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Bestialisch

Titel: Bestialisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.A. Kerley
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wunderbar?«, spottete Bullard. »Ryder erzählt seinen abgedrehten Freunden Polizeigeschichten. Vielleicht vor dem Einschlafen.«
    »Meinen Sie, er wird noch mal Kontakt zu Ihnen aufnehmen?«, fragte Folger.
    Ich hob die Hände. Keine Ahnung.
    »Dann möchte ich, dass Sie alle sich Gedanken darüber machen, wie wir diesen Wahnsinnigen wieder hinter Schloss und Riegel bringen. Ist Ihnen da vielleicht schon etwas eingefallen, Ryder? Immerhin ist es ja Ihr guter Kumpel, der da draußen frei herumläuft.«
    »Ich habe mir schon ein paar Gedanken gemacht.«
    »Er hat sich Gedanken gemacht«, flüsterte Bullard. »Na, dann können wir uns ja auf was gefasst machen.«
    Einer der Polizisten, der weiter hinten im Raum saß, schaute von seinem Notizblock hoch. »Statt diesen Ridgecliff hinter Schloss und Riegel zu bringen … Sollten wir der Welt nicht lieber einen Gefallen tun und ihn auf den Friedhof schicken?«
    Drei seiner Kollegen hoben die Hände und klatschten mit ihm ab. Ich konnte nachvollziehen, wie sie fühlten und dachten. Mir war es bei anderen flüchtigen Mördern keinen Deut anders gegangen. Das beunruhigte mich ziemlich, aber längst nicht so sehr wie der Gedanke, der mir als Nächstes durch den Kopf schoss:
    Wenn Jeremy stirbt, werde ich endlich frei sein.

Kapitel 10
    Harry Nautilus fuhr die lange Kieszufahrt zu Dr. Evangeline Prowse’ zweistöckigem Haus am Waldrand hoch. Im Vorgarten standen zwei alte Lebenseichen, deren lange Äste an erhobene Tentakel erinnerten, die die Lufttemperatur fühlten. Nautilus parkte auf der Zufahrt, schlenderte durch Licht- und Schatteninseln zum nächsten Baum, dessen Stamm einen Meter Durchmesser hatte, und legte die Hand auf die Rinde.
    Die Lebenseiche war vor dem Bürgerkrieg gepflanzt worden, und Nautilus fühlte sich immer ganz erhaben, wenn er solch ein betagtes Gehölz berührte. Er tätschelte den Baum, als wollte er ihm zu seinem Alter gratulieren, kehrte dann zu seinem Wagen zurück und lief zum Haus. Da Dr. Prowse nach seinem Wissen ganz gut verdiente – sie erhielt Tantiemen aus ihren Buchverkäufen, bekam ein gutes Gehalt von der Klinik und kassierte sporadisch auch Beratungshonorare –, fand er ihr Haus nahezu bescheiden. Er erklomm die Stufen, die zur überdachten Veranda hochführten, und wartete dort.
    Zwei Minuten später rollte ein graues, ungekennzeichnetes Fahrzeug mit knirschenden Reifen auf die Kieszufahrt. Kaum war der Wagen stehen geblieben, stiegen die beiden Insassen aus. Sergeant Nathaniel Allen von der Alabama State Police, ein eins dreiundachtzig großer Schwarzer, arbeitete in der Dienststelle von Western Montgomery. Als Allen neben Nautilus trat – er war fünf Zentimeter größer, aber dreißig Kilo leichter –, wirkte er wie eine Karotte neben einer dicken Süßkartoffel.
    »He, Nate, wie geht es?«, fragte Nautilus und musterte Allens blauen Zwirn.
    »Tag, Harry. Das ist Bill Turnbow, der beste Schlossknacker weit und breit.«
    Nautilus begrüßte Turnbow, den er auf Mitte sechzig schätzte, mit Handschlag. Der Mann vom Schlüsseldienst nahm einen Werkzeugkasten von der Rückbank, warf einen kurzen Blick auf die Tür, schüttelte verständnislos den Kopf und sagte: »Zwanzig Sekunden.«
    »Dann hat also noch keiner von eurer Truppe Dr. Prowse’ Haus betreten?«, fragte Nautilus Allen.
    »Da sich der Mord in New York ereignete, bestand dazu keine Veranlassung.« Allens Blick wanderte zu Turnbow hinüber, der gerade seinen Koffer öffnete. Dann nahm er Nautilus beiseite und fragte leise: »Wie ich hörte, ist ein Patient abhandengekommen?«
    Nautilus nickte. »Er ist in New York.«
    »Ist das sicher?«
    »Ganz sicher. Carson ist dort oben und hilft bei den Ermittlungen.«
    »Wir halten die Sache momentan noch unter Verschluss, weil wir vermeiden möchten, dass das ganze County ausflippt. Aber …« Er blickte Nautilus an und zog eine Augenbraue hoch.
    »Wenn der Bursche auch nur in Richtung Süden schaut, erfahrt ihr es als Erste, Nate.« Nautilus wechselte das Thema. »Du hast gesagt, jemand hätte hier die Polizei verständigt?«
    »Ist schon drei Wochen her. Ich habe länger gearbeitet und wollte gerade nach Hause gehen, als der Anruf kam.«
    »Fertig«, verkündete Turnbow und stieß die Tür mit dem kleinen Finger auf. »Achtzehn Sekunden.«
    Nautilus und Allen gingen zur Tür hinüber. »Sie sind gut«, lobte Nautilus den Mann vom Schlüsseldienst.
    »Das Schloss taugt nichts. Ganz miese Qualität, kostet allerdings eine

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