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Bestiarium

Bestiarium

Titel: Bestiarium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tobias
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Sie wurden früher für ihre Taten gefeiert. Aber derzeit gibt es nur noch mich und Lance. Und ein paar andere über ganz Europa verteilt.«
    »Über Europa?«
    »Ja. Aber sie sind alt. Haben sich zur Ruhe gesetzt. Und ich bin wohl kaum jemand, der sich als Kämpfer bezeichnen würde. Es fällt mir schon schwer genug, diese Treppe hinaufzusteigen, um ein lächerliches Telefongespräch zu führen. Lance ist da viel besser in Form. Aber er ist alleine und seiner Ausbildung nach ein Ökologe.«
    »Und ich bin auch nicht unbedingt jemand, den man militant nennen würde«, sagte Martin. »Es klingt, als brauchtest du eine Sicherheitstruppe oder so etwas wie eine private Armee, um dieses Anwesen zu verteidigen. Bittest du mich, dir beim Verkauf dieses Besitztums zu helfen, weil dir das alles über den Kopf wächst?«
    »Martin, du musst mir jetzt ganz genau zuhören. Die Oliviers würden und könnten diesen Besitz niemals verkaufen. Das Land gehört nicht uns, es ist nicht unser Eigentum. Wir sind hier nichts anderes als privilegierte Statthalter für die kurze Zeit, die wir hier sind. Es ist ein Privileg, das auch bedeutende Pflichten mit sich bringt. Und dieses Land ist wertvoller, als wir uns vorstellen können. Ich rede von kaufen, nicht von verkaufen.«
    »Aber das ist außerordentlich unklug. Du willst noch mehr Land kaufen? Wie willst du dich selbst finanziell schützen, wie den Besitz schützen, wenn du schon jetzt die Behörden von deinem Land fernhalten willst? Der Fortschritt an sich ist wahrscheinlich die größte Gefahr. Irgendwann wird jemand hier eindringen. Vielleicht wird ganz in der Nähe eine neue Schnellstraße angelegt. Eine Enteignung durch den französischen Staat ist keine schöne Sache. Hunderte anderer Möglichkeiten bieten sich an. Du kannst es nicht für immer geheim halten. Und welchen Sinn hätte es auch? Und wie steht es damit, diejenigen, die für den Tod meines Vaters, deines einzigen Bruders, verantwortlich sind, einer gerechten Strafe zuzuführen?«
    »Gerechte Strafe. Ja. Das ist genau das, wovon ich rede.«
    »Ich weiß nicht, was du meinst.«
    »Die Wilderer stellen die gesamte moderne Welt dar, und sie sind uns zahlenmäßig überlegen. Natürlich hat Edward die Zeichen falsch gedeutet. Ich übrigens auch, wie ich leider zugeben muss. Aber Lance hat es nicht getan. Er ist nur zu spät gekommen.«
    »Und sie haben bessere und mehr Waffen, würde ich noch hinzufügen.«
    »Das ist ein großes Problem. Und ganz offen gesagt weiß ich nicht, was wir dagegen tun können.«
    »Wovor versteckst du dich? Warum gehst du nicht zur Polizei? Welche andere Alternative bleibt dir?«
    James fühlte sich plötzlich müde, nachdem er die Last so viele Monate und Jahre getragen hatte, und wünschte sich nur noch, diese Last abzulegen und sich jemandem anzuvertrauen, von dem er hoffte, dass er einen Ausweg aus diesem Dilemma finden würde.
    »Es gibt da etwas, das wir tun können, das wir tun müssen«, begann James.
    »Und das wäre?«
    »Wir müssen das angrenzende Gebiet erwerben. Du kannst es natürlich nicht sehen, selbst wenn es nicht regnen würde. Es befindet sich da drüben, hinter den drei Bergzügen, und ist rund einhundert Quadratkilometer groß.« Er deutete in die ungefähre Richtung. »Ich mache mir nicht so viele Sorgen wegen eines Ausbrechens der Vogelgrippe oder wegen der globalen Erwärmung, obgleich ich mir wegen der Welt ganz allgemein große Sorgen mache. Die Tiere, die hier leben, haben das alles miterlebt, rein genetisch, meine ich, und im Laufe ihrer Evolution jede Immunität erworben. Es ist die moderne Zeit, die mir Angst macht. Und diese Schnellstraße, die du erwähnt hast, oder genauer, deren Möglichkeit du angesprochen hast, ist genau die Art von Entwicklung, die die Totenglocke läuten könnte. Schon jetzt sind furchtbare Entwicklungen im Gange. Ich meine die gesamte Entwicklung, um genau zu sein. Sie ist das Problem, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen. Das ist es, wovon ich rede.«
    Martin verstand sofort, was er meinte. Aber er hatte keine Ahnung, was sein Onkel zu tun gedachte, um sich darauf vorzubereiten.
    »Es muss ohne großes Aufsehen geschehen. Und es dürfen auf keinen Fall die Oliviers sein, die als Käufer in Erscheinung treten. Mag sein, dass ich so etwas wie ein Einsiedler bin, aber es gibt ein paar Leute, die mich und unseren Namen kennen, wie zum Beispiel der Bürgermeister des nächsten Ortes. Jeder Jäger und Bauer und Immobilienmakler in jeder

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