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Bestialisch

Titel: Bestialisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.A. Kerley
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schwimme ich und fahre Kajak.«
    »Sieh an. Das erklärt die Schultern.«
    Die Wohnung, die mich sehr an mein Zuhause erinnerte, war spärlich mit schlichten, in Schweden oder Dänemark entworfenen Möbeln eingerichtet. Folger hatte aber so viele Pflanzen, dass man unwillkürlich an einen Dschungel denken musste. Eine riesige Palme beanspruchte eine ganze Zimmerecke. Das Licht, das durch die Wohnzimmerfenster fiel, malte ein goldenes Parallelogramm auf die gebohnerten Holzdielen. Ich war ganz angetan von der anheimelnden Atmosphäre, die hier herrschte.
    »Sie haben ein schönes Heim, Lieutenant.«
    »Überrascht Sie das? Das Haus ist zwar klein, aber so ist das halt in Manhattan. Die obere Etage habe ich vermietet. Ich selbst bewohne nur die unteren Räume.«
    Ich warf einen Blick in den Flur und entdeckte drei Türen, von denen eine sicher zum Badezimmer gehörte. »Zwei Schlafzimmer? Super.«
    »Eins nutze ich als Arbeitszimmer oder – besser gesagt – als Hobbyraum.«
    Ich spähte aus dem Fenster, betrachtete die Bäume und Backsteinreihenhäuser auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Die meisten Fahrzeuge auf der Straße waren kostspielig: Saabs, Audis und BMWs.
    »Ich dachte immer, Manhattan wäre viel zu teuer, um …« Ich brach verlegen ab und verzog das Gesicht.
    Folger entledigte sich ihrer Schuhe und schob sie unter die lange blaue Couch. Ihre Tasche warf sie auf eine Theke zwischen dem Wohnzimmer und der Kochnische. »Hier zu leben? Für einen New Yorker Cop? Was denn nun? Los, raus mit der Sprache, Ryder.«
    »Sie haben mich erwischt. Genau das ist mir durch den Kopf gegangen.«
    Sie kam ans Fenster, stellte sich neben mich, legte die Hände auf den Sims und blickte nach draußen. Ihr Blick wurde wehmütig. »Stimmt, Wohnungen in Manhattan sind eigentlich unerschwinglich, vor allem in einem halbwegs anständigen Viertel, aber ich hatte einen Engel.«
    »Wie bitte?«
    Sie ging vom Fenster weg, setzte sich aufs Sofa und schlug die nackten Füße unter. Ich nahm auf einem Sessel Platz. Zwischen uns stand ein Tisch aus hellem Holz, auf dem ein Stapel National Geographies und mehrere Ausgaben einer Zeitschrift namens Weather lagen.
    »Vor sechs Jahren stand plötzlich ein Anwalt, ein alter, buckliger Jude, mit einer von diesen Aktentaschen, die an ein Akkordeon erinnern, vor der Tür des Rattenloches in Brooklyn, für das ich tausend Dollar Miete im Monat hinblätterte. Er tauchte einfach aus dem Nichts auf und stellte mir eine halbe Million Dollar in Aussicht. Einfach so.«
    »Kommt jetzt gleich die Pointe, Lieutenant?«
    »Nach der Arbeit können Sie mich ruhig Alice nennen. Und nein, das ist kein Witz. Einen Haken hatte die Sache allerdings. Dieser betagte Anwalt wies mich darauf hin, dass die Unterstützung an eine Bedingung geknüpft war. Ich durfte das Geld ausschließlich zur Verbesserung meiner Wohnsituation verwenden und nicht für ein Auto, Alpakapullis oder Diorfummel. Ich musste davon ein Haus kaufen und mich von ihm beraten lassen, damit ich auch keinen Fehler machte.«
    Meine Skepsis war nicht zu übersehen. »Sie wollen mich verkohlen, oder?«, fragte ich ungläubig.
    Sie lächelte versonnen, was sehr hübsch anzusehen und entwaffnend war. »Manchmal kann ich es selbst immer noch nicht glauben, aber es hat sich genau so zugetragen. Das Geld reichte für eine ordentliche Anzahlung auf dieses Haus. Außerdem bekomme ich Miete von Julie Chase, meiner Mieterin. Sie ist Bilanzbuchhalterin und macht sogar noch weniger Lärm als ich. Und nun besitze ich ein Eigenheim, das mich weniger kostet als mein altes Apartment, wo es in den Wasserrohren gurgelte und die Halbstarken auf der Feuertreppe Joints rauchten.«
    »Haben Sie eine Ahnung, von wem das Geld kommen könnte?«
    Sie schürzte die Lippen und dachte nach. Mir kam es so vor, als hätte sie sich über diese Frage schon häufiger den Kopf zerbrochen. »Nach vier Jahren als Streifenpolizistin war ich gerade zum Detective befördert worden. Ich habe alles getan, um die Schurken zu fassen und hinter Schloss und Riegel zu bringen. Vielleicht habe ich jemanden beeindruckt oder einem reichen Menschen geholfen. Vielleicht wollte mich die betreffende Person aus meinem Dreckloch holen, falls Sie mir meine Ausdrucksweise nachsehen.«
    Von solcher Freigiebigkeit hatte ich schon gehört, auch wenn die Leute die Polizei im Normalfall auf andere Weise unterstützten. Erfahrungsgemäß spendeten sie dem Revier oder einer bestimmten Einheit eine gewisse

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