Bestialisch
ist. Wenn mich nicht alles täuscht, taucht das Wort Hure oder Huren vierundzwanzigmal auf, das Wort Schlampe dreizehnmal und das Wort Miststück siebenmal. Ihr Schreiben deutet nicht gerade auf eine positive Lebenseinstellung hin, Mr Blankley.«
Blankley stopfte die Hände in die Hosentaschen, wich ein paar Schritte zurück und blieb mitten im Raum stehen. »Woher soll mein Optimismus denn kommen, wenn Männer rund um die Uhr attackiert werden.«
»Ist das so? Da habe ich womöglich etwas verpasst.«
»Die feministische Verschwörung will die Männer ihrer angestammten Rechte berauben. Obwohl wir körperlich und geistig überlegen sind, behandelt man uns wie Aussätzige, nur weil wir uns anscheinend politisch unkorrekt verhalten.«
»Interessant. Und, ähm, wie reagieren Sie auf diese Vorwürfe?«
Er zeigte mit dem Finger auf ein handgemaltes Logo über dem Computer, das entweder eine aufgespießte Artischocke oder eine erhobene Faust darstellte. Darunter stand: MEN UNITED!
»Wir bekämpfen alle konspirativen Elemente, deren Ziel es ist, Amerika zu feminisieren. Männer werden wie Sklaven behandelt, fertiggemacht, vernichtet. Diese hinterhältigen Feminisierungsbestrebungen sind überall deutlich zu spüren.«
»Wurden Sie feminisiert, Mr Blankley?«, fragte Waltz. »Ich kann mir da kein Urteil erlauben.«
»Nein, natürlich nicht. Sie haben es versucht, doch ich habe mich dagegen gewehrt. Sind Sie hier, weil ich Gebrauch vom ersten Verfassungszusatz gemacht und einen Brief geschrieben habe?«
»Wir überprüfen Drohungen, die die Konferenzteilnehmer erhalten. Und der Inhalt Ihres Briefes kommt meines Erachtens einer Drohung sehr nahe.«
»Ich bin doch derjenige, der terrorisiert wird. Mein Geschlecht. Meine mir von Gott verliehene Männlichkeit ist bedroht. Richten Sie Pelham und ihresgleichen aus, dass ich mein Schwert weglege, wenn sie mich endlich in Ruhe lassen.«
»Wie lange gibt es Ihre Organisation schon, Mr Blankley?«, fragte Waltz.
»Knapp fünf Monate. Unsere zehn Grundsätze der männlichen Geisteshaltung lauten wie folgt … Erstens: Wir bekämpfen die profeministische Agenda, wo immer wir mit ihr konfrontiert werden. Zweitens: Wir geben einen Newsletter heraus, in dem wir unsere Ansichten …«
Waltz hob die Hand, um Blankley Einhalt zu gebieten. »Haben Sie diese Organisation ins Leben gerufen?«
»Ja. Ich bin ihr Vorsitzender und Schatzmeister. Drittens: Wir …«
Während Blankleys Vortrag schwieg ich. Burschen wie ihm war ich schon früher begegnet. Die meisten hatte ein Schlüsselerlebnis oder eine Krise in passionierte Frauenhasser verwandelt, obwohl sie stets behaupteten, sie hätten nichts gegen Frauen im Allgemeinen, sondern nur gegen jene, die eine andere Anschauung vertraten. Und sie wiesen gern darauf hin, dass Frauen auch nicht frei von Hass waren – immerhin verabscheuten sie ja Männer.
Bla, bla, bla … mein Hass ist nur eine Reaktion auf ihren Hass.
Manche von diesen Schlüsselerlebnissen waren zugegebenermaßen kränkend und hart: Beispielsweise schlug sich das Gericht bei einem Sorgerechtsverfahren auf die Seite der Exfrau, beraubte den Vater aller Rechte oder beschnitt sie beträchtlich. Solch eine Erfahrung machte die Männer bitter, doch Ursache dieses Problems war das Justizsystem und nicht die Frauen. Selbstverständlich gab es Frauen, die Männer hassten, und manchmal auch nur, weil sie dringend einen Feind brauchten. Dies waren die weiblichen Blankleys, die in der Regel ein beklagenswertes Dasein fristeten.
Erfahrungsgemäß spielte sich das in den meisten Fällen so ab: Jemand scheiterte und suchte dafür einen Sündenbock. Bisweilen waren die Auslöser katastrophal, gelegentlich allerdings so unbedeutend, dass man sich fragte, inwieweit sie sich überhaupt negativ auf die Psyche auswirkten konnten. Doch tiefsitzende Ängste können die menschliche Seele so formen, dass die Betroffenen alles persönlich nehmen. Schlag mich, scheinen diese Menschen zu rufen. Schlug irgendwann jemand tatsächlich zu, jammerten sie in einem fort und versuchten, Mitleid zu erheischen. Und kaum begann die Wunde zu verheilen, pulten sie so lange daran herum, bis wieder Blut floss.
Ich fragte mich, ob Blankley auch solch ein Schlüsselerlebnis gehabt hatte, und falls ja, ob er infolgedessen straffällig geworden war, was mich nicht verwundert hätte. Vielleicht gelang es mir ja, in die Psycho-Trickkiste zu greifen und ihm sein Geheimnis zu entlocken.
Ich holte mein Handy aus
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