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Bestien

Bestien

Titel: Bestien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Seine Finger, zitternd vor Wut, krallten sich in
die Kehle des Hundes. Chivas, jetzt ein Stück über dem Boden
gehalten, zappelte heftig, um sich vom Zugriff seines Herrn zu
befreien.
»Mama!« rief Kelly. »Mama, was tut er? Sag ihm, er soll
aufhören!«
Aber Sharon konnte nichts tun. Es war, als hätten ihre Füße
im Boden Wurzeln geschlagen. Trotzdem streckte sie die Hand
nach Mark aus. »Hör auf!« rief sie. »Um Gottes willen, Mark –
du bringst ihn um!«
Marks Finger waren um die Hundekehle verkrampft, und
nur wie von fern hörte er eine Stimme rufen, er solle aufhören.
Aber seine ganze Konzentration war jetzt auf den Hund fixiert.
Er fühlte ihn in seiner Umklammerung zappeln, fühlte die
Vorderpfoten schwächlich an seiner Brust scharren. Dann, als
er seinen Druck nicht lockerte, hörte das Scharren auf, und er
spürte nur noch ein paar ersterbende Zuckungen im Körper des
Hundes.
Dann nichts mehr.
Seine Sicht begann sich aufzuklären. Plötzlich starrte er in
Chivas’ Gesicht. Die Augen des Hundes, aus den Höhlen
getreten, schienen ihn anzustarren, die Zunge hing schlaff aus
dem offenen Maul.
»Ch-Chivas?« stammelte er. Sein Blick verließ den Hund
und ging zur Mutter, die ihn aus aschfahlem Gesicht anstarrte,
zu Tode erschrocken.
Im Winkel bei der Hintertür kauerte Kelly am Boden und
weinte.
Mark starrte wieder den leblosen Körper an, den er noch
immer in den Händen hielt. Die Kraft entwich seinen Fingern,
und Chivas glitt zu Boden und blieb ausgestreckt liegen,
beinahe als schliefe er nur.
»Ich – es tut mir leid«, winselte er. »Ich wollte es nicht!« Er
wandte sich ab, unfähig, seiner Mutter oder seiner Schwester
ins Gesicht zu sehen, tappte unsicher aus der Küche und die
Treppe hinauf zu seinem Zimmer. Er warf die Tür hinter sich
zu, stand dann still, mit dem Rücken an die geschlossene Tür
gelehnt, und hörte seinen Atem in rauhen, würgenden Stößen
gehen.
Es war nicht möglich – er konnte Chivas nicht umgebracht
haben. Er konnte es nicht getan haben!
Aber er wußte, daß er es getan hatte.
Der Hund hatte ihn angegriffen, also hatte er ihn getötet.
Aber das stimmte auch nicht, nicht ganz. Chivas hatte nur
versucht, seine Mutter zu beschützen.
Seine Mutter! Er erinnerte sich jetzt der blinden Wut, die in
ihm aufgestiegen war, ihn überwältigt und getrieben hatte, die
Faust gegen sie zu erheben, sie ihr ins Gesicht zu schmettern.
Seiner Mutter!
Es war nicht möglich.
Ein Schluchzen unterdrückend, stolperte er zu seinem Bett,
hielt aber inne, als er sich im Spiegel der Kleiderschranktür
sah.
Sein Haar klebte schweißnaß an der Kopfhaut und
umrahmte ein Gesicht, das er kaum wiedererkannte.
Seine Augen schienen in ihre Höhlen zurückgesunken zu
sein, spähten argwöhnisch unter den dicken Wülsten seiner
Brauen hervor.
Sein Unterkiefer schien verdickt und plump, die Lippen
waren etwas verzogen und gaben ihm ein verdrießliches
Aussehen.
»Nein …«, wimmerte er leise. »Das bin nicht ich. Das kann
ich nicht sein.«
Und unvermittelt kam wieder die Wut über ihn. Er schlug
die geballte Faust mit aller Kraft in den Spiegel, der
zersplitterte. Vom Aufschlagpunkt schossen lange, gezackte
Sprünge in allen Richtungen durch das Glas, Scherben klirrten
zu Boden. »Nein«, schluchzte er wieder. Er wankte zurück,
unfähig, seinen Blick von dem verzerrten Ebenbild im
zerbrochenen Spiegel zu wenden. Aber schließlich sprang er
zum Bett, riß das Bettzeug auseinander, packte die dicke
Bettdecke mit beiden Händen und fetzte ein Viertel ihrer Länge
auf, bevor er sie beiseite warf. Seine Augen, glitzernd vor Wut,
blickten im Raum umher, suchten nach anderen Dingen, die er
zerstören konnte.
Als er eine halbe Stunde später verausgabt aufs Bett fiel,
war das Zimmer völlig verwüstet.
Federn aus einem zerplatzten Kissen bedeckten alles und
schwebten noch in der Luft. Seine sinnlos aus Schrank und
Kommode gerissenen Kleider lagen überall verstreut. Die Uhr
war zerschlagen, eine Lampe lag mit zerquetschten Schirm in
der Ecke.
Aber die Wut in ihm war endlich verflogen.
    Die Atmosphäre im Haus war derart mit Spannung aufgeladen,
daß Sharon endlich die Zeitschrift von sich warf, die sie seit
zwanzig Minuten auf dem Schoß gehalten hatte, ohne darin zu
lesen. »Wir müssen darüber sprechen«, sagte sie zu Blake, der,
dessen war sie gewiß, seiner Fernsehshow nicht mehr Interesse
abgewinnen konnte als sie ihrer Zeitschrift.
    »Ich weiß nicht recht, wie wir darüber sprechen

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