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Bestien

Bestien

Titel: Bestien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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zu
laufen, denn der Gedanke, daß er zurückkommen und sie
mißhandeln könnte, schien auf einmal nicht mehr abwegig. Als
sie nach Haus kam, lief sie in ihr Zimmer, ohne mit ihren
Eltern zu sprechen. Sie hatte ihren Entschluß gefaßt.
Sie nahm den Telefonhörer ab und wählte die Nummer der
Tanners; erst als sie die Nummer wählte, wurde ihr bewußt,
daß sie sie bereits im Gedächtnis hatte.
»Mrs. Tanner?« fragte sie einen Augenblick später. »Hier ist
Linda. Kann ich Mark sprechen?«
    Es ging auf Mitternacht, aber Mark konnte nicht einschlafen.
Er lag seit mehr als einer Stunde im Bett und konnte nicht
aufhören, sich mit der Frage zu beschäftigen, was an diesem
Abend geschehen sein mochte. Als er zuerst Lindas Stimme am
Telefon gehört hatte, hatte er sich nicht viel dabei gedacht.
Doch als sie ihn gefragt hatte, ob er morgen abend zu der das
nächste Heimspiel vorbereitenden Schülerversammlung – der
großen Stimmungsmache, wie sie genannt wurde – kommen
und hinterher mit ihr Würstchen essen gehen wolle, hatte er
angefangen, sich Gedanken zu machen, was da
vorging.
Natürlich hatte er die Einladung, ohne lange nachzudenken,
angenommen, doch sobald er den Hörer aufgelegt hatte, waren
ihm die Fragen in den Sinn gekommen.
    Warum hatte sie ihn angerufen.
Sie war Jeff LaConners Freundin, nicht?
Und ihre Stimme hatte sich irgendwie komisch angehört, als
ob etwas nicht in Ordnung wäre.
    Schließlich folgerte er, daß seine Mutter, die sich nach
ihrem Gespräch Sorgen um ihn machte, Mrs. Harris angerufen
und sie gebeten haben müsse, auf Linda einzuwirken, daß sie
ihn anrufe.
    Aber seine Mutter hatte es geleugnet, und Mark konnte nicht
glauben, daß sie ihn belügen würde. Sie würde versuchen, ihm
zu erklären, warum sie es getan hatte, und ihn bitten, die
Verabredung nicht platzen zu lassen; aber lügen würde sie
nicht.
    Trotzdem, es mußte ein Akt des Mitleids oder der Barmherzigkeit sein. Wahrscheinlich bedauerte Linda ihn und hatte
Jeff gefragt, ob es ihm recht sein würde, wenn sie ihn
mitkommen ließe.
    Das war es! Sie wollte ihn mitnehmen, wenn sie mit Jeff
Würstchen essen ging! Er würde wie eine Art Idiot aussehen!
Er war drauf und dran, sie seinerseits anzurufen, griff auch
schon zum Telefon, ließ es dann aber sein. Linda würde so
etwas nicht tun. Er dachte lange darüber nach und entschied
schließlich, daß sie ihm so etwas nicht antun würde. Trotzdem
konnte er sich keinen Reim darauf machen. Linda gehörte zu
denen, die bei Heimspielen den Beifall für die eigene
Mannschaft zu lenken und anzufeuern hatten, und sie ging mit
dem Star der Footballmannschaft. Und wenn sie auch nicht
gerade groß war, war sie doch zwei Zentimeter größer als er.
Warum also konnte sie mit ihm ausgehen wollen?
Er gab die Einschlafversuche auf, schaltete das Licht an,
stieg aus dem Bett und besah sich im Spiegel.
Mager. Nicht drahtig, wie seine Mutter ihm immer sagte.
Einfach mager. Er hatte eine schmale Hühnerbrust, und seine
Arme waren viel zu dünn.
Vor seinem inneren Auge erschien ungebeten Jeff
LaConners Gestalt. Gab es wirklich eine Chance, daß er jemals
so aussehen würde?
Er mußte an Robb Harris denken. Vor drei Jahren, als die
Familie Harris noch in San Marcos gewohnt hatte, war Robb
genauso mager gewesen, wie Mark es noch jetzt war. Aber
Robb hatte zugenommen und war gewachsen und sah großartig
aus.
Vielleicht konnte er es auch schaffen, dachte Mark, als er
unglücklich sein Ebenbild betrachtete.
Und es war nicht bloß Lindas wegen, sagte er sich. Alles
spielte mit hinein. Er hatte den ganzen Nachmittag darüber
nachgedacht, während er mit Chivas in den Bergen unterwegs
gewesen war. Er hatte es sich nur nicht eingestehen wollen.
Aber es hatte keinen Sinn, die Augen davor zu verschließen.
Er war in Silverdale, und hier würde er die nächsten Jahre
bleiben. Und wenn er hier leben mußte, dann mußte er sich in
die Gemeinschaft einfügen, selbst wenn es bedeutete, daß er
lernte, Sport nicht nur als eine lästige Anstrengung zu sehen.
Selbst wenn er sich nicht angewöhnen konnte, Sport zu
mögen, konnte er doch so tun als ob. Er konnte zu den Spielen
gehen und so laut schreien wie die anderen.
Und er konnte anfangen, Übungen zu machen. Er hatte als
Kind jahrelang Krankengymnastik gemacht, und später hatte er
in der Schule am Turnunterricht teilgenommen. Warum sollte
er jetzt nicht an sich arbeiten?
Mehr war nicht daran, sagte er sich. Wenn ihm nicht gefiel,
wie er war, mußte er sich eben

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