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Bestien

Bestien

Titel: Bestien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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solle. Blake hatte vorgeschlagen, sie zu essen, und
obwohl Sharon sich erinnern konnte, daß sie als kleines
Mädchen Kaninchen gegessen hatte, war ihr der bloße
Gedanke, die Haustiere der Familie zu verschlingen, zuwider.
Nun, während Blake in seinem Sessel im Wohnzimmer saß und
einen Stapel Akten durcharbeitete, Kelly bäuchlings am Boden
lag und im Fernsehen einen Zeichentrickfilm verfolgte, blickte
sie aus dem Fenster zu den pelzigen kleinen Geschöpfen, die,
allzu ahnungslos, daß ihre Zukunft plötzlich ungewiß
geworden war, friedlich um ihre Futterschale saßen. Vielleicht
konnten sie die Tiere einfach freilassen, daß sie sich den
großen Wildkaninchenkolonien anschlössen, die es überall im
Tal gab. Ihre Überlegung wurde plötzlich von einem Klopfen
an der Haustür unterbrochen. Bevor sie aufgestanden war,
sprang Kelly schon hinaus. Wenige Sekunden später kam sie
zurück, die Augen weit aufgerissen.
»Draußen ist eine Dame«, sagte sie mit bebender Stimme.
»Und sie sieht aus, als ob sie verrückt wäre.« Sie zögerte einen
Moment, dann fügte sie stolz hinzu: »Ich hab’ sie nicht
eingelassen.«
Sharon ging stirnrunzelnd zur Haustür, gefolgt von Kelly,
und öffnete sie vorsichtig. Zuerst erkannte sie Charlotte
LaConner nicht, die mit aschfahlem Gesicht, rotgeränderten
Augen und eingefallenen Wangen vor der Tür stand.
Erschrocken zog Sharon die Tür ganz auf.
»Bitte«, keuchte Charlotte mit angestrengter Stimme und
sah hastig über die Schulter, als fühlte sie sich verfolgt. »Ich
weiß nicht, zu wem ich sonst gehen könnte. Sie müssen mich
einlassen … bitte!«
Während Kelly sich ängstlich an sie drängte, hielt Sharon
mit einer Hand die Tür und zog Charlotte mit der anderen
herein. »Charlotte! Was gibt es? Was ist passiert?«
»Sie schicken mich fort«, schluchzte Charlotte. »Sie wollen
mich einfach fortschicken, daß ich Jeff vergesse. Aber er ist
mein Sohn, Sharon!« winselte sie. »Ich kann ihn nicht einfach
vergessen. Ich kann nicht!«
Sharon starrte die Frau verwirrt an. Wovon redete sie? Jeff
war irgendwo in einem Krankenhaus, nicht wahr? Sie führte
Charlotte mit gutem Zureden zur Küche und weiter ins
Wohnzimmer, dann merkte sie, daß Kelly noch neben ihr war
und die verzweifelte Frau neugierig betrachtete. »Geh jetzt
nach oben in dein Zimmer, Kind«, sagte sie. »Nur für eine
kleine Weile. In Ordnung?«
Einen Augenblick schien es, als wollte Kelly protestieren,
aber sie begriff wohl, daß etwas geschah, wovon sie nichts zu
wissen brauchte, und so stieg sie folgsam die Treppe hinauf.
Als sie oben ankam, wandte sie sich und blickte zurück. »Ist
sie Jeff LaConners Mutter?« fragte sie.
Sharon zögerte, nickte dann. Kelly schien im Begriff, noch
etwas zu sagen, ließ es aber sein und verschwand im Korridor
zu ihrem Zimmer.
Blake war aufgestanden, als Sharon und Charlotte ins
Wohnzimmer kamen. Als er den Zustand sah, in dem die Frau
sich befand, steckte er seine Papiere in die Aktentasche zurück.
»Ich verschwinde gleich«, murmelte er. Er sah auf, als
Charlotte LaConners verweinte Augen ihn anstarrten.
»Stecken Sie auch mit drinnen?« fragte sie mit heiser
rasselnder Stimme. Nach Luft schnappend, erschöpft von
ihrem Lauf durch die Straßen, ließ sie sich aufs Sofa fallen.
Aber ihr Blick wich nicht von Blake.
»Ich … drinstecken?« fragte Blake. Wovon redete die Frau?
Natürlich wußte er von Jeff LaConners Zusammenbruch. Er
hatte sogar die Aufnahme des Jungen in ein privates
Nervenkrankenhaus bei Denver vorbereitet.
Charlotte LaConners Augen blickten wild. »Sie stecken alle
mit drin, wissen Sie«, krächzte sie, zu Sharon gewandt. »Sie
haben etwas mit Jeff gemacht, und nun wollen sie nicht, daß
ich herausbringe, was es ist. Sie wollen mich nicht zu ihm
lassen. Sie sagen sogar, es sei meine Schuld!« Sie schlug die
Hände vors Gesicht und begann zu schluchzen. Sharon streckte
die Hand aus, die Frau zu trösten, aber Charlotte schrak vor der
Berührung zurück.
Die Türglocke läutete, und Charlotte zuckte bei dem
Geräusch sichtbar zusammen. Blake eilte wortlos hinaus, und
einen Augenblick später hörte Sharon das leise Gemurmel
gedämpfter Stimmen. Dann kam Blake zurück.
Hinter ihm erschien Chuck LaConners besorgtes Gesicht.
Sobald er Charlotte sah, seufzte er erleichtert.
»Es tut mir leid«, sagte er zu Sharon und ging zum Sofa, um
sich neben seine Frau zu setzen. Aber als er ihr den Arm um
die Schultern legen wollte, schrak sie vor ihm zurück, wie

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