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Bestien

Bestien

Titel: Bestien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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zu berichtigen.
Ames hatte die Theorie entwickelt, daß es keinen
vernünftigen Grund gebe, warum nicht jeder Mensch einen
vollkommenen Körper besitzen sollte und warum dieser zu
klein oder übergewichtig oder mit einem der ungezählten
körperlichen Defekte und Nachteile behaftet sein sollte, welche
die Menschheit plagten.
Ted Thornton hatte den kommerziellen Wert von Martin
Ames’ Studien erkannt, ihn dem Institut abgeworben und nach
Silverdale geschickt. Von Anfang an war die Stadt selbst zu
seinem privaten Versuchslaboratorium geworden.
Seine fortgeschrittensten Experimente hatte er auf die
Kinder des Firmenpersonals von Tarrentech beschränkt.
Thornton hatte das frühzeitig mit der Begründung angeordnet,
daß es lediglich eine Frage der Schadenskontrolle sei; sie
verstünden beide, daß etwas schiefgehen könne. Einige der
Experimente würden möglicherweise fehlschlagen. Doch wenn
so etwas geschah, wollte Thornton in der Lage sein, sofort und
wirksam einzugreifen.
Bisher war es genauso abgelaufen, wie Thornton geplant
hatte. Die meisten Experimente waren erfolgreich verlaufen.
Doch wenn es Schwierigkeiten gegeben hatte, wenn einige
seiner Versuchspersonen durch die Behandlungen schwere
Nebenwirkungen gezeigt hatten – unter denen extreme Aggression die verbreitetste war –, hatte Thornton sein Versprechen
gehalten. Die betroffenen Jungen wurden rasch und ohne
Aufsehen in der Weise, die Dr. Ames jeweils zweckmäßig
erschien, aus der Öffentlichkeit entfernt, ihre Familien sofort
aus Silverdale in einen anderen Unternehmensbereich versetzt.
Damit verbunden waren so großzügige Gehaltserhöhungen und
Beförderungen, daß bisher noch niemand auch nur andeutungsweise hatte verlauten lassen, die finanzielle Besserstellung sei
nichts weiter als eine Entschädigung für den Verlust eines
Sohnes.
Seine Fehlschläge waren so gering an Zahl – nur drei in
annähernd fünf Jahren –, daß Ames sein Programm an der
Sportmedizinischen Klinik als einen vollständigen Erfolg
betrachtete. Die meisten Versuchspersonen hatten auf seine
Behandlungen gut angesprochen, und für einige von ihnen –
Robb Harris zum Beispiel – waren Wachstumshormone von
Anfang an nicht angezeigt gewesen. Was besonders günstig
war, bedeutete es doch, daß Jerry Harris mit vollständiger
Aufrichtigkeit erklären konnte, welche Behandlung sein Sohn
erfahren hatte.
Jeff LaConners Behandlung hatte der Norm entsprochen –
massive Infusionen von Wachstumshormonen –, und bis vor
zwei Wochen hatte alles darauf hingedeutet, daß Jeff ein Erfolg
sein würde. Aber nun war die Sache schiefgegangen, zum
ersten Mal seit Randy Stevens, und Ames mußte den lästigen
Anruf machen. Er mußte Chuck LaConner klarmachen, daß
sein Sohn eine bestimmte Zeit in einer ›Institutsumgebung‹
würde verbringen müssen.
Das war die Wendung, die Ames bevorzugte. Sie ließ den
Eltern der Betroffenen eine unbestimmte Hoffnung, daß ihre
Kinder eines Tages vielleicht gesunden würden.
Und vielleicht, wenn Ames Glück hatte, konnte es für einige
der Jungen wahr werden. Vielleicht würde er ein Mittel finden,
das unkontrollierte Wachstum und die ungezügelte Aggression,
denen sie zum Opfer fielen, rückgängig zu machen.
Tatsächlich hatte er im Laufe der letzten paar Monate sogar
die Hoffnung keimen lassen, daß es keine Versager mehr geben
würde, keine Notwendigkeit, Anrufe wie den zu machen, der
ihm jetzt bevorstand. Er war dem Ziel so nahe – so sehr nahe.
Vielleicht würde der heutige Anruf doch der letzte seiner
Art sein.
Aber natürlich konnte man die Ergebnisse experimenteller
Wissenschaft niemals hundertprozentig voraussagen.
    Sharon saß still auf einem harten Stuhl neben Marks
Krankenbett. Er sah jünger als seine sechzehn Jahre aus, und
die Prellungen im Gesicht, der Verband über dem rechten Auge
und die Schwellung seiner Kinnlade ließen ihn nur noch
verletzlicher erscheinen. Sharon wußte nicht genau, wie lange
sie an seiner Seite verbracht hatte, wieviel Zeit vergangen war,
seit er, versehen mit einem Beruhigungsmittel, eingeschlafen
war. Sein Atmen, das lauteste Geräusch, das sie hören konnte,
klang angestrengt, und obwohl sie wußte, daß er nichts fühlte,
stellte sie sich den Schmerz vor, dem jeder flache Atemzug
seinen angebrochenen Rippen zufügen mußte.
    Hinter ihr schnappte leise das Türschloß, und sie spürte,
eher als daß sie es sah, wie die Tür geöffnet wurde. Einen
Augenblick später ruhten Blakes Hände auf ihren

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