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Bestien

Bestien

Titel: Bestien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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ändern.
Gedacht, getan. Er legte sich rücklings auf den Boden,
steckte die Füße unter die unterste Schreibtischschublade,
verschränkte die Hände hinter dem Kopf und richtete sich zu
sitzender Haltung auf.
Zu seiner Überraschung gelangen ihm fünfundzwanzig
Wiederholungen, bevor seine Bauchmuskulatur so schmerzte,
daß er nicht weitermachen konnte. Aber morgen, sagte er sich,
als er wieder ins Bett stieg, würde er dreißig machen. Und
übermorgen …
Seine Gedanken wurden von einem Geräusch unterbrochen,
das scharf durch die nächtliche Stille schnitt und sogar das
Zirpen der Baumzikaden vorübergehend zum Verstummen
brachte.
Es war der gleiche durchdringende, gequälte Schrei, den er
bei Sonnenuntergang auf dem Felsvorsprung über dem Tal
gehört hatte. Nur klang der Schrei jetzt, in der Dunkelheit der
Nacht, irgendwie anders.
Er klang beinahe menschlich …
7
    CHARLOTTE LACONNER BLICKTE ZUR UHR , die trübe neben dem
Bett glomm. Chuck schnarchte neben ihr. Wie konnte er
schlafen, wenn er doch wußte, daß Jeff noch immer nicht
heimgekommen war? Charlotte stand auf, fuhr in einen
leichten Morgenmantel, ging zum Fenster und blickte hinaus
zur Straße. Die Nacht war ruhig. Eine friedliche Stille lag über
dem Tal, eine Stille, die eigentlich in krassem Widerspruch zu
ihrer inneren Unruhe stand.
    Es war eine schlechte Woche für sie gewesen, und mit
jedem Tag schienen die Dinge sich zum Schlechteren zu
entwickeln. Es hatte am Montagabend angefangen, als sie sich
bemüht hatte, mit Chuck vernünftig darüber zu sprechen. Er
hatte geduldig zugehört, während sie ihm von Rick Ramirez
berichtet hatte; doch als sie angefangen hatte, von ihrem
Entschluß zu sprechen, daß Jeff aus der Footballmannschaft
ausscheiden müsse, war sein Ausdruck erstarrt und ein harter
Blick in seine Augen gekommen.
    »Das ist das Dümmste, was ich je gehört habe«, hatte er
gesagt.
Seine Worte hatten sie wie ein Peitschenschlag getroffen,
und sie hatte sich auf die Lippe gebissen, aber dann versucht,
mit ihm zu argumentieren.
Es war zwecklos gewesen. »Es war ein Unfall«, hatte er
wieder einmal bekräftigt. »Du verlangst nicht von einem
Jungen, daß er seinen Lieblingssport bloß wegen eines Unfalls
aufgibt.«
Soweit es Chuck betraf, war der Fall damit erledigt. Wenn
er die Spannung, die seit diesem Wortwechsel im Haus
herrschte, überhaupt bemerkte, gab er es nicht zu erkennen und
benahm sich, als ob sich nichts geändert hätte. Charlotte
hingegen, der Rick Ramirez nicht aus dem Sinn wollte, war im
Laufe der Woche immer stiller und verschlossener geworden.
Und ihr war aufgefallen, daß Jeff sich veränderte.
Wenn es wirklich Veränderungen waren.
Denn inzwischen war sie ihrer Sache nicht mehr so sicher.
Vielleicht hatte Jeff sich in Wirklichkeit überhaupt nicht
verändert, und sie las einfach etwas in sein Verhalten hinein.
Gleichwohl glaubte sie deutliche Anzeichen einer Persönlichkeitsveränderung in ihm auszumachen. Sein in jüngeren Jahren
so ausgeglichenes Temperament schien jetzt bei der geringsten
Provokation in wildem Jähzorn aufzuflammen, und zweimal
hatte er in dieser Woche auf ihr Ersuchen, im Haus etwas zu
tun, zurückgeschrien, daß er schon so zuviel zu tun habe, und
war dann mit Türenknallen hinaus. In beiden Fällen freilich
war er wenige Minuten später zurückgekommen und hatte sich
entschuldigt, und sie hatte ihm gern vergeben. Eine Wiederholung der Szene vom Samstagabend war das letzte, was sie
wünschte.
Aber die jähzornigen Ausbrüche ihres Sohnes hatten
Charlotte Anlaß gegeben, ihn genauer zu beobachten und nach
Hinweisen auf seine jeweilige Stimmung zu suchen, bevor sie
zu ihm sprach. Und wenn sie ihn so beobachtete, oft ohne sein
Wissen, hatte sie das eigenartige Gefühl, daß nicht nur seine
Persönlichkeit einer Veränderung unterlag, sondern daß er sich
auch äußerlich wandelte.
Seine Augen schienen ein wenig eingesunken, seine Brauen
– schon immer kräftig – dicker und wulstiger. Sein Unterkiefer,
kantig und fest wie der seines Vaters, kam ihr jetzt massiger
vor, und verlieh ihm ein aggressives Aussehen, das geradezu
beängstigend war, wenn er jähzornig wurde.
Als Jeff heute vom Training nach Haus gekommen war,
hatte er eine geschwollene Hand gehabt. Auf ihre Frage, was
geschehen sei, war er zornig aufgefahren: »Sonst noch was?«
Charlotte hatte ihm sagen wollen, daß sie nur um ihn
besorgt sei, aber es war zu spät; er war bereits in seinem
Zimmer verschwunden, um die Zeit bis zum

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