Bestien
ein splitterndes Krachen und die Schlafzimmertür
flog auf. Chuck, gefolgt von zwei Wärtern, platzte herein,
starrte sie einen Moment mit schmerzlichem Ausdruck an, und
kam herüber, während sie sprachlos stand und ihn beobachtete,
nahm ihr den Hörer aus der Hand und legte auf.
»Es wird alles gut werden, Liebling«, sagte er, legte die
Arme um sie und hielt sie behutsam, als er den beiden Männern
zunickte. Während einer hinausging, kam der andere heran und
stieß ihr eine Injektionsnadel in die Schulter.
Zu bestürzt, um auch nur zu protestieren, begann Charlotte
still zu schluchzen, als die rasche Wirkung der Droge einsetzte.
Einen Augenblick später kam der zweite Wärter mit einer
zusammenklappbaren Tragbahre zurück.
Charlotte war bereits ohne Bewußtsein, als sie sie auf die
Bahre legten.
Sharon sah einfältig den Hörer an, der in ihrer Hand erstorben
war, als verstünde sie nicht, was geschehen war. Einen
Augenblick später aber war ihr Entschluß gefaßt, und sie
durchblätterte das dünne Telefonverzeichnis von Silverdale, bis
sie die Anschrift der LaConners fand, dann fuhr sie in ihre
Jacke und lief aus dem Haus. Schon bald außer Atem,
verwünschte sie den Umstand, daß sie und Blake entschieden
hatten, den abgenutzten Subaru, den er in San Marcos für die
Fahrten zur Arbeit benutzt hatte, nicht zu ersetzen. Gerade jetzt
schien es auf jede Minute anzukommen. Das Krachen wie von
einer gewaltsam aufgebrochenen Tür, das sie am Telefon
gehört hatte, klang ihr jetzt noch in den Ohren. Und Charlottes
Stimme hatte auch so verängstigt geklungen, so entsetzt.
Sie trabte im Dauerlauf durch die scharfe Gebirgsluft, ohne
etwas von der beißenden Kälte zu spüren. An der Ecke
Colorado Street machte sie halt und war im Begriff, sie zu
überqueren, als ein Krankenwagen mit eingeschaltetem
Blinklicht aber ohne Sirenenton in schnellem Tempo die
Kreuzung passierte. Er bog nach links und verschwand um eine
Kurve. Sie fluchte in sich hinein. Sicherlich war Charlotte in
dem Wagen, und wenn sie ein Fahrzeug zur Verfügung hätte,
könnte sie ihm folgen. Aber jetzt blieb ihr nichts zu tun, und sie
überquerte die Straße und trottete langsamer als zuvor weiter
zur Pueblo Avenue und dem Haus der LaConners.
Von außen unterschied es sich nicht von den anderen
Häusern der Nachbarschaft. Vom Bürgersteig ein gutes Stück
zurückgesetzt, war es beinahe eine genaue Kopie des Tannerschen Hauses. Dennoch war etwas an ihm – ein schlechtes
Fluidum –, das Sharon Unbehagen verursachte. Sie warf einen
Blick auf den Wagen, der in der Zufahrt stand, dann lief sie die
Eingangsstufen hinauf und drückte den Klingelknopf. Alles
blieb still. Nach kurzer Pause läutete sie wieder, dann drückte
sie auf die Klinke und fand die Tür unverschlossen. Mit
Herzklopfen öffnete sie die Tür und beugte sich hinein.
»Charlotte?« rief sie mit halblauter Stimme. »Charlotte, hier
ist Sharon Tanner. Sind Sie da?«
Noch immer keine Antwort. Sharon trat über die Schwelle
und schloß die Tür hinter sich. Sie hörte eine Bewegung im
Obergeschoß, und einen Augenblick später erschien Chuck
LaConner am oberen Treppenabsatz, einen Koffer in der Hand.
Er erschrak, als er sie sah.
»Sharon Tanner«, sagte er, und ein verschlossener Ausdruck
kam in seine Augen. »Sie waren es, mit der Charlotte am
Telefon sprach, nicht wahr?«
Sharon nickte. »Was ist mir ihr geschehen? Ist sie hier?« Ihr
Blick ging zum Koffer.
Chuck hielt ihn in die Höhe, als diene er zum Beweis für
etwas. »Ich fürchte, ich muß mich beeilen«, sagte er und kam
die Treppe herab.
»Wo ist sie?« fragte Sharon. »Was geht vor?«
Chuck LaConner schwieg einen Moment, dann ließ er die
Schultern hängen und setzte sich seufzend auf die Treppe, noch
immer auf halben Weg zum Obergeschoß. »Warum sollte ich
es Ihnen verschweigen?« sagte er endlich mit hohler Stimme.
»Ich – also ich mußte Charlotte in eine Anstalt bringen lassen.«
Sharon sog den Atem so scharf ein, daß es wie ein Keuchen
klang, aber Chuck zuckte nur mit der Schulter. »Ich hatte keine
andere Wahl«, sagte er. »Sie sahen selbst, wie sie am Samstag
war, und seitdem hat es sich nur verschlimmert. Heute früh
schien es ihr ein bißchen besser zu gehen, und ich ging zur
Arbeit. Und dann, vor ungefähr einer Stunde rief sie mich an
und erhob alle möglichen abenteuerlichen Beschuldigungen,
behauptete, das Telefon sei angezapft, und Leute beobachteten
das Haus.« Er schüttelte traurig den Kopf.
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