinem Fanclub begrüßt, den jüngeren Männern aus der Fee-Familie, die an Vickis und Joes Tisch saßen. Fast einstimmig und mit tiefen Stimmen raunten sie: »The Fever is back!«
Einer der Fees, vermutlich der betrunkenste unter ihnen, rief laut: »Jimmy Fever!«
Hannah sah, wie Vicki und Joe grinsten, als ihre Tischgenossen zu johlen begannen. Alle anderen Gäste fingen ebenfalls an zu lachen. Selbst Bees Mutter Donna schien trotz der unhöflichen Unterbrechung hingerissen zu sein.
»Danke, Leute«, sagte Jimmy und hob sein Glas Champagner mit der linken Hand. »Ich will es kurz und schmerzlos machen, weil ich kaum glaube, dass irgendwer Lust auf noch mehr Gelaber hat.«
Dawn, die in einiger Entfernung immer noch zu sehen war, quittierte die Beleidigung mit finsterer Miene.
»An meinen kleinen Bruder und seine Frau, die wunderschöne Bee – mögen eure Aufs und Abs nur zwischen den Laken stattfinden!«
»Hört! Hört!«, schrie ein jüngerer Mann an Vickis Tisch. »Auf Jimmy Fever!«
Wildes Gelächter brach los, Bee begann zu klatschen. Hannah blickte erneut zu Tom, doch er sah jetzt nicht mehr in ihre Richtung. Er flüsterte seiner Freundin irgendwas ins Ohr. Sie lachte. Er legte seinen Arm um sie.
»Die Fees muss man einfach lieben«, verkündete Jackies Freund Will nun an Hannahs Tisch. »So eine nette Familie.« Hannah nickte, erhob sich und beschloss, schnurstracks zur Bar zu gehen und sich noch einen Drink zu bestellen. Sie spürte Furcht in sich aufsteigen und überlegte, dass das wohl nur von den Pillen in Kombination mit dem Antiallergikum, das sie am Morgen genommen hatte, und den drei Gläsern Wein kommen konnte, die sie seit der Trauung getrunken hatte. Und auch der Moment mit Tom hatte das Seine dazu beigetragen. Sie und Tom hatten also immer noch denselben Sinn für Humor. Sie sahen einander immer noch an, um über denselben Witz zu lachen. Und dennoch war er ihr fremd geworden. Er war mit einer anderen zusammen. Er hatte sich ein neues Leben aufgebaut, in dem sie nichts mehr verloren hatte.
»Noch einen Weißwein, bitte«, sagte Hannah und reichte ihr Glas dem Barkeeper, der es aus der erstbesten Flasche auffüllte. Sie drehte sich zu den Gästen um und blickte noch einmal zu Toms Tisch. Doch diesmal sah sie nur Toms Freundin, die mit einer von Hannahs Collegebekanntschaften plauderte, einem Typ namens Bill Cohen, mit dem Hannah seit ihrer Trennung von Tom nicht mehr gesprochen hatte. Hannah hatte Tom nach dem Aus gesagt, dass sie auf ihren gemeinsamen Freundeskreis in New York nicht verzichten würde – Vicki natürlich inbegriffen – und ihm den in New England überlasse, was im Grunde nur Bill Cohen einschloss, der Steuerberater in Manchester, New Hampshire war. Hannah hatte Bill nie wirklich nahegestanden.
Sie wandte sich wieder zum Barkeeper um, als plötzlich die Stimme des DJ s im Zelt erschallte. »Meine Damen und Herren, bitte setzen Sie sich nun und sehen Sie zur Tanzfläche, wo jetzt der traditionelle Vater-Tochter-Tanz stattfinden wird. Begrüßen Sie mit mir Mrs Bee Fee und ihren Vater Richard!«
Erschrocken zuckte Hannah zusammen und murmelte »BiFi«. Sie fragte sich, ob die Braut beim Klang ihres neuen Namens ebenfalls zusammengezuckt war.
»Hey.«
Die Stimme in ihrem Rücken überraschte Hannah so sehr, dass sie herumfuhr und beinahe den Wein über ihr Kleid gegossen hätte. Mit beiden Händen hielt sie das Glas fest und versuchte den Chardonnay davon abzuhalten, über den Rand zu schwappen. Sie blickte auf und sah Tom. Ihre Lippen fühlten sich spröde an. Sie antwortete nicht, sondern musterte ihn stattdessen, suchte nach Veränderungen in
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