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Bestiarium

Bestiarium

Titel: Bestiarium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tobias
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Dorf. Wie ein Telegramm.«
    »Meinen Sie, es gab eine Verbindung zwischen Antoinette und Maria von Burgund? Es sind schließlich unterschiedliche Jahrhunderte.«
    »Das weiß ich nicht«, seufzte Martin. »Keine Ahnung.«
    »Wohin wurde es verlagert?«, fragte Margaret.
    Luis tippte: »Provenance, Item 1292a?«
    Der Computer stockte. Ein rotierendes kleines Symbol erschien auf dem Bildschirm. Es rotierte weiter. Eine Minute, zwei Minuten.
    »Wir kommen nicht weiter.«
    »Klicken Sie auf Ende. Und versuchen Sie es noch mal«, drängte sie.
    Adornes tat es mit dem gleichen Ergebnis.
    »Irgendetwas muss sich an seiner Stelle befinden. Eine Kassette, könnte ich mir denken«, sagte er.
    Sie gingen zurück zu den Buchreihen. Adornes schloss den Schrank auf, wanderte mit dem Finger bis zum gesuchten Punkt, fand die mit roter Seide bezogene Kassette und zog den Band heraus. Eine goldene Mondsichel war auf dem Deckel eingraviert. Die Kassette war federleicht. Leer.
    »Alleine die Kassette ist sehr wertvoll«, stellte Adornes fest, nachdem er sie eingehend inspiziert hatte.
    »Das ist das Siegel des Ordens vom Goldenen Vlies«, fügte er hinzu und nahm eine Schwarzlichtlampe mit Okular von seinem Schreibtisch.
    »Das ist seltsam«, sagte er. »Sehen Sie das?«
    Margaret griff nach der Lupe und betrachtete die Goldfadenstickerei. »Da! Was ist das?«
    »Eine Zahl und einige Buchstaben.«
    »Neun-sieben-drei-eins-eins-zwei-q-zRwh.«
    »Ich kenne dieses System. Ein alter Kartenkatalog. Einer anderen Bibliothek. Prag. Nein, wh, natürlich, Wien?«
    Wie aus einem Mund stießen sie und Adornes hervor: »Wiener Hofburg.«
    Der Palast. Eine weitere lange Strecke ohne Schlaf. Martin begann allmählich zu begreifen, dass das Ganze wohl doch nicht so einfach würde.
    Margaret bedankte sich bei Luis Adornes, der noch immer nicht so richtig wusste, was diese beiden englischen Sonderlinge im Schilde führten, dann kehrten sie und ihr Mann in ihr Hotel zurück und riefen ihren Sohn an, um ihm mitzuteilen, dass ihre Rückkehr nach England sich noch um einige Tage verschieben würde. Anschließend zogen sie aus ihrem Hotelzimmer aus, bezahlten mit Margarets VISA-Karte - Martin hatte sich von der Paranoia seines Onkels in diesen Dingen anstecken lassen, wie er seiner Frau erklärte -, fuhren zum Bahnhof, stellten den BMW auf einem Dauerparkplatz ab und buchten ein Erster-Klasse-Abteil in einem Eilzug, der früh am nächsten Morgen in Wien eintreffen sollte.
    In dieser Nacht liebten Margaret und Martin sich leidenschaftlich auf einem der schmalen Betten in ihrem Abteil. Nach wer weiß wie vielen Monaten und Jahren kamen sie sich vor wie Anfänger, was ihr Vergnügen beträchtlich steigerte.
    Als sie um 6 Uhr 58 am nächsten Morgen den Bahnhof in Wien verließen, war kaum daran zu zweifeln, dass die globale Erwärmung sich auch schon in Teilen Europas bemerkbar machte. Die Temperatur betrug bereits dreiunddreißig Grad Celsius. In Deutschland und Griechenland wüteten verheerende Waldbrände.
    Sie nahmen sich ein Zimmer im Sacher. Um den Palast zu erreichen, brauchten sie nicht länger als zehn Minuten zu Fuß.
    »Das alles ist völlig logisch«, sagte Martin, während sie sich zu ihrem Zimmer begaben. »Zumindest laut James' Äußerungen, der wiederholt von Wien gesprochen hat. Andererseits glaube ich, dass wir die Spur verloren haben.«
    Sobald sie die Tür ihres Zimmers hinter sich geschlossen hatten, schaltete Margaret ihren Computer ein und begann nach möglichen Hinweisen auf den Verbleib der wohl wichtigsten Handschrift seit dem Alten und dem Neuen Testament zu suchen.
    »Okay ... nicht schwierig«, murmelte sie halblaut, sodass Martin sie hören konnte, und verschaffte sich Zugang zu einem elektronischen Katalog der Kaiserlichen Bibliothek des Hauses Habsburg. Margarets besondere Gaben - eine Intelligenz, die sich auf die verschiedensten Bereiche erstreckte, und ein immenses Wissen, das wahrscheinlich für ein halbes Dutzend Dissertationen ausgereicht hätte - halfen ihr dabei. Martin verfolgte bewundernd, in welchem atemberaubenden Tempo sie den Computer bediente. Ohne lange zu überlegen, ließ sie die Finger über die Tasten fliegen und gab zum Schluss einen elfstelligen Zahlencode ein.
    Ihr Apple durchsuchte die Datenspeicher, eine Sammlung von Zehntausenden Büchern, angefangen mit den Glanzlichtern der wertvollsten Handschriften des 15. und 16. Jahrhunderts, Gutenberg-Bibeln und dem reichhaltig illustrierten Theuerdank, der von

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