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Bestialisch

Titel: Bestialisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.A. Kerley
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Kabelnetzbetreiber, vom Autoversicherer und Kreditkartenabrechnungen. Eine Rechnung stammte von ihrem Internetprovider, eine andere listete die Betriebskosten für ein Haus in Gulf Shores auf, einer am Meer gelegenen Feriensiedlung im Osten der Mobile Bay. Da die Durchsicht der einzelnen Rechnungen zeitaufwendig war, packte er sie in eine Mappe, die er in seiner Aktentasche verstaute. Er hatte jeden Winkel im Haus inspiziert und weder ein Arbeitszimmer noch ein wie auch immer geartetes Sprechzimmer gefunden, das darauf hindeutete, dass Prowse hier Patienten empfing. Sehr merkwürdig, zumal mehrere Personen erwähnt hatten, Prowse hätte gelegentlich Privatpatienten betreut.
    Er seufzte leise. Nun blieb ihm nicht anderes übrig, als nach Gulf Shores zu fahren. Der Ort lag südwestlich von Mobile, und die Fahrt dorthin dauerte eine Stunde. Vielleicht stieß er dort auf etwas, was auf einen Privatpatienten hindeutete. Falls er es zeitlich irgendwie schaffte, würde er sich morgen dort umsehen.
    *
    Senhor Cesar Caldiera betrachtete sich im Spiegel eines Schneiderateliers in Chelsea. Hier wurden Maßanzüge gefertigt und teure Konfektionsware angeboten. Caldiera drehte sich mal in eine, dann in die andere Richtung und bewunderte den glatten dunklen Stoff aus allen Perspektiven. Plötzlich runzelte er die Stirn und klopfte auf seinen Bauch.
    »Die Hose kneift ein bisschen in der Taille. Aber wirklich nur ein bisschen.«
    Giuseppe Palmado, der Schneider, steckte einen Finger in den Hosenbund und prüfte den Sitz des Kleidungsstückes. »Kein Problem, Signor Caldiera. Ich brauche nur zehn Minuten und Nadel und Faden, und dann können Sie sich die nächsten zehn Jahre an diesem wunderbaren Anzug erfreuen.«
    Freudestrahlend trat Caldiera in die Umkleidekabine. Er konnte es kaum erwarten, mit dem schicken Anzug und dem roten Hemd durch die Straßen zu flanieren. Er hatte sich wahrlich eine stattliche Garderobe zusammengestellt.
    Palmado setzte sich mit der Hose an seinen Nähtisch und machte sich an die Arbeit.
    Caldiera zog seine Khakis an, warf einen Blick auf seine Uhr und trat ans Schaufenster. Gestern war sie genau’um diese Uhrzeit gekommen und eine halbe Stunde später wieder gegangen. Arbeitete sie hier? War sie ein Gewohnheitstier?
    Auf der anderen Straßenseite tat sich etwas. Caldiera beobachtete, wie eine dunkelhaarige Frau Anfang dreißig in einem blauen Joggingoutfit in seine Richtung rannte. Sie hatte ein ovales Gesicht und trug einen Rucksack, in dem wahrscheinlich ihre Straßenkleidung steckte. Caldiera warf einen Blick über die Schulter. Palmado saß ein gutes Stück weiter hinten an einem Tisch und nähte.
    In dem Moment veränderte sich Caldieras Miene. Binnen weniger Sekunden legte der Mann die falsche Fassade ab und gab sich als der zu erkennen, der er wirklich war: Jeremy Ridgecliff. Er holte tief Luft, betrachtete die Straße und genoss den Lärm und die Hektik. Wie anders sein Leben auf einmal war. Wenn er durch die Straßen schlenderte, hatte er das Gefühl, als wäre der raue Wind statisch aufgeladen, als spüre er eine Kraft, die gleichzeitig ganz real und doch sehr unwirklich war. Wohin er den Blick auch richtete, überall sah er Frauen. Manchmal musste er sich ganz schön beherrschen, um nicht vor lauter Freude laut aufzuschreien.
    Jeremy Ridgecliff beobachtete, wie Alice Folger am Eckbistro vorbeilief. Und obwohl die Entfernung zwischen ihnen an die dreißig Meter betrug, hörte er trotz des Verkehrslärms ihre Schritte, als sie auf ein hübsches Backsteinhaus mit dicht bepflanzten Blumenkästen vor den Fenstern zusteuerte. Vor der Eingangstür blieb Folger stehen, holte einen Schlüssel heraus und verschwand im Haus.
    Als hinter Ridgecliff die Holzdielen knarrten, verwandelte er sich in Cesar Caldiera zurück. Giuseppe Palmado hielt die Hose hoch und kam auf ihn zu.
    »Fertig, Signor Caldiera.«
    »Sehr schön«, meinte Caldiera, kehrte in die Umkleidekabine zurück und zog die Hose an. Eine Minute später kam er breit grinsend heraus.
    »Perfeito. Perfekt.«
    Palmado musterte seinen Kunden. Schwarze Haare, dunkle Augen, olivfarbener Teint. »Caldiera? Ist das nicht spanisch, Signor?«
    »Não. Meu nome è Portuguese.«
    »Tut mir leid. Portugiesisch, natürlich. Ich habe mich gefragt, ob der Name Caldiera nicht vielleicht von dem Wort Kessel kommt, denn auf Italienisch heißt er calderone.«
    Caldiera-Ridgecliff lächelte sich im Spiegel zu. Der Anzug saß ganz hervorragend. Wieder kostete es

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