Bestien
konnte. Und als er zu seinen
Füßen schaute, sah er, daß auch seine Knöchel mit Ledergurten
festgeschnallt waren.
Gerade so wie in dem Alptraum war er auf einen Metalltisch
gefesselt. Eine zornige Aufwallung brach sich in ihm Bahn und
er sammelte Kräfte, um die Beine loszureißen.
Wieder stach ihm eine Nadel in den Arm, und er fühlte sich
in die seltsam weiche Dunkelheit der Bewußtlosigkeit zurücksinken.
Ein barmherziges Schicksal sorgte dafür, daß der Alptraum
ihn diesmal verschonte.
8
MARK TANNER ERWACHTE FRÜH am nächsten Morgen, doch
statt sich umzudrehen und noch zehn Minuten weiterzuschlafen, schlug er die Decke zurück, setzte sich aufrecht und
streckte die Arme. Als Chivas von seinem Platz neben dem
Bett neugierig aufblickte, legte er sich auf den Boden und fing
an, Liegestütze zu machen, denn sein Vorsatz vom vergangenen Abend war noch frisch in seinem Bewußtsein. Er blieb
daran, grunzend vor Anstrengung, bis seine Arme schmerzten.
Dann blickte er in den Spiegel, obwohl ihm klar war, daß seine
Übungen sich noch nicht ausgewirkt haben konnten. Diesen
Morgen aber, statt vom Anblick seines mageren Ebenbildes
deprimiert zu sein, grinste er sich aufmunternd zu. »Es wird
klappen«, murmelte er. »Wenn es bei Robb geklappt hat, dann
wird es auch bei mir klappen.«
»Was wird klappen?« fragte Kellys Stimme.
Er wurde puterrot, als er seine Schwester zur Tür hereinschauen sah. »Was machst du da?« verlangte er zu wissen.
»Wenn meine Tür geschlossen ist, hast du draußen zu bleiben.«
»Ich mußte aufs Klo«, erwiderte Kelly, als ob das alles
erklärte. »Du machtest komische Geräusche. Bist du krank?«
»Sei nicht dumm«, sagte Mark. »Wenn ich krank wäre,
würde ich im Bett liegen, nicht? Jetzt geh, oder ich sage Mama,
daß du in mein Zimmer gekommen bist, ohne zu klopfen.«
Natürlich würde er es nicht tun, aber er wußte, daß die
Drohung hinreichen würde, Kelly in ihr Zimmer zurückzujagen.
Sobald sie gegangen war, zog er die Unterhose aus, warf sie
zu seinen anderen schmutzigen Sachen in die Ecke, zog den
Bademantel an und ging ins Bad. Er stand unter der Dusche im
dampferfüllten Badezimmer, als die Tür geöffnet wurde. »Bist
du’s, Papa?« schrie er durch das Geräusch der Brause.
»Muß mich rasieren«, antwortete Blake. »Was machst du
da? Hast du nicht gestern abend geduscht?«
»Mh-mh«, erwiderte Mark. Etwas später drehte er die
Brause zu und verließ die Duschkammer, um sich ein
Handtuch zu nehmen. »Papa?«
Blake, die untere Gesichtshälfte mit Rasierschaum bedeckt,
den Kopf in den Nacken gelegt, um sich unter dem Kinn zu
rasieren, grunzte etwas und blickte im Spiegel zu seinem Sohn.
»Meinst du, wir könnten vielleicht wieder anfangen, Football zu üben? Ich meine, an Wochenenden oder so?«
Der Rasierapparat kam zum Stillstand, und Blake faßte
seinen Sohn genauer ins Auge. »Ich dachte, das wolltest du
nicht«, bemerkte er. Aber als Mark errötete, glaubte er zu
verstehen. »Linda Harris, stimmt’s? Sie ist in der Gruppe, die
zum Beifall anfeuern muß, nicht?«
Mark errötete noch tiefer, nickte.
»Wie wär’s mit morgen?« sagte Blake. »Oder vielleicht
Sonntag?«
Mark zögerte, und Blake dachte schon, er habe es sich
anders überlegt, aber dann nickte der Junge kurz, zog den
Bademantel über und verließ das Bad. Befriedigt setzte Blake
seine Rasur fort. Silverdale, dachte er bei sich, war das Beste,
was seinem Sohn passieren konnte.
Vierzig Minuten später trafen sich Linda Harris und Mark
auf dem Schulweg. Sie hatten noch drei Blocks zu gehen und
genug Zeit, bevor das erste Glockensignal ertönen würde. »Ich
– ich muß dir was sagen«, erklärte Linda, blieb stehen und
wandte sich Mark zu.
Ihn verließ der Mut. Sie hatte sich mit Jeff LaConner
versöhnt und wollte ihre Verabredung rückgängig machen.
»Es – also, es ist wegen gestern abend«, fuhr Linda fort, und
Mark wußte Bescheid.
»Schon gut«, murmelte er kaum hörbar. »Wenn du heute
abend mit Jeff ausgehen willst, mir ist es gleich.«
»Aber ich will nicht«, widersprach Linda, und Mark, der
unbehaglich auf den Boden geschaut hatte, sah endlich zu ihr
auf. Obwohl ihre Augen irgendwie besorgt aussahen, lächelte
sie. »Ich wollte dir bloß erzählen, was passiert ist, das ist
alles.« Und als sie langsam weitergingen, berichtete sie ihm
alles, was am vergangenen Abend geschehen war, nachdem sie
mit Tiffany Welch die Turnhalle verlassen hatte. »Ich hatte
richtig Angst vor ihm«, sagte sie. »Es
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