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Bestien

Bestien

Titel: Bestien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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und
wollte wieder die Treppe hinauf.
»Nichts?« wiederholte Charlotte. Sie wandte sich zu Chuck.
»Schau ihn dir an. Schau ihn dir bloß an!«
»Du solltest besser erzählen, was geschehen ist, Junge«,
sagte Chuck. »Wenn du in irgendwelchen Schwierigkeiten bist
…«
Jeff fuhr herum, und in seinen Augen flammte derselbe
Jähzorn, der Linda Harris früher am Abend erschreckt hatte.
»Ich weiß nicht, was los ist!« brüllte er. »Linda hat heute abend
mit mir Schluß gemacht. Und das hat mir gestunken! Klar?
Also wollte ich einen Baum zusammenschlagen und ging
spazieren. Klar? Ist dir das recht, Ma?«
»Jeff …«, begann Charlotte LaConner zurückweichend vor
dem Jähzorn ihres Sohnes. »Ich wollte nicht … wir hatten nur
…«
Aber es war zu spät.
»Könnt ihr mich nicht einfach in Ruhe lassen?« brüllte Jeff.
Er kam an die Treppe, wo er die viel kleinere Gestalt seiner
Mutter wie ein Turm überragte. Dann, als sie den Weg nicht
freimachte, stieß er sie mit einer abrupten Bewegung grob
beiseite, als gelte es, ein lästiges Insekt zu vertreiben. Sie fühlte
einen scharfen Schmerz in der Schulter, als sie gegen die Wand
schlug, dann fiel sie am Fuß der Treppe zu Boden. Jeff starrte
seine Mutter mit leerem Gesichtsausdruck an, als könne er sich
nicht erklären, was mit ihr geschehen war, dann stieg ein
qualvolles Winseln tief aus seinem Inneren in die Kehle, er
machte kehrt und stürzte zum Haus hinaus.
Chuck starrte benommen die zukrachende Haustür an, dann
kniete er nieder, seiner Frau aufzuhelfen. Langsam führte er die
still schluchzende Charlotte die Treppe hinauf.
Zuerst mußte er sie beruhigen und wieder ins Bett bringen.
Dann mußte er sich auf die Suche nach Jeff machen.
Jeff ging mit schwerfälligen Schritten vom Haus fort,
stolperte vom Gehsteig auf die Straße. Doch als er in den
Lichtkreis der Straßenbeleuchtung kam, zwinkerte er
benommen und lief geduckt über die Straße und verschwand in
den tiefen Schatten zwischen zwei Häusern.
In seinem Schädel pochte ein dumpfer, aber hartnäckiger
Schmerz, der sämtliche Knochen zu durchdringen schien, und
seine Augen tränten. Wie konnte er das tun? Es war schlimm
genug, daß er Linda Harris geschüttelt hatte, als wäre sie eine
Gliederpuppe, aber die eigene Mutter so aus dem Weg zu
schlagen …
Er versuchte den Gedanken zu verdrängen. So etwas konnte
er nicht getan haben! Es mußte jemand anders gewesen sein.
Das war es. Es war jemand anders in ihm – jemand Böses –,
der ihn zu Handlungen verleitete, die er selbst niemals
begangen haben würde.
Aber wenn jemand anders in ihm war, bedeutete es, daß er
verrückt wurde. Er war dabei, den Verstand zu verlieren, und
sie würden ihn einsperren. Das machten sie nämlich mit
Verrückten – jedenfalls, wenn sie gewalttätig wurden.
Er kauerte eine Weile im Schatten von Gartensträuchern und
spähte umher wie ein wildes Tier, das weiß, daß es gejagt wird.
Wieviel Zeit blieb ihm noch, bis sie ihn suchen und einfangen
würden? Er mußte weg, er mußte ein Versteck finden.
Geduckt lief er weiter durch einen Garten, schwang sich
über den niedrigen Zaun zum Nachbargrundstück. Auf die
gleiche Weise durchquerte er zwei weitere Gärten, dann
schlüpfte er wieder zwischen den Häusern vor und überblickte
die Staße nach Anzeichen von Leben, bevor er in die
willkommene Dunkelheit der anderen Seite rannte. Er war
noch nicht sicher, wohin er wollte, aber sein Instinkt schien ihn
zur anderen Seite der Stadt zu führen, in die Nähe der Schule.
Und dann wußte er es.
Es gab jemanden, zu dem er gehen konnte, jemand, dem er
vertraute und der ihm helfen würde. Sein Schnaufen ließ nach,
als seine Panik sich legte und die Fähigkeit zu klarem Denken
zurückkehrte. Sogar der furchtbare Schmerz in seinem Kopf
ließ nach, und er fiel in einen lockeren Trab, sorgfältig den
Kreisen gelben Lichtscheins ausweichend, die in Abständen
Gehsteig und Straße erhellten. Zehn Minuten später war er am
Ziel.
Er blieb gegenüber von Phil Collins’ Haus stehen, drückte
sich an den Stamm einer großen Zeder und ließ seinen argwöhnischen Blick nicht nur auf dem Haus des Trainers, sondern nacheinander auch auf den benachbarten Häusern ruhen.
Das Zirpen der Baumzikaden und das Summen der Insekten,
die um die Straßenlaternen kreisten, schien sich in seinen
Ohren zu verstärken, und in seiner Paranoia konnte er sich
nicht vorstellen, wie jemand es fertigbrachte, in diesem Lärm
zu schlafen. Doch waren alle Häuser im

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