Bestie Mensch: Tarnung - Lüge - Strategie (German Edition)
dass wir mehr verstehen wollen. Sagen wir ihm, dass wir von ihm etwas lernen könnten, wenn er über gewisse Dinge mit uns spricht. Versuchen wir zumindest für eine kurze Zeit in eine Erfahrungswelt vorzudringen, die wir mit Sicherheit noch nie betreten haben.
Müller: „Wir schreiben das Jahr 2003. Sie und ich, wir sitzen jetzt hier und haben vor, ein gutes Gespräch zu führen, indem wir ein paar Informationen austauschen. Sie können Fragen stellen, ich kann Fragen stellen. Ich betrachte es als ein gutes Gespräch zwischen ‚Experten‘. Sie haben ein Wissen in einem Bereich, das wir nicht haben, und wir sind daran interessiert, Informationen zu erhalten, weil es immer wiederkehrend um die Fragestellung geht: ‚Wie kann man gewisse Dinge betrachten, verstehen?‘, um darauf aufbauend etwas zu tun. Meine Information ist, dass Sie im Laufe Ihres Lebens das eine oder andere Mal in Situationen gekommen sind, wo Sie Handlungen gesetzt haben, die außergewöhnlich waren, und der Sinn dieses Gespräches soll sein, etwas über die Abläufe, aber auch über die Vorgeschichte zu erfahren, weil wir davon ausgehen, dass es immer einen Unterschied zwischen Ursache und Wirkung gibt, und wir sollten beide versuchen, diesen Umstand herauszuarbeiten. Dieser Umstand wäre von großem Nutzen. Einverstanden?“
Marc*: „Ja.“
Müller: „Was war das Früheste, an das Sie sich erinnern können?“
Marc: „Das Früheste, an das ich mich erinnern kann, ist, dass ich als kleiner Bub Löcher im Garten gegraben habe.“
Müller: „Sie haben Löcher im Garten gegraben?“
Marc: „Ja.“
Müller: „Wie viele Geschwister hatten Sie?“
Marc: „Vier, und ich bin der Jüngste.“
Müller: „Sie erinnern sich, dass Sie Löcher im Garten gegraben haben. Haben Sie das mit Ihren Geschwistern gemeinsam gemacht oder war das eher eine Beschäftigung für Sie?“
Marc: „Ich war alleine.“
Müller: „Wenn Sie heute zurückdenken, würden Sie sagen, dass diese Beschäftigung für Sie eine Bedeutung hatte, oder war es lediglich Zeitvertreib?“
Marc: „Es muss einen tieferen Sinn gehabt haben.“
Müller: „Wissen Sie, welchen?“
Marc: „Nein.“
Müller: „Wie oft haben Sie das gemacht?“
Marc: „Drei-, viermal die Woche.“
Müller: „Woran können Sie sich noch erinnern?“
Marc: „An den Kindergarten am meisten, weil ich mich da immer gewehrt habe.“
Müller: „Hat es einen Grund dafür gegeben?“
Marc: „Ich weiß es nicht.“
Müller: „Wissen Sie das aus Erzählungen oder erinnern Sie sich selbst daran?“
Marc: „Ich erinnere mich daran, dass ich mich mit Händen und Füßen gewehrt habe, aber es nützte nichts, ich musste trotzdem gehen.“
Müller: „Wenn Sie jetzt zurückdenken an die Kindergartenzeit, an die Schulzeit, wann würden Sie sagen, dass Sie das erste Mal das Gefühl gehabt haben, dass Sie alleine waren, dass Sie sich einsam fühlten?“
Marc: „Relativ früh.“
Müller: „Lässt sich das zeitlich eingrenzen?“
Marc: „Sagen wir einmal ab acht Jahren.“
Müller: „Wie sind Sie denn damit umgegangen?“
Marc: „Na, ich habe mich selbst beschäftigt.“
Müller: „Wann haben Sie Ihre erste Straftat begangen?“
Marc: „Ich bin 1972 geboren, meine erste Straftat war 1991.“
Müller: „Und was ist da passiert?“
Marc: „Da habe ich eine Joggerin überfallen. Ich bin auf einer Art Wanderweg gewesen, da hat mich eine Joggerin überholt. Ich habe sie dann von hinten angegriffen, habe ihr einen Schal um den Hals gelegt und habe sie zu Boden gedrückt. Ich habe auf sie eingeschlagen, mit der Faust. Der Schal stammte von mir. Ich hatte noch einen anderen Gegenstand, mit einer Breite von etwa zehn Zentimeter bei mir. Ich hatte das zufällig in der Tasche. Damit habe ich dann auf die Frau eingestochen. Die Frau hat mich dann angefleht, dass ich sie laufen lassen solle, was ich dann auch tun wollte. Das war ehrlich gemeint.“
Müller: „Was war es dann, was Sie davon abgebracht hat?“
Marc: „Ich bin mir sicher, das war eine Reaktion von mir.“
Müller: „Ihre eigene Reaktion. Hätte aus Ihrer Sicht diese Frau irgendetwas tun können, um Sie davon abzubringen, ihr weiter Schaden zuzufügen?
Marc: „Da bin ich mir sicher.“
Müller: „Können Sie auch angeben, was?“
Marc: „Nein, das hätte sich einfach ergeben müssen.“
Müller: „Wenn Sie jetzt versuchen, sich in die Zeit zurückzuversetzen, wie Sie da beim Wald stehen, wie Sie sehen, dass die
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