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Bestialisch

Titel: Bestialisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.A. Kerley
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den Kram passte. Leise fluchend zielte er mit der Rechten auf meine Augen. Er hatte zwar Kraft, war jedoch ein bisschen langsam. Ich duckte mich, kroch zum Wagen, schnappte den Eimer, stülpte ihn ihm über den Kopf und riss so heftig am Griff des Eimers, dass Bullard wie eine Kanonenkugel gegen die Wand schlug.
    Bingo!
    Er prallte von der Wand ab, ging in die Knie und sah dabei wie ein betrunkener Eiskunstläufer aus, der eine Sitzpirouette ausführt. Ich vermutete, dass er Sternchen sah, als er mit dem Hintern auf dem Boden landete. Und das eine oder andere davon hatte mein Gesicht und zwinkerte ihm zu.
    Ich steckte die Hände in die Hosentaschen und ging weg. Als ich mich umdrehte, marschierte Bullard humpelnd in die andere Richtung, vielleicht zur Toilette oder zum Parkplatz. Ich glaube nicht, dass er Lust hatte, seinen Kollegen zu erklären, woher die dicke Beule auf seiner Stirn stammte.
    Nach meinem kleinen Zwischenfall mit Bullard spazierte ich ein paar Blocks die Straße hinunter bis zur nächsten U-Bahn-Station und fragte die Frau im Infohäuschen, wie ich zum Central Park kam und was für einen Fahrschein ich dafür brauchte. Kurze Zeit später kam ich an der Kreuzung Lexington Avenue und 59th Street aus dem Untergrund und steuerte bei Sonnenschein auf die im Zentrum der Stadt gelegene Oase zu, die nur noch ein paar Gehminuten entfernt war.
    Ein Kiosk verbreitete leckere Gerüche, die mir in die Nase stiegen. Ich kaufte eine Brezel, eine Cola und einen feurig gewürzten Hühnchenspieß. Mit dem Proviant setzte ich mich auf eine Bank unter einer Eiche, aß und versuchte mir auf diese merkwürdige Trennung von ich und er in Jeremys Akten einen Reim zu machen. Bedauerlicherweise konnte ich mich des Gefühls nicht erwehren, dass er sich in zwei eigenständig handelnde Wesen aufgespalten hatte.
    Eine etwa fünfundzwanzigjährige Frau torkelte an mir vorbei. Ihr Zahnfleisch war so stark zurückgegangen, dass ihr die Zähne ausgefallen waren, und ihr von schuppigen Stellen überzogenes Gesicht hatte die Textur von nassem Stoff – beides Folgen einer schweren Crystal-Abhängigkeit. Auf der anderen Seite des Parks ertönten laute Sirenen. In dem Moment fiel mir auf, dass ich nur ein paar Blocks von den Dakota-Apartments weg war, wo John Lennon gewohnt hatte, bis ihn ein Wahnsinniger vor seiner Haustür niederschoss.
    Mir war der Appetit vergangen. Ich trat die Spitze des Holzspießes auf dem Boden platt, damit sich ein potentieller Müllsammler nicht verletzte, und warf den Becher und den Spieß in den Mülleimer. Oben auf dem Müll lag eine Zeitung, die noch ganz passabel aussah. Ich zog sie heraus und schüttelte kalte Pommes frites ab. Als ich merkte, dass es sich dabei um den Watcher handelte, hätte ich sie beinah wieder in den Mülleimer gestopft, doch dann fiel mir wieder ein, dass das Schmierenblatt ausführlich über Verbrechen berichtete, und so schlug ich den Lokalteil auf.
    Die Überschrift sprang mir ins Auge.
    Frau in Harlem abgeschlachtet.
    Diesmal hatten sie kein Bild von mir und Waltz abgedruckt. Unter den fetten Buchstaben prangte ein Foto von Angela Bernal. Im Hintergrund konnte man einen verschwommenen Strand erkennen. Da ein heftiger Wind wehte, hielt sie die Haare zusammen, damit sie ihr nicht in die Augen fielen, und lächelte.
    Mir stockte der Atem. Mit klopfendem Herzen starrte ich das Foto an, fischte mein Handy heraus, warf zum Wählen einen Blick auf die Tasten und betrachtete dann wieder ihr Antlitz. Ich konnte es einfach nicht fassen.
    Hier ist Detective Sheldon Waltz, verkündete die aufgezeichnete Ansage, ich kann Ihren Anruf gerade nicht entgegennehmen. Hinterlassen Sie bitte Ihre …
    Ich wählte die Nummer meiner anderen Kontaktperson beim NYPD. Es läutete zweimal.
    »Lieutenant Folger.«
    »Wir haben ein Problem«, sagte ich und fühlte mich plötzlich krank, denn die Dinge hatten sich gerade zum Schlechteren gewendet.

KAPITEL 12
    »Das Opfer ist nicht Ridgecliffs Typ«, informierte ich Folger. »Das passt nicht.«
    Die ganze Mannschaft hatte sich in einem Besprechungszimmer versammelt, das mit einer Weißwandtafel, einem Vortragspult und einem Dutzend Klappstühlen bestückt war. Am Schwarzen Brett hingen Fotos von den Opfern und von Jeremy sowie der zeitliche Ablauf. Die Hälfte der Stühle war von Detectives belegt, die am Fall mitarbeiteten. Cargyle machte wie immer mehrere Dinge gleichzeitig: Er telefonierte und reparierte nebenher eins von seinen Handys. Bullard trug

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