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Bestie Mensch: Tarnung - Lüge - Strategie (German Edition)

Bestie Mensch: Tarnung - Lüge - Strategie (German Edition)

Titel: Bestie Mensch: Tarnung - Lüge - Strategie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Müller
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des Wartens, aber vor allem durch das Wissen um all die Biografien von alten, gestrandeten, abgestürzten und daher auch lebenserfahrenen Menschen nicht verdorben und machte das, was man in solchen Situationen immer tun sollte. Ich machte mich noch kleiner und erinnerte mich an Konfuzius, der meinte: „Es gibt drei Möglichkeiten, Erfahrungen zu sammeln. Die edelste durch Nachdenken, die einfachste durch Zuhören und die bitterste, indem man sie selbst erleben muss.“ … für die Dauer von zwei Monaten …
    Ich trat meinen Dienst ordnungsgemäß beim Sicherheitsbüro in Wien an und fand genau das, was ich erhofft hatte: Berge von Akten, Tausende von Lichtbildern, geklärte und ungeklärte Fälle, Niederschriften und Einvernahmeprotokolle, Tatortskizzen, freundliche und weniger freundliche Kriminalbeamte, die mich teilweise belächelten und teilweise sehr intensiv unterstützten. Je mehr ich allerdings Tatortbilder studierte – Auffindungssituationen von erstickten Kleinkindern, geschändeten und erstochenen Frauen, erschlagenen Männern –, desto mehr Fragen taten sich auf und ich fand mich im Prinzip wieder in der Datenerhebungsphase von unbekannten Dingen, die ich nicht zuordnen konnte. Jetzt waren es die hochqualifizierten Kriminalisten, die daran zweifelten, dass es Parallelitäten im Verhalten gab. Es waren altgediente und honorige Spitzenkräfte der Kriminalpolizei, die mir mitteilten, dass jedes Verbrechen anders sei und dass vieles vom Zufall abhänge. Bei einem mehr als zögerlichen Versuch, meine Gedanken in einem internen Vortrag vor all diesen Spezialisten darzustellen, meinte einer: „Das Einzige, was mich interessiert, ist der Name und die Adresse des Täters. Auf alles andere kann ich verzichten.“ … für die Dauer von zwei Monaten …
    War das das Ende meiner Überlegungen? Wenn nicht nur Wissenschaftler, Psychologen, Psychiater und jetzt auch die Kriminalisten daran zweifelten, dass es möglich wäre, aus dem Verhalten einer unbekannten Person Ermittlungsansätze zu kreieren, also ein zusätzliches Hilfsmittel für jene darzustellen, die diese Person suchten, war es dann nicht besser, zurückzukehren, Streifendienst zu versehen oder eine psychologische Praxis zu eröffnen und mit einer Urschrei-Therapie zu beginnen?

16.

    Am 26.10.1988 wurde eine junge Frau nach einem Diskothekenbesuch in einem dicht besiedelten Wiener Bezirk erdrosselt und anschließend von ihrem Mörder gänzlich nackt zu einem kleinen Bäumchen geschleift und dort in sitzender Haltung mit ihren eigenen Bekleidungsgegenständen an einen Baum gebunden. Der Anblick war erniedrigend, degradierend. Sie wurde nach einer längeren Suchaktion vom Vater ihrer besten Freundin aufgefunden. In der Nähe ihres Schambereiches fanden sich Spermaspuren, deren Auswertung im Jahre 1988 die Aussage zuließ, dass der Täter eine bestimmte Blutgruppe haben musste. Todesursache war Erdrosseln und das Opfer wurde gerade 20 Jahre alt.
    Am 2.2.1989, etwas mehr als drei Monate später, wurde in der Nähe ein elfjähriges Mädchen im Dachgeschoss eines riesigen Gebäudekomplexes ebenfalls durch Erdrosseln umgebracht. Das Kind war von der Taille abwärts nackt, lag in einer degradierenden Art und Weise am Boden und das Drosselungswerkzeug umfasste einerseits den Hals des Opfers und war auf der anderen Seite an den Handlauf des Stiegengeländers angebunden. Es war mit seiner eigenen Hose umgebracht worden. Tage später wurde der Rucksack des Kindes ein paar Stockwerke tiefer im selben Gebäude in einem Lüftungsschacht versteckt aufgefunden. Es gab Fußspuren, einen Schuhabdruck auf der Haut des Opfers, aber keine biologischen Spuren. Hunderte Hinweise waren vorhanden, wann, wo, in welchem Bekleidungszustand das Kind das letzte Mal lebend gesehen worden war. Es gab konkrete Anhaltspunkte, dass mehrere Leute auch jene Örtlichkeit abgesucht hatten, an der das Kind später aufgefunden wurde. Trotzdem war es nicht möglich, den zeitlichen Ablauf zu rekonstruieren. Wenn man vom Dachgeschoss im zwölften Stock dieses Betonbaukomplexes, in dem Tausende Menschen wohnten, auf das Flachdach hinaustrat, konnte man, in eine bestimmte Richtung blickend, jenen Baum mit freiem Auge erkennen, an dem die 20-Jährige ein paar Monate vorher angebunden worden war.
    Am 22.12.1990, zwei Jahre später, wurde ein neunjähriges Kind im gleichen Wiener Bezirk in einem kleinen Waldstück erschlagen. Das Kind war vollständig bekleidet, lag in Bauchlage, war teilweise mit

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