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Bestialisch

Titel: Bestialisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.A. Kerley
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mit Ringen zugepflasterte Finger drückten Geralds magere Schulter. Die Berührung ließ ihn zusammenzucken. Gerald, der von einem halben Dutzend Cops angestarrt wurde, erweckte den Anschein, als hätte er sich Auge in Auge mit der spanischen Inquisition wohler gefühlt.
    »Gerald hat seine Medikamente genommen«, flötete Ms Weinglass, »und weilt nun wieder unter uns. Er hat versprochen, sie nicht mehr abzusetzen. Nicht wahr, mein Lieber?«
    Gerald schien sich da nicht so sicher zu sein. Eine beträchtliche Anzahl von Patienten, die unter Wahnvorstellungen und Halluzinationen leiden, meint, die Medikamente verwandelten sie in abgestumpfte Roboter und sie ziehen es vor, Stimmen zu hören und Farben zu sehen, die Töne von sich geben.
    Waltz trat näher an Gerald heran. »Wir glauben, wir haben eine Spur, die uns zu dem Mann führen könnte, Mr Orman. Würden Sie vielleicht ein Blick auf dieses Foto werfen? Sie erinnern sich doch an ihn, oder? An den Mann, der Sie dazu überredet hat, das Gold und Geld zu stehlen?«
    Orman kniff die Augen zusammen und blinzelte hektisch. Er erinnerte mich an eine Maus, die in der Falle saß.
    »Nicht … sehr gut. Es war dunkel. Und ich hatte Angst. Zuerst dachte ich, er will mich umbringen. Es war sehr Furcht einflößend.«
    »Armer Liebling«, ließ Ms Weinglass verlauten und klopfte ihm auf die Schulter. Er fuhr zusammen und verkroch sich noch tiefer im Sessel.
    Waltz nahm ein gefaltetes Foto aus seiner Jackentasche und strich es glatt. Alle rückten etwas näher. Waltz hielt Gerald das Foto vor die Nase.
    »Haben Sie diesen Mann schon mal gesehen?«, fragte Waltz.
    Gerald schloss die Augen und begann, am ganzen Leibe zu zittern.
    »Das würde ich dann mal als Zustimmung werten«, meinte Waltz.
    *
    Als wir aufs Revier zurückkehrten, war ich der Mann der Stunde. Selbst Bullard hielt die Klappe. Das ganze Ridgecliff-Team folgte mir in den Besprechungsraum. Der Tumult lockte auch Cargyle an, der einen Werkzeuggürtel trug, einen kaputten Monitor unter dem Arm hatte und telefonierte. Selbst zwei Hausmeister wurden auf uns aufmerksam, stellten sich breit grinsend in die Ecke und betrachteten das Schauspiel.
    Folger trat ans Rednerpult und klatschte in die Hände, um sich bemerkbar zu machen.
    »Leute, alle mal zuhören. Ich will, dass alle teuren Restaurants abgeklappert werden und Ridgecliffs Foto dort herumgezeigt wird. Haben Sie noch weitere Anregungen für uns, Ryder? Ihr Bauchgefühl ist gefragt.«
    »Ridgecliff hat dunkles Haar. Wahrscheinlich schwarz. Und ich würde auch wetten, dass er sich einen Schnauzbart zugelegt hat. Er wird sich ausgeben als … als …«
    Ich verließ mich nicht auf meinen Bauch, sondern auf die Erfahrungen, die ich im Zusammenleben mit meinem Bruder gesammelt hatte. Mein Bruder hasste seine hellblonden Haare, die er von unserem Vater geerbt hatte und die seiner Meinung nach auf Lethargie hindeuteten. Immer wieder hatte er betont, wie gern er seinen blonden Haarschopf gegen meinen dunkelbraunen eintauschen würde.
    Ich stellte mir meinen Bruder vor und erstarrte. Ich hörte alles, was er über die Jahre hinweg zum Besten gegeben hatte. Hörte, wie er ein paar Sätze in einer fremden Sprache von sich gab.
    »Aloiso ist ein guter Mann, Carson … um homem bom. Tem problemas, mas nós todos temos problemas.«
    Ich trat ans Fenster, schaute hinaus und sah doch nur die Filme, die in meinem Kopf liefen. Stumm addierte ich alles, was ich wusste, und verwarf alles, was nicht ins Bild passte. Ich merkte, wie mein Herz schneller schlug, sich Schweißperlen auf meiner Stirn bildeten.
    Alle wichen zurück und machten mir Platz, damit ich auf und ab schreiten konnte. Niemand wollte, dass der Bann brach. Im Kopf malte ich mir aus, wie mein Bruder jetzt aussah. Da er liquide war, konnte er sich Kontaktlinsen leisten und seine Augenfarbe ändern. Haarfärbemittel gab es für ein paar Dollar an jeder Ecke und Bräunungsstudios auch.
    »Los jetzt, Ryder«, rief Cluff. »Sagen Sie mal was!«
    Mir geisterten verschiedene Konterfeis durch den Kopf, die ich erst noch sortieren musste, doch einen Moment später kannte ich die Antwort, als hätte jemand sie mir gerade eben ins Ohr geflüstert.
    »Er gibt sich als portugiesischer Geschäftsmann aus«, verkündete ich.
    »Nie und nimmer«, meinte Bullard.
    »Einer der Patienten im Institut ist ein Mann namens Aloiso Silviera«, sagte ich. »Er und Ridgecliff waren Kumpel.«
    Aloiso Silviera war ein Vergewaltiger und Mörder

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