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Bestiarium

Bestiarium

Titel: Bestiarium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tobias
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Stadt und jedem Dorf von Macon bis nach Auxerre würde einen Grund finden, um dem Vorhaben zu widersprechen. Ich brauche nicht besonders zu betonen, dass die Franzosen leicht reizbar sind, vor allem wenn es um Landbesitz geht. Sie würden uns mit Fragen belästigen. Desgleichen die englischen Steuerbehörden. Dazu darf es nicht kommen. Es darf nicht an die Öffentlichkeit dringen. Es darf keine Diskussionen geben. Hier werden keine Besucher geduldet. Außer sie wurden ausdrücklich eingeladen. Der Kauf muss schnell, unauffällig und geheim erfolgen. Auf keinen Fall darf ein anderer Käufer die Gelegenheit erhalten, ein höheres Gebot abzugeben.«
    »Das alles ist machbar«, sagte Martin. »Aber wie viel Geld genau brauchst du?«
    »Ich gehe von einem Betrag aus, der sich im Bereich von einer Milliarde Euro bewegt.«
    »Du besitzt fünfunddreißigtausend Hektar Land und willst ernsthaft behaupten, das sei nicht genug? Wie willst du dieses Land pflegen? Das Herbstlaub zusammenkehren? Das Unkraut jäten? Die Pflanzen beschneiden? Du bist kein junger Mann, James. Diese Tiere ... na schön, sie sind selten, vielleicht die seltensten, die es gibt. Aber fünfunddreißigtausend Hektar, nun, das ist so viel wie ein Nationalpark.«
    »Ein Nationalpark ist ein bedeutungsloser Begriff, Martin. Bedeutungslos, wenn es um Schutz geht. Der Schutz, wissenschaftlicher Schutz, ist alles, und den haben wir nicht.«
    »Nun, wie viele Tiere leben hier?«
    »Ich weiß es nicht genau. Ehrlich gesagt habe ich nicht die geringste Ahnung.«
    »Das klingt aber nicht sehr wissenschaftlich, James.«
    »Nein. Ich glaube, du weißt längst, dass dein Vater und ich unsere ganz persönliche Meinung über die Rolle der Wissenschaft haben. Edward war ein eifriger Verfechter der nicht eingreifenden Forschung. Keine Tests. Keine Schäden. Kein Eindringen in den Lebensraum. Absolut minimalistisch. Die meisten Wissenschaftler halten das für keine zulässige Methode der Datenbeschaffung. Edward und ich waren da völlig anderer Meinung. Deshalb zogen wir uns zurück und tauchten unter. Wir haben nie etwas veröffentlicht. Welchen Sinn hätte es gehabt?«
    »Ich will mit dir nicht über die ethischen Grundsätze wissenschaftlicher Arbeit diskutieren. Das weißt du. Mein Vater wurde getötet, du hast die Polizei nicht benachrichtigt, was sicherlich ein Vergehen ist, und du hast all diese entsetzliche Angst aufgestaut, die jetzt meine Angst ist und mich zum Komplizen macht. Und jetzt erzählst du mir, sozusagen als Sahnehäubchen, dass du — wir — eine Milliarde Euro brauchst. Beleih das Land. Was würde es bringen? Zwanzig- oder vierzigtausend pro Hektar? Ein Winzer würde wahrscheinlich sogar noch mehr dafür bezahlen. Das wäre dann knapp eine Milliarde. Verkauf die verdammten Gemälde im Treppenhaus. Beleih diesen ganzen Bau.«
    James stand auf und ging mit schwerfälligen Schritten zur Treppe.
    Er wandte sich um und starrte seinen Neffen unglücklich an. »Martin, ruf deine Frau an.«
    »Offen gesagt wüsste ich in diesem Moment nicht, was ich ihr sagen sollte.«
    »Frag sie, ob sie schon mal den Namen Engelbert von Nassau gehört hat.«

 
    KAPITEL 27
     
    H ubert Mans jagte in waghalsigem Tempo über nasse, windige Straßen durch den Nebel nach Dijon, während Jean-Baptiste Simon neben ihm auf dem Beifahrersitz im Licht einer Taschenlampe eine Straßenkarte studierte.
    »Wie sieht es hier mit dem verdammten Mobilfunknetz aus?«, fragte Mans und vollführte einen weiten Schlenker in Richtung Kanal, während er versuchte, auf dem Display seines Mobiltelefons etwas zu erkennen.
    »Soll ich lieber fahren?«
    Simon gab die Nummer auf seinem kleinen Motorola RAZR mit dem orange leuchtenden Display ein. Er warf seinem Partner einen herablassenden Blick zu, den Hubert Mans als typische Reaktion eines echten Franzosen kannte.
    »Ja?«
    »Hallo, ist dort Pater Bruno? Hier ist Inspektor Jean Simon. Julia hat mir diese Nummer gegeben.«
    »Wie spät ist es?«
    »Die Uhrzeit tut mir leid, aber ich brauche Ihre Hilfe.«
    »Schon wieder eine Leiche.«
    Er fragte nicht, sondern äußerte eine Vermutung.
    »Ja. Aber ...«
    »Und weitere werden folgen.«
    »Diese hatte eine Nachricht an ihrem Körper.«
    »Wie lautet sie?«
    Jean-Baptiste Simon las von seinem Notizblock ab: »Itentur n rnum. Oder so ähnlich. Ich bin sicher, dass einige Buchstaben fehlen. Der Zettel ist nass geworden, und die Buchstaben sind zum Teil unleserlich. Ein weiteres unheimliches

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